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Bacon
ОглавлениеEin englischer Zeitgenosse von Galilei, Francis Bacon, teilte seine Abneigung gegen Aristoteles, doch war er stärker an der Theorie als an der Praxis der Wissenschaft interessiert. Bacon wurde 1561 in London geboren. Er studierte am Trinity College in Cambridge und erhielt eine juristische Ausbildung an den Inns of Court (Gray’s Inn). Im Jahre 1584 wurde er ins Parlament aufgenommen und wurde später zu einem Anhänger des Herzogs von Essex, dem Günstling von Königin Elizabeth. Als Essex 1598 einen Aufstand geplant hatte, übernahm Bacon eine führende Rolle bei seiner Anklage wegen Hochverrat. Als Jakob I. den englischen Thron bestieg, wurde Bacon Generalstaatsanwalt und in den Ritterstand erhoben. Seine erste umfangreichere philosophische Schrift, The Advancement of Learning (Über den Fortgang der Wissenschaften), bei der es sich um eine systematische Klassifikation der wissenschaftlichen Disziplinen handelte, veröffentlichte er 1606.
Der Höhepunkt von Bacons Karriere fiel in das Jahr 1618, als er zum Justizminister ernannt wurde und den Titel Lord Verulam erhielt. Er plante ein Werk von kolossalem Umfang, die Instauratio Magna, dessen Gegenstand die Gesamtheit des Wissens sein sollte. Nur zwei Teile dieses Werkes wurden vollendet: Der erste war eine Überarbeitung der Schrift über den Fortgang der Wissenschaften, der zweite das Novum Organum, sein Hauptwerk über wissenschaftliche Methode. Im Jahre 1621 gab er im Rahmen einer parlamentarischen Untersuchung zu, Bestechungsgelder angenommen zu haben, weshalb er in Ungnade fiel und kurzeitig inhaftiert wurde. Er schrieb noch weitere wissenschaftliche und historische Werke sowie die Essays, für die er heute am bekanntesten ist. Er starb 1626 in Highgate. Der Legende nach starb er als Märtyrer der Wissenschaft, da er sein Leben infolge von Experimenten zur Kühlung von Lebensmitteln verlor. Man sagt, er sei an einer Erkältung gestorben, die er sich zugezogen habe, als er ein Huhn mit Schnee füllte, um festzustellen, ob die Kälte die Verwesung des Fleisches aufhalten würde.
„Die Teile des menschlichen Wissens“, sagt Bacon im zweiten Buch von Über den Fortgang der Wissenschaften, „beziehen sich auf die drei Teile des menschlichen Verstandes, der der Sitz des Wissens ist: die Geschichte bezieht sich auf sein Gedächtnis, die Dichtung auf seine Einbildungskraft und die Philosophie auf seine Vernunft“ (AL 177). Die Dichtung, zu der nicht nur die Poesie, sondern auch fiktive Prosa gehört, behandelt Bacon nur oberflächlich. Die Art von Dichtung, die er am meisten bewundert, ist eine Erzählung mit einer moralischen Botschaft, wie zum Beispiel Äsops Fabeln. Auf die Geschichte und die Philosophie geht er jedoch ausführlich ein und nimmt innerhalb dieser Fächer weitere Unterteilungen vor.
Die wichtigsten Teile der Geschichte sind die Naturgeschichte und was Bacon als „civil history“ bezeichnet. Dies ist dasjenige, was wir heute unter Geschichte verstehen. Bacons Beitrag zur Geschichte in diesem Sinne war eine Darstellung der Regierungszeit von Heinrich VII. Die „Naturgeschichte“ ist ein Fach mit großem Umfang, das drei Teilbereiche enthält: die Geschichte der „Natur in ihrem normalen Ablauf, der irrenden und abweichenden Natur und der veränderten oder bearbeiteten Natur“. Sie umfasst demnach Abhandlungen über Naturwissenschaft, Berichte über wundersame Erscheinungen und technische Handbücher. Bacons Beitrag zur Naturgeschichte bestand aus zwei Sammlungen von Forschungsmaterial, einer Geschichte der Winde sowie einer Geschichte von Leben und Tod. Die Geschichte „der irrenden und abweichenden Natur“ sollte seiner Meinung nach auch Aufzeichnungen abergläubischer Erzählungen über Zauberei und Hexerei enthalten, um feststellen zu können, inwieweit dem Aberglauben zugerechnete Wirkungen natürlichen Ursachen zugeschrieben werden könnten. Der dritte Teilbereich, die „mechanische Geschichte“, war der für die Naturphilosophie fundamentalste und nützlichste Teil, dessen Wert Bacon zufolge vor allem in seiner praktischen Anwendung und Brauchbarkeit bestand.
