Читать книгу Meeresglühen (Bd. 1) - Anna Fleck - Страница 12
Kapitel 5
Оглавление»Und was hat er geantwortet? Jetzt komm schon, Ella!«
Der nächste Tag war da. Ich saß bei strahlendem Sonnenschein vor dem Imbiss auf der Hafenmauer von Greycove. Lisa neben mir zappelte ungeduldig. Sie war nicht nur meine Cornwall-Ferienfreundin seit Kindertagen, sondern einfach meine beste Freundin überhaupt, auch wenn wir uns meist nur in den Sommerferien sahen.
Sie war ein Jahr jünger als ich, hatte die kurvige Figur und die langen, blonden Locken, die ich mir heimlich wünschte, und ein ausgesprochen schwärmerisches Temperament. Ihr kleines Zimmer war vollgestopft mit Liebesromanen und Disney-Merchandise. Zwar wusste sie noch nicht genau, welcher Beruf einmal der richtige für sie sein würde – aber ein Ziel hatte sie auf jeden Fall schon jetzt: die Welt erobern und dabei ihren Traumprinzen finden. Eine Menge Leute aus ihrem Umfeld hielten sie deshalb für naiv und überspannt, aber ich beneidete sie dafür, dass sie wenigstens solche festen Vorsätze hatte. Schließlich wusste ich selbst noch so gar nicht, was ich mit mir anfangen sollte, und dabei musste ich mich schon in einem Jahr für irgendetwas entscheiden. Medizinstudium, wie meine Mutter? Lehramt? Irgendwas mit Medien? Na ja, im Zweifel schob ich halt ein Gap-Year ein, das planten einige aus meiner Klasse.
Wer Lisa ebenfalls für zu überschäumend hielt, war ihr großer Bruder. Kenneth Rowe war sechs Jahre älter als sie, bärtig und riesengroß, doch dank seiner dunkelblonden Haare und braunen Augen war die Familienähnlichkeit unverkennbar. Charakterlich war er ihr genaues Gegenteil: Er stand mit beiden Beinen fest auf dem Boden – oder auf dem Deck seines Fischkutters – und war geradezu die Definition von Verlässlichkeit. Ausufernde Fantasie gehörte für ihn zwischen zwei Buchdeckel, nicht in den Alltag oder in Zunkunftspläne. Diese Einstellung hatte ihm das Leben schmerzhaft eingehämmert: Denn die Rowe-Geschwister hatten schon als Kinder ihre Eltern verloren und waren mehr schlecht als recht bei ihrem Onkel untergekommen. Kenneth hatte ihm früh beim Fischen helfen müssen. Als der Onkel starb – weil er, wie so oft sturzbesoffen, in das Hafenbecken von Greycove gefallen war –, übernahm es Kenneth, für sich und Lisa zu sorgen. Wenn er auch manchmal etwas brummig und verschlossen wirkte – für Lisa hätte er sich zerreißen lassen. Und für mich, seine kleine »Teilzeit-Schwester«, vermutlich auch.
»Ella Mortadella!« Lisa tippte mir ungeduldig mit dem Plastiklöffel ihres Frozen-Yoghurt-Bechers gegen die Nase. Sie war restlos begeistert von meinem Abenteuer und wollte jetzt natürlich alles wissen. Ich gebe zu, es tat gut, die Geschichte mit meiner besten Freundin zu teilen. Vor allem aber brauchte ich die Unterstützung ihres Bruders, der vor Greycove jeden Felsen und jede Strömung kannte und mir sicher helfen würde.
Ich wehrte Lisas Attacke mit meinem eigenen Löffel ab. »Ist ja gut! Er hat gar nichts weiter gesagt. Nur genickt. Aber wir sind dann zusammen zurück ins Cottage der Bernhardts und heute Morgen war er noch da, also …« Also vertraut er mir hoffentlich wirklich, führte ich den Satz in Gedanken zu Ende.
