Читать книгу Nasser Verdacht - Ann-Katrin Zellner - Страница 13
7 Dienstag
ОглавлениеWilliam seufzte laut. Flo‘s Blick ignorierte er. Die frühen Besprechungen machten ihm zu schaffen. Um sechs, mit dem ersten Kaffee in der Hand war er nicht fit, um sich mit langweiligem Kram zu befassen. Als Chef musste er alles wissen. Heute kam es ihm ungelegen. Kevin’s monotone Stimme machte die Sache nicht besser. Er erzählte von einem Unfall.
In der Nacht war ein junger Mann mit dem Auto seines Vaters unterwegs. Er fuhr zu schnell und missachtete rote Ampeln. Dabei fuhr er auf einen Golf auf, beide Fahrer wurden schwer verletzt. Die Feuerwehr band das Benzin. William nickte nur, als Kevin ihn anschaute.
„Die Straße soll freigegeben werden, bevor der Berufsverkehr kommt!“
Er nahm den Stapel Papier, der ihm von der Leitstelle hingelegt worden war und teilte die Teams ein. Ein Haftbefehl und zwei Vernehmungen standen aus. Die Kollegen verließen schnell den Raum. William blieb sitzen. Er blätterte durch den Stapel. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Er musste mit den anderen sprechen.
Flo wartete im Büro auf ihn. Er saß auf dem Sofa, eine Akte auf dem Schoß. Die Kaffeetasse stand vor ihm. William legte den Stapel Papier ab. Die Tür öffnete sich und Ben trat ein. Wie immer ohne anzuklopfen. Er grinste.
„Ist was?“, fragte William verwundert. Er fand es seltsam, dass Ben so grinste. Der schüttelte nur den Kopf.
„Gibt es was Neues zu den Fundstücken?“
Keiner antwortete. Die Blicke blieben auf den Boden gerichtet. Flo nahm seine Tasse und trank einen Schluck. William schaute zwischen den beiden hin und her.
„Nein, es gibt keine positiven Nachrichten“, sagte Ben, als er die Stille im Raum nicht mehr aushielt. Er streckte William eine Akte hin.
„Das Ergebnis ist negativ. Der Regen hat alles zerstört.“
William warf die Akte auf den Schreibtisch und fuhr sich durch die Haare. Er wusste nicht weiter. Wie sollte er ohne Hinweise nach dem Mörder suchen?
„Gab es nicht mal Spuren an dem Flachmann, der neben dem Skelett gefunden wurde?“
Ben schüttelte den Kopf. Er griff zur Akte und schlug eine Seite auf. Dann hielt er sie William hin.
„Ohne den Deckel ist das nicht möglich. Dafür lag er zulange in der Erde. Der Schlüssel passt zum Haus der Familie.“
William nickte zustimmend. Das hatte er befürchtet. Er schüttelte den Kopf, wollte es nicht wahrhaben. Flo sagte kein Wort. Ben legte den Kopf schief.
„Was jetzt?“, fragte Ben. William brummte. Eine Antwort blieb er ihm schuldig. Er blätterte durch die Akte. Ihm fiel nichts ein. Ohne Spuren war das aussichtslos.
„Ich werde die Akte in Ruhe durchlesen. Dann sehen wir weiter.“
Holger stand auf der Terrasse. Er nahm den letzten Zug der Zigarette und drückte sie aus.
Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Er drehte sich um. Ein weißer Transporter fuhr um die Kurve und parkte direkt vor dem Haus. Holger war nicht erfreut. Die Parkplätze waren nicht für jeden gedacht. Ein Mann stieg aus, er winkte ihm fröhlich zu und öffnete die seitliche Tür.
Holger sah verschiedene technische Geräte und blinkende Lichter. Der Mann mit den braunen Haaren kam auf ihn zu.
„Ich bin Matthias Holzapfel“, sagte er und drückte Holger die Hand. „Wir werden heute ein paar Teste vornehmen.“
Holger fühlte sich überrumpelt. „Kein Problem“, murmelte er. Matthias hörte ihm nicht zu. Er gab seinen beiden Männern einen Wink.
