Читать книгу Schuld, die dich schuldig macht - Angelika B. Klein - Страница 16
Kapitel 12
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Ich wache nach einer kurzen Nacht auf und lasse den gestrigen Abend noch einmal Revue passieren. Nach meiner Rückkehr vom Ausflug mit Louis habe ich Mona erzählt, dass ich nicht mit ihm nach London fliegen werde. Mona versuchte die halbe Nacht, mich zu überreden und meinem Herzen zu folgen. All ihre Argumente konnte ich mich Gegenargumenten widerlegen. Schlussendlich hat sie verzweifelt aufgegeben und sich auf ihre Liege gelegt. Ich lag noch lange Zeit wach und war Schiedsrichter eines ungleichen Kampfes. Meine Vernunft gegen meine Gefühle. Mein Gehirn gegen mein Herz. Irgendwann schweifte ich in die Traumwelt ab, ohne einen der beiden als eindeutigen Sieger erklären zu können.
Ich stehe auf und gehe meinen gewohnten Gang zum Brunnen, um Wasser zu holen. Auf dem Rückweg bemerke ich, dass Louis und seine Kollegen bereits die beiden Fahrzeuge beladen. Sofort läuft mir Louis entgegen und begleitet mich bis zu meiner Hütte.
„Guten Morgen, Mia! Hast du noch einmal über meine Worte von gestern nachgedacht?“, fragt Louis unsicher.
Ich schaue ihm in die Augen und muss den Reflex, ihn zu küssen, unterdrücken. Langsam nicke ich. „Ja, aber an meiner Entscheidung hat sich leider nichts geändert.“
Unglücklich schaut er mich an. „Mia!“ Er geht einen Schritt auf mich zu und beugt sich zu mir hinunter. Mist! Wenn ich ihn jetzt küsse, dann werde ich schwach. Ich will ihn nicht gehen lassen! Aber ich kann auch nicht mit ihm kommen!
Ruckartig drehe ich mich weg und flüstere ihm zu: „Leb wohl, Louis!“ Mit schnellen Schritten entferne ich mich von meiner Hütte. Mein Herz schmerzt so sehr, dass ich das Gefühl habe, es würde mir zerspringen, wenn ich Louis Anwesenheit noch eine Sekunde länger ertragen muss. Ich fange an zu laufen, immer schneller, hinaus aus dem Dorf in Richtung meines Rückzugortes.
Louis steht fassungslos da und schaut Mia nach, wie sie über den Dorfplatz läuft und über den schmalen Weg hinaus in die Steppe verschwindet. Er überlegt kurz, ob er ihr nachlaufen soll, wird aber in diesem Moment von Jack gerufen: „Louis! Komm, wir müssen los!“
Überschwemmt von den schmerzhaften Gefühlen der Enttäuschung, der Sehnsucht und der Trauer begibt er sich zu seinen Kollegen und steigt in das Auto ein. Während die beiden Fahrzeuge das Dorf verlassen, kann er seine Tränen nicht mehr zurückhalten.