Lisa vibrierte geradezu vor Aufregung. »Wahnsinn! Ein Fremder mit einem dunklen Geheimnis … Und du hast ihn gerettet. Wie romantisch!«
»Irre romantisch«, erwiderte ich trocken. »Vor allem der Teil, als er mir einen Eimer Meerwasser ins Gesicht gespuckt hat.«
Doch sie ließ sich nicht beirren. »Und jetzt helfen wir ihm, wieder nach Hause zu kommen … Warte nur, bis Kenny das erfährt!«
»Vielleicht müssen wir ihm nicht alles erzählen, oder?«, bat ich. »Du kennst ihn doch.«
»Du hast recht.« Sie nickte heftig, wobei ihr goldblonder Pferdeschwanz auf und ab hüpfte. »Er würde sicher kein Wort glauben.«
Aber du schon, Lisa, dachte ich amüsiert. Und was bin ich gerade dankbar für deine Vorstellungskraft!
»Wir fragen ihn einfach nur, wohin Strandgut von den King’s Steps am ehesten treibt«, sagte sie, checkte auf ihrem Handy die Uhrzeit und schaute hinaus auf das glitzernde Meer. »Er müsste bald wieder reinkommen von seiner Angeltour.«
Doch zunächst kam jemand ganz anderes in Greycove an.
Als Erstes hörten wir das Wummern eines starken Automotors. Ein dunkelgrüner Jaguar drängte sich um die enge Kurve, die zum Hafenbecken von Greycove führte. Der Motor heulte noch einmal auf, dann schoss der Wagen an uns vorbei und stoppte kurz vor dem Übergang zum Pier.
Der Fahrer stieg aus. Es war ein junger Typ mit kastanienbraunem, perfekt geschnittenem Haar, eine Sonnenbrille in seinem aristokratischen Gesicht. Seine Klamotten sahen ziemlich teuer aus – Hemd und Sakko, so die Upperclass-Nummer. Besitzergreifend musterte er die Umgebung: die malerischen, aber leicht heruntergekommenen Fassaden der schmalen grauen Häuser, das Hafenbecken mit seinen wenigen Booten, den schäbigen Imbiss … und uns.
Neben mir war Lisa zur Salzsäule erstarrt. Nun stieß sie ein kleines Quietschen aus. »Das ist Tristan!«
Ich guckte etwas genauer hin. »Könnte sein … Den hab ich ja seit Jahren nicht mehr gesehen. Studiert bestimmt noch in Oxford, oder?«
Lisa nickte, hatte mir aber definitiv nicht zugehört. Sie starrte weiter zur gegenüberliegenden Seite des Hafenbeckens, wo sich der Neuankömmling nach einer offensichtlich langen Fahrt gerade ausgiebig reckte – was bei seiner sportlichen Figur echt sehenswert war. Mittlerweile waren noch drei weitere, ähnlich angezogene Typen aus dem Wagen gestiegen und taten es ihm gleich.
Ich blickte Lisa an und überlegte, ob ich jetzt ihr mit meinem Löffel gegen die Nase klopfen sollte. Na, na, flüsterte meine innere Stimme. Die Ankunft des Kronprinzen von Greycove ist es schon wert, einen Moment auf Pause zu drücken, oder?
Tristan Prideaux war der einzige Sohn und Erbe von Oliver Prideaux und entstammte damit einer der ältesten Familien Cornwalls. Dem Senior gehörten fast das gesamte Dorf und weite Teile des umliegenden Landes. Das war ihm aber nicht genug gewesen, denn er hatte sich schon in früher Jugend darangemacht, die Hochfinanzwelt zu erobern – mit Erfolg. Den Stammsitz seiner Familie, ein ziemlich beeindruckendes Herrenhaus zwei Meilen außerhalb von Greycove, nutzte er nur noch für Stippvisiten. Tristan, der Goldjunge, sollte natürlich in die Fußstapfen seines Vaters treten und eines Tages dessen Finanzimperium übernehmen. Die Vorbereitungen liefen, wie man so hörte – Wirtschaftsstudium in Oxford, Praktika bei amerikanischen Top-Unternehmen, Bullingdon Club …
Lisa und ich kannten Tristan von früher. Er war ein paar Jahre älter als wir und ebenso wie ich vor allem als Sommergast in Greycove aufgetaucht. Das hätte uns vielleicht zu Freunden machen können, aber Tristan ließ sich nicht oft im Dorf oder an den Stränden sehen. Wenn doch, beachtete er uns nicht. Und wir waren natürlich zu schüchtern, den älteren Jungen anzusprechen. Stattdessen himmelten wir ihn von Weitem an und malten uns die schönsten Aschenputtel-Szenarios aus. Seit er auf die Uni ging, hatte Tristan sich praktisch gar nicht mehr in Cornwall blicken lassen. Doch jetzt war er mal wieder im Lande. Greycove hatte sich wohl überlegt, mir diesen Sommer so richtig was zu bieten.
