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Kapitel 15

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HEUTE


Nach dem dreieinhalbstündigen Flug landen wir in London. Das Wetter zeigt sich von seiner typisch englischen Seite, es regnet und ist kühl. Da ich dieses nasskalte Wetter seit Jahren nicht mehr am eigenen Leib erfahren habe, fröstelt es mich augenblicklich beim Anblick der feucht glänzenden Landebahn, sowie der durch einen Windstoß über den Asphalt wehenden Blätter.

„Ich glaube, das Erste, was ich hier brauche, ist ein heißes Bad“, sage ich bedrückt beim Blick aus dem Fenster.

„Das kannst du später auch haben, aber bevor wir nach Hause fahren, müssen wir noch kurz bei dem Radiosender vorbei. Die Jungs warten bereits dort auf mich. Morgen Abend wird der Bericht über unseren Aufenthalt in Afrika im Fernsehen ausgestrahlt. Deshalb geben wir heute ein Interview darüber.“


Nachdem wir unsere Taschen vom Gepäckband geholt haben, begeben wir uns zum Ausgang. Die Türen öffnen sich und in diesem Moment ertönen laute Rufe und das Gekreische der Fans. Fotos werden geschossen und unzählige Hände strecken sich Louis entgegen. Reflexartig bleibe ich stehen. Oh mein Gott! Wie naiv bin ich eigentlich an die Sache rangegangen? Louis sagte doch, dass er in Europa bereits recht bekannt ist und mitten in der Öffentlichkeit steht. Mir wird klar, dass es mir auf Dauer nicht möglich sein wird, mich hier zu verstecken, wie ich es die letzten Jahre erfolgreich geschafft habe. Ich kann nur auf etwas Glück hoffen, dass ich nicht mehr gesucht werde - oder zumindest nicht in London - oder ich doch unerkannt bleibe.


Wir bahnen uns einen Weg durch die Menschenmenge und kommen erleichtert bei den Taxis an. Während der einstündigen Autofahrt in die Innenstadt Londons, lehne ich mich an Louis Schulter.

„Mia, was mir gerade einfällt“, fängt Louis an, „hast du eigentlich ein Handy?“

Ich schüttle leicht den Kopf: „Nein. In unserem Dorf hatten wir keinen Empfang. Du wirst es nicht glauben, aber es hat mir keinen einzigen Tag gefehlt.“

„Ich werde dir noch heute eines besorgen. In einer Stadt wie London brauchst du für alles Mögliche ein Handy. Nicht nur zum Telefonieren. Außerdem möchte ich mit dir jederzeit reden können, auch wenn ich bei Shootings unterwegs bin.“ Liebevoll legt er den Arm um mich und zieht mich zu sich heran.

Nachdenklich schaue ich ihm in die Augen: „Bist du viel unterwegs? Ich meine… werde ich viel alleine sein?“

Bedauernd antwortet er: „Ich versuche jede freie Minute mit dir zu verbringen, aber wir haben wenig Einfluss auf unseren Terminkalender. Das Management organisiert die Auftritte und Events.“ Zärtlich küsst er mich auf die Lippen. Engumschlungen sitzen wir auf der Rückbank, als wir das Studio des Radiosenders erreichen.


Jack und Frankie warten bereits auf uns und begrüßen mich herzlich. Von dem Aufnahmeleiter werden sie sofort in das Aufnahmestudio begleitet, während ich außerhalb der schalldichten Kabine auf einem unbequemen Stuhl Platz nehmen und das Interview beobachten darf.


Der Moderator stellt die Jungs den Zuhörern vor und beginnt dann mit ein paar allgemeinen Fragen zu ihrem Besuch in Afrika. Die meiste Zeit redet Jack. Er erzählt, was sie gesehen haben, wie die Bewohner des Dorfes sich verhalten haben und wie die Kinder sich über die kleinen Geschenke und Aufmerksamkeiten freuten. Frankie antwortet nur auf direkt an ihn gerichtete Fragen. Louis erzählt gelegentlich witzige Situationen, die er mit den Kindern im Dorf erlebt hat, zum Beispiel beim Fußballspielen oder beim gemeinsamen Singen in der Schule. Dem Moderator entgeht nicht, dass Louis Blick oft, durch die große Scheibe, zu mir wandert und er mich anlächelt.

Spontan fragt er: „Louis, ist das deine neue Freundin, die du heute mitgebracht hast?“

Ohne lange zu überlegen antwortet dieser: „Ja, das ist Mia. Sie ist meine Freundin.“

Ungläubig reiße ich meine Augen auf, meine Kinnlade fällt hinunter. Wie kann er schon jetzt öffentlich bekannt geben, dass ich seine Freundin bin? Verheimlichen das die Popstars nicht eher, um die Fans nicht eifersüchtig zu machen? Ich bin mir unschlüssig, ob ich mich freuen oder besorgt sein soll.

