Читать книгу Zur buckligen Wildsau - Anke Niebuhr - Страница 21

Josh und Amanda

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Josh stand auf.

„Komm mit, ich stell dir Renko vor. Das wird zwar eine einseitige Sache, aber dann hast du ihn wenigstens schon mal gesehen.”

„Ok, warum nicht.”

Amanda rappelte sich auf und ging mit Josh hinüber zu der Stelle, an der Renko im Gras lag. Schlagartig erkannte sie, dass das der Typ war, den sie vor ihrem inneren Auge gesehen hatte, und blieb wie angewurzelt stehen.

„Unmöglich!”, rief sie aus.

Josh drehte sich irritiert zu ihr um.

„Ihr kennt euch?”

„Nein!”

„Aber?”

„Der ist … ich hab … das ist unmöglich!”, stotterte sie.

„Wow, Mann, eloquent ausgedrückt.” Josh grinste. „Was, zum Henker, meinst du? Was ist los? Das ist nur Renko, der tut nix, und in seinem Zustand schon gar nicht.”

Sie konnte Josh auf gar keinen Fall erzählen, woher sie Renko ‚kannte‘. Niemals. Das würde sie nicht zugeben, und wenn sie sich die Zunge abbeißen musste. Keine Chance. Na, wenigstens wurde sie anscheinend nicht verrückt, denn offensichtlich gab es den Typen ja wirklich, aber das war so absurd, dass sie diese Tatsache nicht viel angenehmer fand. Und was das bedeutete, wollte sie ums Verrecken nicht wissen. Es war unangenehm, es war schräg und doof.

„Das … ist … kompliziert”, antwortete sie lahm.

„Ich mag kompliziert und wir haben eh nichts Besseres zu tun. Komm schon, erzähl's mir einfach.”

„Nein! Das kommt nicht in Frage.”

Josh runzelte die Stirn. Was hatte Renko denn da schon wieder angestellt? Andererseits war Josh es gewohnt, dass Leute seltsam auf Renko reagierten, er war nun mal ein Dämon. Wenn Amanda ihn nicht kannte, dann hatte sie ihn vielleicht irgendwo gesehen und … und was? Ach egal, es war nicht wichtig und ging ihn nichts an, entschied er, und beließ es dabei.

„Na ja, das ist jedenfalls Renko. Renko, das ist Amanda. Sie ist mir am Strand zugelaufen.”

Gemeinsam starrten sie Renko an, jeder in die eigenen Gedanken versunken.

„Das sieht wirklich nicht gesund aus”, sagte Amanda.

Josh zuckte die Schultern. „Ja, gruselig. Aber angeblich geht es ihm gut, das haben zumindest die Dolbs gesagt. Er sähe glücklich und entspannt aus, meinten sie.” Josh seufzte. „Ich habe wirklich keinen Schimmer, was ich mit diesem Zombie anstellen soll, Mann, dabei habe ich immer irgendeine Idee. Immer!”

„Hat was von Wachkoma.”

„Stimmt, aber hey, dieser Anblick frustriert mich, lass uns lieber wieder auf die Wellen starren und überlegen, wie wir dein Problem lösen. Das macht mehr Spaß und ist wesentlich sinnvoller. Hier können wir nichts tun und ihm passiert ja auch nichts.”

„Ok.”

Sie gingen wieder zum Strand und setzten sich in den Sand.

„Was hast du eigentlich in der Kiste da?”, fragte Josh.

„Klamotten und Proviant, aber das ist nur Tarnung. Darin soll ich die Dolbs transportieren. Sie ist wasserdicht und sorgt für die passende Umgebung, ich muss nur den Krempel rausnehmen und Meerwasser reinfüllen, der Rest wird automatisch geregelt.”

„Ach so. Ok.” Josh runzelte die Stirn. „Aber wie willst du die denn zurück durch die Security kriegen?”

„Kein Problem, es gibt nämlich keine. Die Nesodoraner gehen davon aus, dass die Oase nichts zu bieten hat, deswegen kontrollieren sie nicht, was man von dort mitnimmt. Alles, was man auf einem Gandrock transportieren könnte, finden sie irrelevant.”

„Bisschen leichtsinnig.”

„Jepp, aber auch nachvollziehbar, hier gibt es ja wirklich nichts Bemerkenswertes oder Wertvolles. Es ist schön hier, das ist alles. Ich musste nur meine Waffen zurücklassen, der Rest war ihnen egal.”

„Aber wie willst du denn einen ganzen Schwarm einfangen, das geht doch gar nicht. Wenn du Glück hast, fängst du zwei oder drei.”

„Doch, soll kinderleicht sein. Man muss angeblich nur irgendeinen von ihnen zu fassen kriegen, der Rest folgt von alleine.” Amanda seufzte.

„Sachen gibt's“, sagte Josh. „Na gut, dann lass uns mal überlegen, wie wir das verhindern können. Du musst irgendwie in die Wildsau und ich hab auch schon eine Idee.”

„Wer oder was ist die Wildsau?”

„Schwer zu erklären, lange Geschichte, aber kurz gesagt ist es eine Kneipe, mit der man durch Zeit und Raum reisen kann.”

„Eine Kneipe.”

„Ja. Wie gesagt, das ist eine lange Geschichte, die kann ich dir später erzählen. In der Wüste werden wir genug Zeit haben, die wir totschlagen müssen.”

