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Wenn Nasen bluten

Kleine Fallgeschichte

Johannes (5) und seine Väter Klaus (38) und Klaus (42) R., Norddeich

»So, Klaus, wo ist denn nu der Einkaufszettel?«

»Dem Jungen läuft die Nase, Klaus.«

»Ja, Klaus, ich weiß. So ein Schnupfen ab und an muss sein, von wegen dem Immunsystem. Hat uns der Doktor doch neulich erklärt. Damit seine kleinen weißen Zellen auch genuch Training kriegen. Einkaufszettel!«

Johannes zieht wie zur Bestätigung kräftig die Nase hoch.

»Ja, Johannes, der Papa bringt gleich frische Taschentücher mit. Stehen Taschentücher drauf, Klaus?«

»Ta-schen-tü-cher. Jawohl!«

»Schreib noch Nasentropfen dazu. Für kleine Kinder.«

»Tüllich.«

»Und, Klaus, einen Schnaps.«

»Einen … Schnaps? Spinnst du? Willst du dem Kleinen etwa … hör mal! Also, Klaus! Nachher kommt das Jugendamt!«

»Doch nicht für den Johannes, Mensch!«

»Oder du willst ihm mit Schnaps die Nase desinfizieren?«

»Nicht für Johannes, du Dummbüddel, sach ich doch! Mann, Klaus, der Kleine hat Schnupfen. Und was hat er noch?«

»Husten.«

»Und?«

»Einen warmen Kopf.«

»So, Klaus, nu denk doch mal na-hach … wie war das beim letzten Mal? Das Blut überall.«

»Ach, du meine Güte, Klaus, hör bloß auf, mich gruselt es jetzt noch! Aber da fällt mir ein – Tief-kühl-erb-sen.«

»Wa?«

»Na, wir brauchen Tiefkühlerbsen!«

»Lecker!«, kräht Johannes.

»Klaus, der Junge hat Schnupfen, und du denkst nur ans Essen!«

»Neeneenee, ich denke an das Nasenbluten – was Kaltes in den Nacken, weißte doch!«

»Ha, du bist aber schlau, Klaus!«

»Ja, gut, wenigstens einer … Und wozu nun der Schnaps?«

»Der ist für dich!«

»Für mich, Klaus?«

»Ja. Du kippst doch jedes Mal um, wenn du Blut siehst. Und dann so ein kleiner Schnaps, da bist du schnell wieder auf den Beinen.«

»Ach, Klaus, nu bin ich aber gerührt.«

»So, her jetzt mit dem Zettel!«

Manche Kinder neigen bei Erkältungen zu Nasenbluten. Und manche bluten auch ohne Schnupfen aus der Nase. Einfach so. Ganz plötzlich. Gern auch im Bett.

Nasenbluten ist vor allem im Winter häufig, wenn die Heizungsluft die Schleimhäute austrocknet und sie deswegen umso besser durchblutet sind. Der Hintergrund: Kalte Luft kann weniger Feuchtigkeit aufnehmen als warme. Wenn man nun kalte Luft mittels praktischer Heizung im Winter aufheizt, ist dort – relativ gesehen – NOCH weniger Feuchtigkeit enthalten. Sprich: Sie ist so trocken wie mancher Leute Humor. Was man daran merkt, dass man im Winter, wenn man sich viel drinnen aufhält, mehr Durst hat, öfter einen trockenen Hals und eben auch mal eine verstopfte Nase.

Die Nase hat den Job, die Luft für die Lunge schmackhaft zu machen. Und die Lunge hätte es gern feucht und staubfrei. Und – nicht zu vergessen – auch keimfrei. Keine Viren, keine Bakterien. Keine Pilze. Keine Erdnüsse. Keine Kaffeebohnen. Solche Dinge.

Feucht ist unter Heizungsbedingungen eine echte Herausforderung für unseren Gesichtserker. Die Nase hat zu diesem Zwecke von der Natur einen Haufen kleiner Drüsen verliehen bekommen, die ständig eine Flüssigkeit absondern, die im Idealfall einigermaßen flüssig, aber nicht zu flüssig und durchsichtig ist. Das Ganze im vertretbaren Rahmen, sodass dem zu der Nase gehörigen Menschen nicht ständig das Wasser aus der Gesichtsmitte läuft. Das nämlich wirkt aus einer Reihe von Gründen abschreckend auf andere Menschen und ist deshalb der Fortpflanzung nicht zuträglich.