Nach ein paar weiteren Minuten ist das Interview zu Ende. Der Moderator kommt hinter den Jungs aus der Tür, sieht mich und streckt mir seine Hand entgegen. „Hallo, du musst Mia sein! Freut mich, dich kennenzulernen!“

Ich begrüße ihn freundlich und verlasse sodann hinter den Jungs das Gebäude. Ein Taxi wartet bereits, um uns zu ihrer Wohnung zu fahren. Sobald wir eingestiegen sind, frage ich Louis: „Glaubst du, das war klug, mich als deine Freundin vorzustellen?“ Verständnislos antwortet er: „Warum nicht? Ich habe kein Problem damit, dass alle erfahren, dass ich mit dir zusammen bin.“

„Louis, wir kennen uns gerade mal ein paar Wochen!“

„Richtig. Und ich hoffe, dass es noch viel mehr werden.“ Er lächelt mich an und gibt mir einen zärtlichen Kuss. Jack und Frankie schütteln amüsiert den Kopf und suchen sich dann außerhalb des Fahrzeuges Objekte, die es sich zu beobachten lohnt.


Die Fahrt dauert nicht lange und wir halten vor einem hohen Gebäude mit einer breiten aber einladenden Tür. Jack und Frankie gehen voraus, Louis und ich folgen ihnen. Im Inneren des Gebäudes steht ein großer Empfangstisch. Dahinter sitzt ein Portier mit einem makellosen Anzug. „Louis, ich hoffe du hattest eine gute Reise!“, ruft er freundlich.

„Ja, danke Bharat! Und wie geht es dir? Ist deine Tochter wieder gesund?“, will Louis wissen.

„Ja, alles gut, alles gut, danke!“, antwortet Bharat anmutig und deutet eine leichte Verbeugung an. Erst jetzt fällt mir auf, dass der Portier ein Inder ist. Er ist sehr sympathisch und zuvorkommend.


Wir steigen in den Lift. Jack steckt einen Schlüssel in das Schloss unterhalb der Knopfreihe, dreht ihn um und drückt den Buchstaben „P“. Wir fahren in das oberste Stockwerk des Gebäudes. Die Tür öffnet sich und vor mir erstreckt sich das Penthouse. Mit großen Augen trete ich ein und sehe mich um. Ich stehe direkt in einem riesigen Wohnzimmer, wobei es mir vielleicht nur so riesig vorkommt, da ich die letzten Jahre in einer kleinen Hütte gelebt habe. Geradeaus fällt mein Blick direkt durch zwei große Fenster auf die Skyline von London. In der Mitte des Raumes steht ein gemütliches, weißes Ledersofa. An der linken Seite der Wand hängt ein überdimensionaler Flachbildfernseher, darunter befindet sich ein Board mit diversen Spielekonsolen. Links, zwischen Fenster und Fernseher, geht ein Zimmer ab. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes befinden sich zwei weitere Türen. Ich drehe mich zur rechten Seite und erblicke eine offene Küche, welche meine kühnsten Träume übertrifft. Diverse Elektrogeräte stehen säuberlich aufgereiht auf der Anrichte. Was hätte ich dafür gegeben, nur eines dieser Geräte in Afrika zu besitzen? Wobei es mir überhaupt nichts genutzt hätte, denn wo kein Strom ist – da braucht man auch keine Elektrogeräte.


Noch immer stehe ich wie angewurzelt in der Mitte des Zimmers und blicke mich ungläubig um. Erst als Louis mich an der Hand nimmt und leicht mit sich zieht, löse ich mich aus meiner Erstarrung und trotte hinter ihm her. Er zieht mich in das linke der drei Zimmer. Ein großes Bett bestimmt den Hauptanteil der Ausstattung. An der Wand steht ein nicht weniger großer Kleiderschrank und daneben führt eine schmale Tür in einen weiteren Raum. „Das ist mein Zimmer“, sagt Louis. „Gefällt es dir?“

Skeptisch antworte ich: „Ob es mir gefällt? Das ist purer Luxus!“

Louis kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er zieht mich zu der schmalen Tür und öffnet sie. „Das ist das Badezimmer. Du wolltest doch ein heißes Bad nehmen?“

Gespannt, was mich als nächstes erwartet, betrete ich den hell erleuchteten Raum. Weiße hochglänzende Fliesen an den Wänden, sowie große graue Granitfliesen am Boden, schmücken das Bad. Der Raum ist mit einer Toilette, einem runden Waschbecken sowie einer geräumigen Duschkabine luxuriös ausgestattet. Und zu guter Letzt befindet sich noch eine Eckbadewanne, mit Beleuchtung an den Innenseiten, im hinteren Teil des Badezimmers.