„Oh fuck, wir müssen ja nochmal durch die verdammte Wüste. Erinnere mich bloß nicht daran!”

„Ja, Freude über Freude, ich kann's auch nicht abwarten.”

Düsteres Schweigen.

„Sag mal, bist du eigentlich sicher, dass du dein altes Leben einfach so hinter dir lassen willst?”, fragte Josh. „Es gibt kein Zurück, Mann. Du kannst nichts holen, dich von niemandem verabschieden, nie wieder mit deinen Freunden sprechen.”

„Du hast ja keine Ahnung. Ja, ich will definitiv und ganz, ganz sicher raus und weg, je eher desto besser. Es gibt nichts und niemanden, den ich vermissen würde. Ich habe da kein Leben, ich existiere nur. Und ich bin die verdammte Marionette von Leuten, die es für eine gute Idee halten, Dolbs entführen zu lassen.”

„Mannomann. Ja, ok, wenn das so ist … aber was ist mit der Technik? Du könntest nicht mehr so leicht repariert werden, wenn mal was ist.”

„Das ist nicht wichtig. Wenn was kaputt geht, geht es eben kaputt, Hauptsache ich bin endlich frei. Und mit ein bisschen Glück, finde ich auch woanders jemanden, der Cyborgs reparieren kann. Das Risiko gehe ich gerne ein.“

„Auch wieder wahr.”

„Da fällt mir ein: Etwa einmal im Jahr muss ich mich aufladen. Das dürfte ein echtes Problem werden.“

„Nö. Wenn ich die Baupläne für so eine Ladestation habe, kann ich sie herbeischnipsen. Die KI kann das recherchieren.“

„Super.“

Josh überlegte. „Also, du musst unerkannt bis an die Schildgrenze kommen. Signale kommen zwar nicht durch, aber wenn da Kameras sind, könnte trotzdem jemand mitkriegen, dass du wieder da bist. Ich habe mir überlegt, dass ich dir eine Art Renko–Kostüm verpassen könnte. Du würdest so ähnlich aussehen wie er. Einer genaueren Betrachtung würde das natürlich nicht standhalten, aber für eventuelle Kameras würde das reichen. Wenn ich es aus einem Material mache, das keine Signale rein- und rauslässt, bist du vor Entdeckung sicher.”

„Ja, aber nee. Wenn zwei Renkos zurückkommen, ist das viel zu auffällig. Außerdem, wie willst du den ‚Anzug‘ signalgeschützt hinkriegen? Ich bin zwar ein Cyborg, aber ich muss trotzdem atmen.”

„Stimmt. Hmmm … als Gandrock wärst du am unauffälligsten, aber deine Proportionen passen nicht. Ich könnte es zwar so hindrehen, dass du wie einer aussiehst, aber das ist so umfangreich, dass ich nicht weiß, ob ich es zuverlässig rückgängig machen könnte.”

Amanda lachte. „Und ich würde auch den Schaukelgang nicht überzeugend hinkriegen.” Sie überlegte. „Eine große Kiste wäre gut, aber die wäre wohl auch zu auffällig.”

„Ja, eine Kiste, genau, gute Idee. Wenn ich sie in ein PAL stecke, geht das. Hab ich noch nie gemacht, ich weiß nicht, ob ich das hinkriege.”

„Was, um Himmels Willen, ist denn nun schon wieder ein PAL?”

„Ein Problem–anderer–Leute–Feld. Hast du ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘ von Douglas Adams nicht gelesen? Es macht nicht direkt unsichtbar, sorgt aber dafür, dass Leute das, was im PAL ist, komplett ignorieren, weil es eben ein Problem anderer Leute ist.”

„Kapier ich nicht. Funktioniert das?”

„Jepp.”

Amanda sah Josh skeptisch an. „Mach die Kiste doch einfach unsichtbar. Warum so kompliziert?”

„Unsichtbarkeit funktioniert nur bei den Dingen zuverlässig, die sich nicht bewegen. Lass uns das mit dem PAL mal ausprobieren. Dreh dich um. Nicht gucken.”

Amanda zögerte, drehte sich dann aber um. Josh schnipste eine Picknickdecke mit allerlei Leckereien herbei – er hatte Lust etwas zu essen – und versuchte dann, es in einem PAL verschwinden zu lassen. Er schnipste noch einmal, und wie er erwartet hatte, passierte nichts. Er selbst konnte die Picknickdecke noch sehen, klar, es war ja sein eigenes PAL.

„Ok, done. Dreh dich wieder um, was siehst du?”

Amanda drehte sich um und sah direkt auf die Picknickdecke – und ließ dann den Blick wandern. „Dich, das Meer, Sand, die Lagune … Es riecht nach Essen. Boah, hab ich Hunger.”

„Ha! Geil!”

Josh schnipste das PAL um die Picknickdecke weg und Amanda bekam große Augen.

„Es hat geklappt! Es hat tatsächlich geklappt! Yay, ich bin so gut, Mann.” Josh riss die Arme hoch und grinste selbstzufrieden. „Und riechen konntest du es nur, weil du Hunger hast, Mann. Hau rein, guten Appetit.”

Das brauchte er nicht zweimal zu sagen, Amanda hatte wirklich großen Hunger, das hatte sie vor lauter Stress und Sorgen gar nicht gemerkt. Sie haute rein – und wie!

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