Die Titelseite der Oxforder Ausgabe von Bacons Schrift Über den Fortgang der Wissenschaften (1640).
Bei seiner Einteilung der Philosophie sondert Bacon zunächst „göttliche Philosophie“ oder natürliche Theologie von ihr ab. Sie reicht seines Erachtens zwar aus, um den Atheismus zu widerlegen, jedoch nicht dazu, der Religion eine Gestalt zu verleihen. Anschließend unterteilt er die Philosophie in die Philosophie der Natur und die Philosophie des Menschen. Die Philosophie der Natur kann entweder spekulativ oder tätig sein: Die spekulative Variante umfasst sowohl Physik als auch Metaphysik, die tätige Variante Mechanik und Magie. Mechanik ist die praktische Anwendung der Physik, Magie die praktische Anwendung der Metaphysik.
Diese knappe und provokative Einteilung der Philosophie ist nicht so unproblematisch, wie es scheint, und viele der Bezeichnungen, die Bacon den verschiedenen Disziplinen gibt, werden auf recht eigenwillige Weise verwendet. Seine „natürliche Magie“, so lässt er uns wissen, müsse streng von den „leichtgläubigen und abergläubischen Einbildungen“ der Alchemie und Astrologie unterschieden werden. Es ist allerdings völlig unklar, was genau er damit meint: Das eine Beispiel, das er hierfür anzuführen scheint, ist der Schiffskompass. Doch warum, so können wir fragen, ist dies eine Sache der „Magie“ statt der „Mechanik“?
Eine Antwort auf diese Frage legt sich nahe, wenn wir lesen, dass sich die Physik mit den Wirk- und Stoffursachen der Dinge, die Metaphysik hingegen mit ihrer Zweck- und Formursache beschäftigt. Die Funktion des Segels, das dem Schiff seine Bewegung verleiht, fällt demnach in den Bereich der Physik, während die Funktion des Kompasses, der zur Richtungsbestimmung des Schiffes dient, in den Bereich der Metaphysik fällt. Bacon gibt zu, dass er den Begriff „Metaphysik“ auf neuartige Weise verwendet. Was andere als Metaphysik bezeichnen, nennt er „Erste Philosophie“ oder „summarische Philosophie“: Es handelt sich hierbei seiner Meinung nach um die Zusammenfassung sämtlicher allgemeiner Prinzipien, die nicht nur einer speziellen Disziplin angehören. (Ein Beispiel hierfür ist: „Wenn Gleiches Ungleichem hinzugefügt wird, ergibt sich Ungleiches.“ Dieser Grundsatz gilt seines Erachtens sowohl in der Jurisprudenz als auch in der Mathematik.)
Die Unterteilung in Physik und Metaphysik auf der Grundlage der vier aristotelischen Ursachen ist jedoch selbst irreführend. Bacons Schema für natürliche Magie lässt keinen Raum für Teleologie. Er sagt uns: „Die Untersuchung der Endursachen ist unergiebig und bringt, wie eine Gott geweihte Jungfrau, nichts hervor.“ Und wenn er von Formen spricht, denkt er nicht an Aristoteles’ substanzielle Formen – wie etwa die Form eines Löwen oder des Wassers –, da sie seiner Meinung nach zu vielgestaltig und kompliziert sind, um entdeckt werden zu können. Statt diese Formen zu studieren, sollten wir eher nach den einfacheren Formen suchen, aus denen sie sich zusammensetzen wie Wörter aus Buchstaben. Die Aufgabe der Metaphysik besteht darin, die einfacheren Formen zu untersuchen, die den einzelnen Buchstaben entsprechen:
„Nach den Formen der sinnlichen Wahrnehmung, der absichtlichen Bewegung, der Vegetation, der Farben, des Schweren und Leichten, der Dichte, des Dünnen, der Wärme und der Kälte und allen anderen Naturen und Qualitäten zu forschen, die wie ein Alphabet nur einen begrenzten Umfang haben und aus denen das (von der Materie getragene) Wesen aller geschaffenen Dinge jetzt besteht.“ (AL 196)
Verglichen mit den mathematischen Formen und Symbolen, von denen Galilei erklärte, sie stellten das Alphabet dar, in dem das Buch der Natur geschrieben sei, sind Bacons elementare Formen obskur. Wenn er von Formen sprach, wird er jedoch höchstwahrscheinlich an verborgene materielle Strukturen gedacht haben, die den beobachtbaren Erscheinungen und ihrem Verhalten zugrunde liegen.