„Ist das dein Badezimmer? Oder benutzen es Jack und Frankie auch?“

„Nein, jeder hat sein eigenes“, antwortet Louis schmunzelnd.

„Wow!“, ist das einzige Wort, das ich noch hervorbringe.

„Was ist, willst du jetzt baden?“, hakt Louis nach.

Noch immer beeindruckt grinse ich schüchtern: „Das wäre ein Traum! Weißt du, wie lange ich nicht mehr richtig heiß gebadet habe? Ewig!“

Louis beugt sich zum Wasserhahn über der Badewanne und dreht ihn auf. „Dann genieße es, ich muss noch einmal kurz weg. Es dauert aber nicht lange.“ Er gibt mir einen flüchtigen Kuss und zieht die Tür hinter sich ins Schloss. Suchend schaue ich mich um und werde fündig. In einem schmalen Regal liegen kuschelige weiße Badetücher. Daneben stehen drei Flaschen mit verschiedenen Badezusätzen. Ich wähle den Duft Melisse, da mir jetzt nach vollkommener Entspannung zumute ist. Während das Wasser einläuft ziehe ich mich aus. Ich drehe den Wasserhahn zu und steige behutsam mit einem Fuß in den weichen Schaum. Gänsehaut überkommt mich, als ich das warme Wasser berühre. Ich lasse mich langsam in die Wanne gleiten und genieße die Wärme, die meinen Körper umhüllt.


Einige Zeit später stehe ich, in das weiche Badetuch gewickelt, vor dem Spiegel und betrachte mich ausgiebig, als es an der Tür klopft.

„Ja?“, frage ich zaghaft.

Die Tür öffnet sich einen Spaltbreit und Louis Kopf schiebt sich hindurch: „Kann ich reinkommen?“

„Ja, klar.“

Louis tritt ein und schließt die Tür schnell wieder hinter sich. In der Hand hält er eine kleine Schachtel. „Dein neues Handy!“, sagt er freudestrahlend und streckt mir das Geschenk entgegen.

„Oh! Danke!“

Plötzlich kommt mir ein unangenehmer Gedanke: „Louis, ich möchte aber nicht, dass du mir alles bezahlst und mich unterhältst. Ich suche mir gleich morgen einen Job.“

Irritiert setzt er an: „Du brauchst nicht …“

Sofort unterbreche ich ihn: „Doch, ich will mein eigenes Geld verdienen. Ich bin nicht der Typ Frau, der sich von einem Mann abhängig macht, nur weil er genug Geld hat.“ Resignierend gibt er nach. Das Handy immer noch in der Hand geht er zur Tür.

„Wo willst du hin?“, rufe ich ihm hinterher.

„Ich warte draußen, bis du fertig bist.“

Eilig verlässt er das Badezimmer. Mit schlechtem Gewissen laufe ich ihm nach.

„Louis!“

Er dreht sich um und schaut mich fragend an.

„Bist du jetzt sauer, weil ich gesagt habe, dass ich mich nicht abhängig machen will?“ frage ich schuldbewusst.

Überrascht schüttelt er den Kopf: „Nein! Im Gegenteil! Ich mag es, wenn Frauen selbstbewusst sind und ihr Leben selbst in die Hand nehmen.“

Langsam gehe ich auf ihn zu. Ich lege meinen Arm um seinen Hals und schaue ihm tief in die Augen. „Danke für das Handy“, bringe ich flüstern hervor. Im selben Augenblick scheint die Luft von elektrischen Impulsen erfüllt. Behutsam beugt sich Louis zu mir und küsst mich zärtlich auf die Lippen. Ich erwidere seinen Kuss mit voller Hingabe. Engumschlungen lassen wir uns aufs Bett sinken und küssen uns, während unsere Hände über unsere Körper wandern.

Louis Küsse sind so zärtlich und liebevoll, dass mein Herz schmerzt. Seine Lippen wandern an meinem Hals entlang und streichen sanft über meine Haut, bis zu meinem Bauch. Ein starkes Ziehen macht sich in meiner Leistengegend bemerkbar. Mit der Zunge umkreist er meinen Bauchnabel, wodurch mir für einen Moment die Luft weg bleibt. Langsam wandern seine Lippen weiter nach unten, bis zu meiner intimsten Stelle. Wie elektrisiert reagiert mein Körper auf seine Berührungen und ich gebe mich vollkommen seiner Leidenschaft hin.

In dieser Nacht können wir unsere Hände nicht voneinander lassen. Bis zur völligen Erschöpfung lieben wir uns und schlafen erst in den frühen Morgenstunden ein.


Schuld, die dich schuldig macht

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