„Das dahin. Tom, bring mir das. Nein, das daneben! Von wo aus läuft man am besten bis zu den Felsen? Wir brauchen Proben aus dem Wildsee.“
Wortlos zeigte Holger auf den Pfad, welcher neben dem Haus in die Büsche verlief. Er wurde von Touristen benutzt und führte am Wildsee vorbei zur Felswand und weiter auf den Hauptweg zur Ruine.
„Perfekt“, rief der Mann mit leuchtenden Augen. „Los Jungs, auf geht’s zum Proben sammeln!“
Das ließen die sich nicht zweimal sagen und rannten fast den Pfad entlang. Holger schüttelte den Kopf. Der Ruf des Ehepaares lenkte ihn zurück zu seiner Arbeit. Er lief auf sie zu und fragte nach ihrem Wunsch.
Holger schaute erst wieder auf, als die Männer zurückkamen. Einer hielt eine Kiste mit mehrere Proben. Auf den Behältern las er die Wörter Wasser, Erde und Stein.
„Was empfehlen Sie als Tagesgericht?“, fragte Matthias. Holger reichte ihm die Karte, die neben der Kasse lag.
„Einen Moment, bitte“, murmelte er gestresst. „Setzen Sie sich doch an den Tisch in der Ecke, ich komme sofort.“
Matthias winkte seinen Männern. Zu dritt quetschten sie sich an den Ecktisch. Der war nur für zwei Personen gedacht. Es schien sie nicht zu stören. Einer schrieb in ein Notizbuch, die anderen redeten auf ihn ein.
Holger versuchte, eine ältere Dame zu beruhigen. Sie sagte, eine Schnecke sei in ihrem Salat gewesen. Er fand sie nicht.
„Ich werde Ihnen einen neuen Salat richten. Das braucht ein paar Minuten!“
Widerstrebend ließ sich die Dame darauf ein. Sie ging mit erhobener Nase hinaus. Er schüttelte den Kopf und rief seine Kellnerin.
„Bernie, mach doch bitte für die Frau Müller einen neuen Salat. Und guck ihn dir an, nicht, dass doch Schnecken drin sind!“
„Ja, Boss“, sagte die Blondine, nickte und verschwand mit dem Salatteller in der Küche.
Quietschend schwang die Tür hinter ihr. Er kam nicht um das Ölen herum. Doch die Gäste hatten Vorrang.
„Was möchten die Herren zu trinken?“, fragte Holger die Männer, als er ihren Tisch erreichte.
„Für jeden ein Hefeweizen und das Wiener Schnitzel mit Pommes, bitte“, antwortete Matthias fröhlich. Holger warf einen kurzen Blick auf das Blatt mit Zahlen und Kürzeln, doch sie sagten ihm nichts. Daher nickte er kurz und lief zurück zur Küche.
„Tim, machst du mir dreimal Schnitzel mit Pommes?“, rief er hinein. Sein groß gewachsener schlanker Koch winkte ihm zu.
„Geht klar, Boss!“
Holger lachte. Er widmete sich seinen anderen Gästen, bis Tim ihn rief und die Teller bereitstellte. Schnell brachte er sie zu den Männern. Die freuten sich und langten zu. Matthias kam auf ihn zu, nachdem sie die Rechnung bezahlt hatten.
„Wir freuen uns jetzt schon, bei Ihnen zu übernachten. Mir gefällt diese wilde Felsformation. Ich melde mich in den nächsten Tagen. Dann quartieren wir uns hier ein paar Wochen bei Ihnen ein.“
Holger nickte, bevor die Männer verschwanden. Am Abend lehnte er sich zufrieden an der Säule an. Er blies den Rauch seiner Zigarette gen Himmel. Sein Blick fiel auf die Felswand gegenüber. Die letzten Strahlen der Sonne ließ sie leuchten.