Читать книгу Arbeits- und Organisationspsychologie - Annette Kluge - Страница 19
Wie verbreiten sich die effektiven Comps in einer organisationalen Population?
ОглавлениеEffektive Comps verdrängen weniger erfolgreiche, da sich die erfolgreichen Comps schneller verbreiten, z. B.
• indem Mitarbeiter/innen erfolgreicher Organisationen häufiger abgeworben werden und die Comps in die anwerbenden Organisationen übertragen,
• indem Mitarbeiter/innen aus Organisationen mit erfolgreichen Comps häufiger als Sprecher/in auf Konferenzen oder Meetings eingeladen werden,
• weil Organisationen mit erfolgreichen Comps eher ausspioniert werden,
• oder Universitätsprofessoren/innen häufiger die erfolgreichen Organisationen untersuchen als die weniger erfolgreichen und
• die erfolgreichen Comps durch die Beratungspraxis von Unternehmensberatern kopiert und verbreitet werden.
In der evolutionären Betrachtung (Evolutionary View) geht es ebenfalls um Variation und Selektion, jedoch in einer weitergefassten Betrachtung, z. B. ist sie expliziter darin zu erklären, wie Variation entsteht. Die Frage ist, ob Variation eher durch neu gegründete Organisationen entsteht oder durch bereits etablierte. Kann z. B. eine lang etablierte Organisation mit einer 100-jährigen Tradition, wie Siemens oder Daimler, sich selbst transformieren? Oder brauchte es ein Start-up wie Tesla, um die Elektromobilität für Käufer/innen attraktiv zu machen?
Mögliche Quellen von Variation sind (Huber, 2011)
a) umfeldbedingte Ereignisse, wie neue verfügbare Technologie (z. B. künstliche Intelligenz, das Internet, das Internet der Dinge, RFID Chips; Kap. 1.3),
b) machtvolle Akteure in der Organisation oder ihrer Nähe (z. B. ein/e neue/r Aufsichtsratsvorsitzende/r, auch als Reaktion auf unternehmerische Aktivitäten aus der eignen Organisation heraus, die zu Innovationen führen),
c) neue Mitglieder in der Organisation (z. B. ein/e neue/r Bereichsvorstand/vorständin, neue Manager/innen)
d) idiosynkratische pfadabhängige Weiterentwicklungen organisationaler Routinen (z. B. ein Verbesserungsvorschlag eines/r Mitarbeiter/in, wie eine Routine oder Geschäftsprozess vereinfacht werden kann)
Auch hinsichtlich der Adaptation und des Weiterbestehens von Populationen ist die Evolutionssichtweise elaborierter als die Sichtweise der Population Ecology. Populationen adaptieren sich, indem sie den Niedergang von anderen Organisationen beobachten, die andere Merkmale (Form/Struktur) aufweisen als die Organisationen, die überleben (Huber, 2011).
In der Praxis findet man diese Theorie in den Unternehmensberatungskonzepten und Managementmethoden, in denen es um »Benchmarking« geht, wieder. Beim Benchmarking mehrere Unternehmen miteinander verglichen, um die Merkmale einer Organisation zu identifizieren, die als Referenz für die optimale Form/Struktur der Leistungserbringung gelten kann. Dazu müssen Best Practices herausgearbeitet werden, die dann auf die eigene Organisation angewandt und in ihr implementiert werden soll.