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6 Montag Nachmittag

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Die Uhr im Krankenhaus schaltete auf elf um. Ursula Maier versuchte, sich im Bett umzudrehen. Doch sie schaffte es nicht. Ihre gebrochene Hüfte schmerzte bei jeder Bewegung. Sie hatte die Kellertreppe gewischt. Die Jungs hatten die Fließen mit Holzstaub verdreckt. Den schleppten sie immer aus ihrer Werkstatt herein. Da ihre Mutter zu Besuch kam, wollte sie sauber machen.

Beim Wischen übersah sie eine Stufe und fiel nach unten. Schmerzen schossen durch ihren Körper und sie hatte aufgeschrien. Ihr Mann hatte sie gleich ins Krankenhaus gebracht. Seit fast zwei Wochen war sie hier.

Sie seufzte und drückte auf den Knopf, welcher die Krankenschwester rief. Wenn sie Glück hatte, würde der junge Pfleger kommen. Den hatte sie gern. Er war immer höflich und zuvorkommend. Oft wusste er schon, was sie brauchte. Und selbst das Waschen nahm sie ihm nicht übel. Die Tür öffnete sich und Irma kam herein.

„Was kann ich tun?“, fragte sie mit russischem Akzent. Ihr Lächeln ließ Ursula ihre kleine Enttäuschung fast vergessen.

„Ich … ich würde mich gerne ein wenig anders hinlegen, aber ...“

Um Hilfe bitten lag ihr nicht und so kamen die Worte nur zögerlich über ihre Lippen.

„Kein Problem“, sagte Irma. Sie stützte sie und gemeinsam gelang es ihnen, eine bequeme Position im Bett zu finden.

„Danke“, murmelte Ursula.

„Immer gern“, lachte Irma. „Melden Sie sich, wenn wir etwas tun können. Gegen eins gibt es dann Mittagessen.“

Ursula nickte und wandte sich wieder ihrem Buch zu. So viel wie in den letzten beiden Wochen hatte sie seit Jahren nicht gelesen. Ihr Mann arbeitete den ganzen Tag und die Jungs waren unterwegs. Sie las die letzte Seite nochmal und war sofort wieder im Geschehen.

Plötzlich klapperte es neben ihr. Erschrocken schaute sie auf und nahm dann erst wahr, dass der junge Pfleger mit dem Mittagessen dastand.

„Verzeihung“, stammelte sie. „Ich habe sie nicht gehört.“

„Nichts passiert“, beruhigte der Pfleger sie. „Sie waren so vertieft in ihr Buch, kann ich verstehen.“

Sie grinste verschmitzt wie ein kleines Kind und hob den Deckel vom Teller. Der Geruch von gebratenem Gemüse mit Spätzle stieg ihr in die Nase. Es dampfte.

„Frisch aus der Küche“, meinte der Pfleger und überprüfte die Kochsalzlösung.

„Geben Sie mir eine Spritze Morphium?“, fragte Ursula leise. Der Pfleger schaute sie prüfend an und sagte: „Ausnahmsweise. Ich hole sie.“

Er ließ die Tür hinter sich zu fallen und kehrte nach ein paar Minuten wieder zurück.

Ursula hatte ein paar Löffel vom Gemüse genascht. Er nickte wohlwollend und ließ den Inhalt der Spritze durch den Schlauch laufen.

Sie seufzte. Das Medikament wirkte schnell. Aus dem Augenwinkel sah sie ein Grinsen im Gesicht des Pflegers, dass ihr plötzlich einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Mit einem Schlag wurde es kalt im Zimmer.

„Was haben Sie mir gegeben?“, fragte sie bestürzt. Der Pfleger lachte leise. Ihr wurde heiß und kalt gleichzeitig und ihr Herz klopfte immer schneller. Ihr ganzer Körper zitterte.

„Hilfe“, krächzte sie, als ein epileptischer Anfall sein Höchstmaß erreichte. Doch es war zu spät. Sie spürte, wie der Pfleger sich bewegte, doch im selben Moment wurde alles dunkel und sie glitt in die bodenlose Schwärze …

Nasser Verdacht

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