»Er kommt hierher«, hauchte Lisa und stieß mir ihren Ellenbogen in die Seite.
Tatsache: Seine Freunde im Schlepptau, schlenderte Tristan am Hafenbecken entlang in unsere Richtung. Wir bemühten uns um Coolness und versuchten, unbeeindruckt unser Eis weiterzulöffeln, das mittlerweile eher zu Unfrozen Yoghurt geworden war.
Ein paar Schritte vor uns blieb der Prideaux-Erbe stehen und nahm lässig seine Sonnenbrille ab. Dahinter kamen die eisblauen Augen zum Vorschein, die uns damals ganz schön viele schlaflose Nächte gekostet hatten. »Ladys«, grüßte er uns.
»Hi«, antwortete ich, hoffentlich ebenso lässig. Lisa saß stumm neben mir, wie das Kaninchen vor der Schlange.
Tristans Blick fiel auf die Becher in unseren Händen. Mit gespielter Missbilligung fragte er: »Eis? Am Vormittag? Ich dachte, ihr Mädels achtet immer so auf eure Linie!«
»Das ist Frozen Yoghurt«, informierte ich ihn hoheitsvoll. »Fettfrei und zuckerreduziert.« Ich grinste zu ihm hoch. »Genuss ohne Reue, Tristan.«
Er runzelte einen Moment die Stirn, dann erinnerte er sich. »Warte mal … Ella, richtig? Die aus Deutschland?«
Ich nickte.
Ziemlich unverhohlen musterte er mich von Kopf bis Fuß. »Hast dich verändert.«
Du wohl auch, dachte ich belustigt. Vor ein paar Jahren hast du uns nicht mal gegrüßt!
Sein Blick schweifte zu meiner Freundin und er hob anerkennend die Augenbrauen. »Du bist die Schwester von diesem Rowe, oder?«
»Lisa«, antwortete sie, ihre Stimme gut eine Oktave höher als sonst.
Er schenkte uns ein 100-Watt-Lächeln, drehte sich dann zu seinen Kumpels um. »Und ich warne euch noch, dass ihr in Greycove nur alte Fischweiber findet. Stattdessen bekommen wir ein erstklassiges Empfangskomitee!«
Die anderen lachten beifällig.
»Aber wo sind meine Manieren? Leute, das sind Ella und Lisa. Wir kennen uns von früher.« Er zwinkerte seinen Freunden zu, als ob er mehr als eine simple Bekanntschaft mit uns andeuten wollte. »Ladys: Der Rotschopf heißt Ralph, das blonde lange Elend ist Charles und das dünne Hemd mit den schwarzen Haaren ist Jacob. Wie ich alles Mitglieder im Oxford Fencing Club.«
»Die was zu feiern haben!«, ergänzte Ralph mit dröhnender Stimme und schlug Tristan kräftig auf die Schulter. »Der Kerl hier hat uns gerade den Sieg gegen die Poser von Cambridge erkämpft!«
»Ach, ihr fechtet?«, erkundigte ich mich interessiert.
Tristan nickte. »Lief ziemlich gut die letzten Jahre. Ich komme demnächst in die Auswahl für unsere Olympiamannschaft.«
»Wie cool!«, hauchte Lisa.
Ich war ebenfalls beeindruckt. »Na dann, herzlichen Glückwunsch!«
»Die Jungs hier sind aber auch nicht schlecht«, meinte Tristan gönnerhaft. »Ralph und Charles sind Spezialisten fürs Florett – das sind die Degen mit der ganz dünnen Klinge –, aber ich kämpfe mit dem Säbel. Familientradition. Tja, und Jacob …« Er grinste zu dem schwarzhaarigen Schlacks hinüber. »Jacob ist richtig gut im Taschentragen.« Seine Kumpel lachten, auch wenn Jacob das vermutlich nicht ganz so witzig fand.