So viel zur Naturphilosophie. Die Philosophie des Menschen, der andere große Zweig des Faches, besteht nach Bacon aus zwei Teilen: aus einem, der den Menschen isoliert („man segregate“), und aus einem, der ihn in Gemeinschaft („man congregate“) betrachtet. Zum ersten Teil gehören Anatomie, Physiologie und Psychologie, der zweite umfasst dasjenige, was wir heute als Sozialwissenschaften bezeichnen würden. Die detaillierten Unterteilungen, die von Bacon angeführt werden, wirken willkürlich und planlos. Zu den den Körper betreffenden Wissenschaften gehören Medizin, „Kosmetik“, Sport sowie die „lustvollen Künste“, wozu auch die Kunst gehört, jemandem einen Streich zu spielen. Das Studium des Wesens der Seele ist eine Sache der Theologie, doch es gibt auch einen Teil der Wissenschaft vom Menschen, der die Funktionen der Seele studiert. Diese zerfallen in zwei Untergruppen: Eine Gruppe gehört zum Verstand oder zur Vernunft, deren Funktion die Urteilsbildung ist, die andere gehört zum Willen oder zum Begehrungsvermögen, deren Funktion im Handeln oder im Ausführen von Absichten besteht. Doch wie verhält es sich mit der Einbildungskraft, die eine privilegierte Stellung in Bacons ursprünglicher Klassifikation der menschlichen Fähigkeiten hatte?
„Die Einbildungskraft ist ein Agent oder Bote beider Provinzen, sowohl der urteilsbildenden als auch der ausführenden. Denn die Sinne informieren die Einbildungskraft, bevor die Vernunft geurteilt hat: Und die Vernunft informiert die Einbildungskraft, bevor der Entschluss ausgeführt werden kann. Denn die Einbildungskraft geht der absichtlichen Handlung stets voraus. Dies stellt sicher, dass dieser Januskopf der Einbildungskraft verschiedene Gesichter hat. Das der Vernunft zugewandte Gesicht trägt den Aufdruck der Wahrheit, das der Handlung zugewandte Gesicht jedoch den Aufdruck des Guten.“ (AL 217)
Doch Bacon besteht darauf, dass die Einbildungskraft nicht die Dienerin der anderen Vermögen ist: Sie kann die Vernunft besiegen, und es ist dies, was im Falle des religiösen Glaubens geschieht.
Es wird deutlich, dass sich Bacon den Geist des Menschen als eine Art innere Gesellschaft vorstellt, wobei seine verschiedenen, in einer Verfassung verankerten Vermögen die Teilung der Gewalten respektieren. Bei der Behandlung der sozialen Wissenschaften im eigentlichen Sinne schlägt er eine weitere Dreiteilung vor, die den Zusammenschlüssen zum Zweck der Freundschaft, des Handels und der Regierung entsprechen. Die politische Theorie ist ein Teil der Zivilphilosophie, desjenigen Teils der Philosophie des Menschen, der von den Vorteilen handelt, die die Menschen aus dem Leben in einer Gemeinschaft ziehen.
Nachdem er seine Klassifikation abgeschlossen hat, kann Bacon sich rühmen: „Ich habe aus der Welt des Geistes einen kleinen Globus gemacht“ (AL 299). Die verschiedenen Wissenschaften, die in seinem umfangreichen Katalog vorkommen, befinden sich nicht alle auf demselben Stand der Entwicklung. Einige haben seiner Meinung nach einen Grad der Perfektion erreicht, andere sind jedoch mit Mängeln behaftet, während einige fast noch gar nicht existieren. Eine der mangelhaftesten Wissenschaften ist die Logik, und die Mängel der Logik schwächen auch andere Wissenschaften. Das Problem besteht darin, dass es der Logik an einer Theorie der wissenschaftlichen Entdeckung fehlt:
„Ebenso wie die Karibischen Inseln niemals entdeckt worden wären, wenn man nicht zuvor die Verwendung der Kompassnadel entdeckt hätte, obwohl das eine eine riesige Region und das andere eine kleine Bewegung ist, kann man es auch nicht seltsam finden, dass keine weiteren wissenschaftlichen Entdeckungen gemacht werden, solange die Kunst der Erfindung und Entdeckung selbst übergangen wird.“ (AL 219)
Bacon setzte es sich zum Ziel, diesen Mangel zu beheben und den wissenschaftlichen Forschern einen Kompass an die Hand zu geben. Hierin bestand die Aufgabe des Novum Organum.
