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Fußmarsch um den Starnberger See

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Das kommende Wochenende sind die Jungs bei ihrem Vater, Freitagnachmittag werden sie abgeholt. John und ich gehen schwimmen. Danach sitzen wir engumschlungen am Ufer und blicken auf unser Paradies. Es ist kein Wölkchen am Himmel. Die untergehende Sonne spiegelt sich im Wasser und dahinter sehen wir die Berge. »Morgen laufen wir um den See«, lache ich und zwinkere John dabei zu. Er nimmt mich beim Wort. »Super Idee, das machen wir!« Sofort googled er die Entfernung bis Starnberg. »Wow, sechsundzwanzig Kilometer! Du weißt schon, was das heißt, oder?« »Ja logisch, Starnberg liegt uns quasi gegenüber, somit das Ganze halt mal zwei.«

Wir haben Glück, das Wetter spielt mit. In der Früh misst das Thermometer bereits angenehme einundzwanzig Grad. Bepackt mit drei Flaschen Wasser, geschmierten Broten und unseren Badesachen brechen wir um kurz nach sieben auf. Hand in Hand schlendern wir durch den Ort in Richtung Ambach. Alles ist ruhig, selbst an der Anlegestelle für Ausflugsdampfer ist noch kein Tourist zu sehen. Romantisch legt John seinen Arm um mich. Ich warte auf die nächste Liebesbekundung, bin jedoch auch ohne diese glücklich. Ich liebe diesen Mann so sehr.

Gegen neun nutzen wir die erste Möglichkeit für eine kleine Pause. John trinkt einen Kaffee, ich springe ins Wasser, schwimme ein Weilchen und dann geht’s weiter Richtung Münsing.

Nach knapp zwanzig Minuten stelle ich entsetzt fest, dass meine Uhr fehlt.« John fragt gelassen: »Hattest du denn überhaupt eine dabei? Von welcher Uhr redest du eigentlich?« »Von meiner guten goldenen, das ist eine Seiko. Ich brauche sie unbedingt wieder! Die habe ich aus Amerika, sie hat damals siebenhundert Dollar gekostet.« Sofort drehe ich um und renne den ganzen Weg zurück bis zur Badestelle.

Gott sei Dank! Da liegt sie, auf der Brücke, von wo aus ich ins Wasser gesprungen bin. Überglücklich falle ich John um den Hals. Auch er scheint sichtbar erleichtert: »Die Uhr steht dir aber auch wirklich gut und sieht immer noch aus wie neu. Da hattest du gerade mehr Glück als Verstand, meine Liebe.« Ich nicke bestätigend und freue mich sehr, dass John meine Uhr gefällt. Er grinst mich liebevoll an und meint: »Ansonsten hätte ich dir halt eine Neue gekauft.« »Ja genau«, lache ich, »dafür haben wir nun wirklich kein Geld!«

Bei der nächsten Pause machen wir Brotzeit. Minutenlang sitzen wir schweigend nebeneinander und schauen auf den See. Dann zeigt John auf die Villen hinter uns. Anschaulich erzählt er mir von seiner Luxuswohnung am Ammersee, die er einige Zeit vor seiner Inhaftierung bewohnt hat. Den Umzug von dieser großen komfortablen Dachterrassenwohnung in ein kleines Münchner Appartement empfand er extrem hart. Das hat er jetzt schon mehrfach erwähnt. Er wollte zu diesem Zeitpunkt unbedingt seine Firma retten und konnte die immens hohe Miete in Herrsching allein nicht mehr stemmen. Seine Mitbewohnerin zahlte scheinbar keine Miete, aber John hatte Mitleid mit ihr und wollte sie nicht vor die Tür setzen. »Ach komm, hak es ab! Jetzt wohnst du wieder am See und musstest dafür nichts weiter tun, als entlassen zu werden«, boxe ich ihm liebevoll in die Seite. »Das stimmt, Süße, ich bin wirklich ein Glückspilz«, küsst mich und wir spulen die nächsten Kilometer problemlos herunter.

Am frühen Nachmittag kommen wir ziemlich erschöpft in Starnberg an. Wir stärken uns mit Pizza in einem italienischen Restaurant direkt am See. John erzählt den beiden gutaussehenden Damen bei uns am Nebentisch, dass wir den gleichen Blick wie hier von unserer Terrasse daheim ebenfalls genießen. »Ja genau«, verschlucke ich mich fast beim Trinken. »Aber nur im Winter, wenn wir unsere Köpfe im Schlafzimmer ganz weit aus dem Fenster strecken.« John überspielt meinen Einwurf und tönt fröhlich weiter. Ich rolle kurz mit den Augen und lasse ihm schließlich seinen Spaß.

Hinterher lachen wir gemeinsam, wie leicht manche Frauen zu beeindrucken sind. Ich fand diese Art von Unterhaltung trotzdem total überflüssig.

Von Starnberg sind es noch vierundzwanzig Kilometer. John schlägt vor, mit der Bahn oder mit dem Dampfer heimzufahren. Beides lehne ich entschieden ab, aufgeben kommt für mich nicht in Frage! Gestern Abend waren wir uns doch einig mit der Seeumrundung. Wenn wir ab jetzt das Baden weglassen, sollten wir noch vor der Dämmerung daheim sein. John rafft sich auf und trottet mir gequält hinterher.

Irgendwann erreichen wir die idyllische Roseninsel. Mitten in ihrer großen Parkanlage liegt ein wunderschönes Schlösschen. »Und hier werden wir heiraten, meine Süße.« »Wow, klingt fast wie ein Antrag«, schießt es mir durch den Kopf, doch schon gehen wir weiter.

Der folgende Abschnitt von Feldafing bis Tutzing zieht sich ewig. So langsam beginne auch ich meine Beine zu spüren. Gegen siebzehn Uhr erreichen wir Tutzing. Ab hier sind es noch zwölf Kilometer. Inzwischen kämpfen wir nicht mehr nur gegen unsere schmerzenden Füße, sondern auch gegen ein anstehendes Gewitter. Blitz und Donner im Nacken liefern uns zwar schöne Fotos, treiben uns aber gleichzeitig zur Eile an.

Endlich können wir aufatmen. Den Bernrieder Park haben wir geschafft, das Gewitter ist vorbeigezogen und ab jetzt trennt uns nur noch unsere tägliche Joggingstrecke von zu Hause.

Gegen halb acht sind wir nach genau fünfundfünfzig Kilometern wieder zurück in Seeshaupt. Von Schüttelfrost geplagt, liegen wir gemütlich in die Decke gekuschelt auf der Couch und John postet erste Bilder von unserer Heldentat.



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