Tristan schien einen Moment über etwas nachzudenken. Dann sagte er beiläufig: »Wie gesagt, wir haben was zu feiern. Deshalb schmeiße ich morgen Abend ’ne große Party auf unserem Anwesen. Wart ihr da eigentlich schon mal?«
Oft sogar, antwortete ich im Stillen, aber nur, weil wir uns hingeschlichen haben. Nicht auf deine Einladung hin.
Er wartete ohnehin keine Antwort ab, sondern fuhr nonchalant fort: »Fast der ganze Club wird da sein, na, und ein bisschen einheimische Füllmasse. Kommt doch auch!«
»Als Füllmasse?«, fragte ich ironisch.
»So war das nicht gemeint. Ich würde mich wirklich freuen.«
Ich blickte in seine eisblauen Augen und dachte an eine ganz andere Farbe. War das etwa der Grund, warum mich das Gespräch mit Tristan nicht so umwarf wie meine Freundin?
Blödsinn, entschied ich. Meine Schwärmerei für ihn war mit den Jahren einfach abgekühlt und meine erste echte Beziehung – oder vielmehr ihr Ende – hatte mich in puncto Traumprinzen etwas ernüchtert.
Lisa dagegen war kurz vor dem Schmelzpunkt und nicht wirklich sprechbereit. Also antwortete ich für uns beide: »Mal gucken, was unser Terminkalender sagt.«
Tristan nahm das als Ja. »Könnt auch noch wen mitbringen«, ergänzte er großzügig und zwinkerte uns zu. »Aber nur was Gutaussehendes, okay?«
Wow, charmant! Ich schnaubte spöttisch. Doch bevor ich den Spruch passend kommentieren konnte, wurde ich abgelenkt. An der gegenüberliegenden Seite des Hafens war etwas passiert, auf das keiner von uns geachtet hatte: Kenneths Kutter, die »Minnie«, war gerade eingelaufen und machte fest – im Schlepptau eine kleine weiße Segeljacht. Mehrere Leute standen am Kai und wirkten sehr aufgeregt. In diesem Moment bog ein Streifenwagen um die Ecke und fuhr langsam über das holprige Pflaster zu ihnen hinunter.
»Wahnsinn! Er macht ’ne Party! Und wir sind eingeladen!« Lisa war immer noch auf Planet Tristan, auch wenn der und seine Satelliten unsere Umlaufbahn bereits in Richtung Prideaux Hall verlassen hatten. Aber dann kam ihr ein Gedanke und das Strahlen wich einer verzweifelten Miene. »Mann, Kenny lässt mich da bestimmt nicht hin! Der ist grad voll sauer auf die Prideaux’ wegen der letzten Mieterhöhung. Und außerdem darf ich eh nie was Cooles allein machen …«
»Na und?«, murmelte ich abwesend. »Geh doch trotzdem, bist schließlich nicht mehr zwölf.«
»Du kommst aber mit, ja?«
»Mal sehen …« Gerade war ich mehr daran interessiert, was die Polizei in Greycove wollte. Das konnte doch nichts mit Aris zu tun haben, oder? »Lass uns mal rübergehen, okay?«
Wir schlenderten den Kai entlang in Richtung der beiden frisch eingetroffenen Boote. Mittlerweile hatte sich dort halb Greycove versammelt, und alles beobachtete neugierig, wie die Beamten an Bord der Segeljacht herumstöberten. Inmitten der Menschenmenge entdeckte ich Mr. Coad, den Hafenmeister, der sich wild gestikulierend wichtigmachte.
Auf halbem Wege kam uns Kenneth entgegen, Bart und Haare vom Wind zerzaust. Wie fast immer trug er Jeans und einen grauen, ausgeleierten Wollpullover. Als er Lisa und mich sah, leuchteten seine Augen auf. Im nächsten Moment steckte ich in einer bärigen Umarmung fest.
»Ella! Ich wusste gar nicht, dass du schon angekommen bist!«
»Ich hab dir vier Nachrichten geschickt«, moserte Lisa. »Wenn du mal auf dein Handy gucken würdest …«
»Ich kann die Dinger nicht ab, das weißt du genau«, knurrte Kenneth in ihre Richtung. »Diese winzigen Bedienfelder! Du mit deinen Babyhänden kommst damit vielleicht klar …«
Ich grinste und dachte: Schön, dass sich manche Dinge nie ändern.