Bacons Projekt, Disziplin in die Forschung einzuführen, hatte sowohl einen negativen als auch einen positiven Aspekt. Die erste negative Aufgabe des Forschers besteht darin, sich gegen die Einflüsse zu schützen, die Vorurteile in seine Beobachtungen einführen können. Bacon führt vier dieser Einflüsse an und bezeichnet sie als „Abgötter“, weil es sich dabei um Fetische handelt, die uns von der Wahrheitssuche ablenken können: Er unterscheidet zwischen den Abgöttern des Volkes, den Abgöttern des Arbeitszimmers, den Abgöttern des Marktplatzes und den Abgöttern des Theaters. Die Abgötter des Volks entsprechen Versuchungen, denen alle Menschen ausgesetzt sind, wie beispielsweise der Tendenz, die Dinge nach ihrem oberflächlichen Erscheinungsbild zu beurteilen, sich der gängigen Meinung anzuschließen und der Tendenz, die Natur anthropomorphisch zu deuten. Die Abgötter des Arbeitszimmers oder der Höhle entsprechen Eigenschaften des Temperaments einzelner Personen, die die Objektivität beeinträchtigen. Einige Menschen sind zum Beispiel zu konservativ, während andere zu schnell bereit sind, Neuigkeiten aufzugreifen. Jede Person verfügt über „ihre eigene individuelle Höhle, die das Licht der Natur bricht und verzerrt“. Die Abgötter des Marktplatzes (oder vielleicht „die Abgötter der Gerichtshöfe“ – idola fori) sind Fallstricke, die in der von uns verwendeten Sprache lauern, die bedeutungslose, zweideutige und ungenau definierte Wörter enthält. Die Abgötter des Theaters sind schließlich falsche Systeme der Philosophie, bei denen es sich um nichts anderes als Bühnenstücke handelt, die entweder „sophistisch“, wie das System des Aristoteles, oder „empirisch“, wie die der zeitgenössischen Alchimisten, oder „abergläubisch“ sind, wie die der Neuplatoniker, die Philosophie mit Theologie verwechseln.
Die positive Aufgabe des Forschers ist die Induktion, die Entdeckung wissenschaftlicher Gesetze durch die systematische Untersuchung besonderer Fälle. Soll es sich hierbei nicht um vorschnelle Verallgemeinerungen aufgrund einer unzureichenden Anzahl von Experimenten handeln, benötigen wir ein sorgfältig schematisiertes Verfahren, das uns zeigt, wie wir allmählich von Einzelfällen zu Axiomen zunehmender Allgemeinheit gelangen. Bacon schlägt eine Reihe detaillierter Regeln vor, die als Leitfaden für diesen Prozess dienen:
„Angenommen wir haben ein Phänomen X vor uns und wir wollen seine wahre Form oder seine Erklärung finden. Zunächst müssen wir eine Liste der Gegenwärtigkeiten aufstellen – d.h. eine Liste derjenigen Elemente A, B, C und D, die gegenwärtig sind, wenn X gegenwärtig ist. Sodann erstellen wir eine Liste der Abwesenheiten, der Elemente E, F, G, H, die gegenwärtig sind, wenn X abwesend ist. Drittens erstellen wir eine Liste der Abstufungen und zeichnen auf, dass J, K, L und M in höherem Maße anwesend sind, wenn X in höherem Maße anwesend ist, und zu einem geringeren Maße anwesend, wenn X in einem geringeren Maße anwesend ist.“
Dies ist lediglich der vorbereitende Schritt der Methode. Die wirkliche Arbeit der Induktion beginnt, wenn wir beginnen, bestimmte Elemente als Kandidaten der Form von X auszuschließen. Um infrage zu kommen, muss ein Kandidat in jedem Fall gegenwärtig sein, der in der Liste der Gegenwärtigkeiten verzeichnet ist, und abwesend in jedem Fall, der in der Liste der Abwesenheiten verzeichnet ist. Bacon veranschaulicht diese Methode anhand des Beispiels der Wärme. Wir listen zunächst Fälle auf, in denen Wärme gegenwärtig ist (zum Beispiel in den Strahlen der Sonne und den Funken eines Feuersteins), und Fälle, in denen sie abwesend ist (zum Beispiel in den Strahlen des Mondlichts und der Sterne). Da Licht in den Fällen gegenwärtig ist, die in der Liste der Abwesenheiten aufgeführt sind, können wir ausschließen, dass es sich bei Licht um die Form der Wärme handelt. Nach einigen zusätzlichen Schritten, in denen weitere Elemente ausgeschlossen werden, und unter Zuhilfenahme der Liste der Abstufungen (zum Beispiel der Beobachtung, dass die Körpertemperatur von Tieren umso mehr steigt, je mehr sie sich bewegen) gelangt Bacon zu der Schlussfolgerung, dass es sich bei Wärme um eine besondere Art der Bewegung handelt („eine expansive, kontrollierte Bewegung, die sich ihren Weg durch winzige Partikel bahnt“).
