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2.2.2.2.4 Erzähler

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Der reale Autor einer Erzählung schafft sich einen Erzähler, der dann eine Erzählung auf eine bestimmte Art und Weise erzählt. Jeder Erzähltext verfügt somit über einen Erzähler, auch wenn er oft auf den ersten Blick nicht deutlich erkennbar ist. Der Erzähler ist eine fiktive, imaginäre Figur des textexternen Autors und damit gleichzeitig „das vermutlich wesentlichste Formprinzip von Erzähltexten.“1

Der Erzähler begegnet in einer bestimmten Erzählform (z.B. Ich-Erzählung, Er/Sie- Form).2 Für den Erzähler des Matthäusevangeliums gilt durchweg die Er/Sie-Form, der Erzähler des Lukasevangeliums erzählt jedoch in seiner Einleitung zunächst in der Ich-Form und wechselt dann in die Er/Sie-Erzählung. Besonders Erzähler, die selbst im Text als Figur auftreten, besitzen oft ein persönliches Profil (Name, Geschlecht, Alter etc.).3

Darüber hinaus zeigt der Erzähler ein bestimmtes Erzählverhalten: auktorial, personal oder neutral. Bei allen gilt jedoch: „Er präsentiert die erzählte Welt.“4 Beim auktorialen Erzählverhalten (wie es sich im Matthäus- und im Lukasevangelium findet) überblickt der Erzähler das Geschehen und greift durch Kommentare wie z.B. Hinweise für die Leser, Urteile über Personen etc. in die Erzählung ein.5 Der Erzähler leitet den Leser durch die Erzählung. Beim personalen Erzählverhalten schildert der Erzähler die Geschichte aus der Perspektive einer Person, wobei er zwischen verschiedenen Personen wechseln kann. Der Erzähler weiß dabei nur so viel, wie die Person weiß. Das objektive Erzählverhalten zeichnet sich dadurch aus, dass der Erzähler sachlich und ohne jegliche Kommentare das Geschehen berichtet. Aber auch bei einem (scheinbar) objektiven Erzählverhalten gilt folgendes: „Der Erzähler ist anwesend als Quelle, Garant und Organisator der Erzählung, als ihr Analytiker und Kommentator, als Stilist“6.

Des Weiteren nimmt der Erzähler einen bestimmten Erzählstandpunkt und eine Fokalisierung ein.7 Er kann in großer Nähe zum Geschehen stehen oder auch aus einer starken Distanz heraus erzählen. In der Narratologie spricht man von einem offenen und einem verborgenen Erzähler.8 Die Fokalisierung kann dabei innerhalb einer Erzählung wechseln.9 Genette kennt insgesamt drei Formen der Fokalisierung: Nullfokalisierung, Externe Fokalisierung und Interne Fokalisierung.10 Man kann die Wahl des Erzählstandortes mit der Wahl der Kameraeinstellung im Film vergleichen. In einigen Szenen „zoomt“ die Kamera an Personen heran, schildert ihre Gefühle und ihre Sicht, im nächsten Moment wird das Geschehen aus einer Weitwinkel-Einstellung heraus präsentiert und der Zuschauer erhält einen Gesamtüberblick über das Geschehen.

Außerdem zeigt der Erzähler eine bestimmte Erzählhaltung: Er kann sich affirmativ, begeistert, neutral, humorvoll, ironisch, skeptisch, distanziert oder ablehnend zu dem von ihm Erzählten verhalten.11 „Die Überzeugungen, Normen und Werte des Erzählers werden auf verschiedene Weise […] zum Ausdruck gebracht.“12 Durch gezielte Informationsvergabe steuert er die Leseraffekte und erzielt somit bei den Lesern Sympathie, Antipathie, Empathie, etc. in Bezug auf bestimmte Figuren.13

Auch unterliegt der Erzähler einer bestimmten Erzählzeit, da der Akt des Erzählens selbst Zeit benötigt. Diese steht der erzählten Zeit, die die Zeit der erzählten Geschichte und der Handlung bezeichnet, gegenüber.14 Er nimmt darüber hinaus einen bestimmten zeitlichen Standpunkt ein, indem er z.B. von Geschehnissen in der Vergangenheit – also im Präteritum – berichtet oder von Dingen in der Gegenwart oder Zukunft spricht.15

Darüber hinaus wählt der Autor eine Darbietungsform der Erzählung: Entweder behält der Erzähler die gesamte Erzählung hindurch das Wort (Erzählbericht oder auch Erzählung von Ereignissen) oder er lässt auch seine Figuren sprechen (direkte Figurenrede oder auch Erzählung von Worten16). Bei der Figurenrede kann unterteilt werden in direkte Wiedergabe (szenisches Erzählen)17, indirekte Wiedergabe (indirekte Rede) und erzählte Figurenrede.18 Die anglo-amerikanische Erzähltheorie prägte hierfür die Begriffe telling und showing, wobei telling die Erzählerrede und showing die Figurenrede/Handlung bezeichnet.19 Analog zur Figurenrede verhält es sich auch mit den Gedanken einer Figur. So können sie zitiert werden (z.B. in Form eines inneren Monologs oder eines Gedankenzitats), transportiert werden (z.B. in Form einer indirekten Gedankenrede) oder erzählt werden (z.B. als Gedankenbericht).20 Generell gilt dabei: Indem der Erzähler die Figuren innerhalb der Erzählung sprechen und agieren lässt, befindet er sich auf einer anderen, übergeordneten Ebene als die Figuren.

Der auferstandene Jesus als erzählte Figur im Matthäus- und Lukasevangelium

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