Wie immer in Kenneths Nähe stieg ein warmes Gefühl der Vertrautheit in mir auf. Er war mehr großer Bruder als Kumpel für mich, doch im Gegensatz zu Lisa bekam ich seine brummige Seite so gut wie nie zu spüren. Na gut, ich sah ihn ja auch viel seltener – und mit echten Geschwistern kabbelt man sich eben mehr, wie die beiden gerade wieder bewiesen.
»Weißt du, es gibt da jetzt diese Senioren-Handys«, flötete Lisa, »mit extragroßen Tasten und gaaanz einfach zu bedienen. Vielleicht wär das was für dich?«
»Ich brauch eher eins mit automatischer Abschaltung – für dein Mundwerk!«, kam prompt die Antwort. »Und für deinen anderen Online-Quatsch gleich mit. Wir knapsen jeden Monat mit der Kohle, aber Prinzessin Lisa muss timbern …«
»Das heißt Tinder! Und das war kostenlos! Hab die App außerdem längst gelöscht, ich wollt ja nur mal gucken …«
»Eine wird gelöscht, zehn neue kommen dazu, alle gleich dämlich und überflüssig.« Er schaute grimmig, was bei seiner Statur und dem bärtigen Gesicht ganz schön bedrohlich wirkte, Lisa aber überhaupt nicht beeindruckte.
Dann jedoch fragte ich nach dem anderen Boot. Kenneth wurde schlagartig ernst.
»Ich war mit diesen Ami-Touristen draußen, kleine Angeltour«, berichtete er. »Die Jacht da haben wir ein paar Meilen nordwestlich von hier entdeckt. Trieb einfach vor sich hin, nur die Fock gesetzt, kein Mensch an Bord.« Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Das hab ich auch alles schon den Bullen gesagt. Die schieben’s auf den Sturm. Aber ich könnte schwören, ich hab das Boot gestern gesehen, und zwar bemannt. Nachmittags. Da hatten wir draußen nur noch wenig Wellengang, das sollte nicht mal Sonntagsskipper in Schwierigkeiten bringen. Na, das kriegen die schon raus.«
»Gibt’s Spuren an Bord?«, fragte ich beiläufig. Irgendwie bereitete mir die Geschichte ein mulmiges Gefühl.
»Ella Mortadella, CSI Greycove.« Kenneth grinste breit. »Was meinst du denn für Spuren? Einschusslöcher, Blutspritzer oder vielleicht ein mobiles Meth-Labor? Tut mir leid. Da waren nur zwei umgekippte Kaffeebecher. Schöne Sauerei.« Er warf Lisa einen scharfen Blick zu. »Das kommt davon, wenn man an Bord nicht immer anständig klariert. Kennst du ja auch.«
Sie streckte ihm die Zunge heraus.
Also sind mindestens zwei Personen an Bord gewesen, überlegte ich. Das mulmige Gefühl in meinem Magen hatte sich fest eingenistet, aber ich wusste nicht, was es mir sagen wollte. Konnte das verlassene Boot etwas mit Aris zu tun haben? Hatte man ihn dort festgehalten? Aber warum war dann jetzt niemand mehr an Bord? Ich schüttelte den Gedanken ab. Konkrete Anhaltspunkte gab es nicht und wilde Spekulationen halfen mir nicht weiter.
Stattdessen erinnerte ich mich an mein ursprüngliches Vorhaben und fragte Kenneth nach den Strömungen vor Greycove – vorgeblich, weil die Sturmflut Stewarts Schuppen erwischt hatte und ein paar der Bretter davongetrieben waren. Natürlich konnte er mir ein paar gute Tipps geben und versprach auch, sich bei seinen Kumpels umzuhören. Vielleicht hatte ja jemand ein Surfbrett aus dem Wasser gefischt.
Ich bedankte mich herzlich, doch Kenneth winkte ab – kein Thema, er müsse ja eh noch im Hafen bleiben, solange die Polizei auf den Booten herumschnüffelte.
Lisa und ich verabschiedeten uns mit unschuldiger Miene. Schließlich hatten wir noch eine Aufgabe: Wir mussten etwas klauen.