Nur im Notfall (Erkältung) weicht die Nase davon ab, dann nämlich, wenn sie beschließt, dass »Luft anfeuchten« und »Andere-Menschen-nicht-Abschrecken« nicht mehr ihre Hauptaufgaben sind, weil die Lunge an diesem Haufen von garstigen Eindringlingen namens Viren maximal nicht interessiert ist und die Nase deshalb das »Rausspülprogramm« einschaltet.

Nämlich sprudelnden Fließschnupfen.

Zurück zum Normalfall. »Luft anfeuchten«. Bei trockener Luft sind die Drüsen maximal gefordert. So viel Strecke haben sie ja nicht, auch wenn bei manchen Menschen die Nasen recht imposant aussehen. Da muss schnell viel Feuchtigkeit in die Atemluft gepumpt werden. Also her mit der Durchblutung, schließlich braucht ja auch eine Drüse Sauerstoff und etwas zu futtern. Also erweitern sich die kleinen Adern in der Nase. Das bedeutet: mehr Blut in der Schleimhaut. Das bedeutet, die Nase schwillt zu und das kleine Adergeflecht vorne an der Nasenscheidewand, also dort, wo man noch ganz prächtig mit dem Finger hinkommt, schwillt ebenfalls an.

Und, plupps, platzt auch gern einmal.

Das ist bei Kindern die allerhäufigste Ursache für Nasenbluten, und es ist harmlos, sonst wären wir allesamt schon längst ausgestorben. Da Gesunde bei kleineren Verletzungen (und Nasenbluten) eine Reihe recht schnell funktionierender Reparaturmechanismen eingebaut haben (Blutgerinnung, kleine blutende Gefäße ziehen sich auch selbst wieder zusammen), verliert man im Normalfall nicht viel Blut. Außer man hat beispielsweise Bluthochdruck oder Gerinnungsstörungen, dann ist das eine andere Kiste, aber das ist bei Kindern zum Glück selten bis sehr selten. Trotzdem lässt man natürlich einen Nasenbluter nicht einfach vor sich hin tropfen, zumal Kinder gar nicht gut auf frei in der Gegend herumlaufendes Blut zu sprechen sind. Die meisten Eltern übrigens auch nicht.


Wichtig ist also

Verschlucktes Blut verursacht Übelkeit und führt gern mal zu Erbrechen. Also lässt man das Kind auf keinen Fall den Kopf in den Nacken legen. Denn dann sieht man zwar das Blut nicht mehr, aber das bedeutet ja nicht, dass es nicht DA ist.

Es ist nur eben woanders.

Im Magen.

Jedenfalls eine Zeit lang …

Man bringt das Kind dazu, sich vornüberzubeugen, und presst den weichen Teil der Nase (die Nasenflügel) zwischen Daumen und Zeigefinger kräftig zusammen, ebenso wie man auf eine blutende Stelle auf der Haut drücken würde. Zwei bis drei Minuten – denn so lang brauchen die Thrombozyten, um zu klumpen, die Gefäße, um sich zusammenzuziehen, und die ganzen Gerinnungsstoffe, um sich zur Gerinnungskaskade zu organisieren, also bis das Blut klumpt und das Loch verstopft.

Und nein, es ist wenig sinnvoll, nach ein paar Sekunden loszulassen und nachzusehen, ob es noch nicht aufgehört hat zu bluten. Zwei Minuten Minimum. Drücken. Punkt.

Unterstützend kann man etwas Kaltes in den Nacken legen, notfalls auch eine gut gekühlte Flasche Bier oder einen Beutel Tiefkühlerbsen, in ein Tuch eingewickelt. Aufgrund eines rätselhaften Reflexes sorgt Kälte im Nacken dafür, dass sich die Adern in der Nase zusammenziehen. Bitte nicht fragen, warum.

Und bitte geraten Sie beim Anblick des Blutstroms im Gesicht Ihres Nachwuchses nicht in Panik. Greifen Sie im Notfall – wie Klaus – zu bewährten Entspannungsmitteln und beruhigen Sie sich.

Läusealarm

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