Die Reihe der Richtlinien, die Bacon im Novum Organum vorstellen wollte, hat er niemals abgeschlossen, und man kann nicht behaupten, dass sein System insgesamt eine „Logik der Induktion“ ausmacht. Er hat jedoch den wichtigen Gesichtspunkt formuliert, dass bei der Suche nach Gesetzmäßigkeiten negative Fälle bedeutsamer sind als positive. Philosophen des 20. Jahrhunderts waren bereit, ihm das Verdienst zuzubilligen, der Erste gewesen zu sein, der darauf hinwies, dass Naturgesetze nicht endgültig bewiesen, sondern lediglich eindeutig widerlegt werden können.
Der Nachdruck, den Bacon auf die Bedeutung präziser und wiederholter Beobachtungen legte, ging Hand in Hand mit der Einsicht, dass in den Naturwissenschaften nur dann voranzukommen sei, wenn sie zu einem umfassenden kooperativen Unternehmen würden. In seiner Schrift New Atlantis, einem unvollendeten Fragment, das erst nach seinem Tode veröffentlicht wurde, geht eine Schiffsmannschaft auf einer Südseeinsel an Land, auf der es eine bemerkenswerte, als Salomons Haus bezeichnete Institution gibt. Sie erweist sich als eine wissenschaftliche Einrichtung, in der Forscher zusammenarbeiten, um Bacons utilitaristisches Ideal der Wissenschaft zu verkörpern, nach der sie eine Erweiterung der Herrschaft des Menschen über die Natur zur Verbesserung der Menschheit ist. Zu ihren Projekten zählen Pläne für Telefone, U-Boote und Flugzeuge. Der Direktor des Institutes beschreibt seinen Zweck auf folgende Weise:
„Das Ziel unserer Stiftung ist die Erkenntnis der Ursachen und geheimen Bewegungen der Dinge sowie der Erweiterung der Grenzen des menschlichen Herrschaftsbereichs, um alle möglichen Dinge Wirklichkeit werden zu lassen.“ (B 480)
Salomons Haus war eine utopische Fantasie, doch sie erhielt ein Gegenstück in der realen Welt, als Bacons Landsleute 35 Jahre nach der Veröffentlichung von New Atlantis die Royal Society of London gründeten.
1 Anm. d. Übers.: Im englischen Sprachraum entspricht der Begriff Humanities einem Oberbegriff, der unter anderem Altertumswissenschaft, Geschichte, Sprachen, Literaturwissenschaft und Philosophie umfasst. Er ist mit dem Begriff Humanwissenschaften nicht identisch, da auch die Kunstwissenschaft zu den Humanities gezählt wird.
2 Die politische Philosophie von Machiavelli und Thomas Morus wird in Kapitel 9 ausführlich erörtert.
3 Zum Unterschied zwischen der Freiheit [der] Spontaneität und [der] Indifferenz vgl. Band I, 210.
4 Vgl. Band II, 251, 277.
5 „Gaynsaying shewsayes are two shewsayes, the one a yeasaye and the other a naysaye, changing neither foreset, backset nor verbe.“ (W. and M. Kneale, The Development of Logic [Oxford: Clarendon Press, 1979], 299.)
6 Zitiert nach: O. Chadwick, The Reformation (Harmondsworth: Penguin, 1964), 402.
7 Montaignes skeptische Argumente werden in Kapitel 4 erörtert. Vgl. auch Band I, 189.
8 Vgl. Band II, 119.
9 Vgl. Band II, 67.
10 Suárez’ Metaphysik wird in Kapitel 6 und seine politische Theorie in Kapitel 9 ausführlicher erörtert.
11 Molinas Theorie des „mittleren Wissens“ wird in Kapitel 10 ausführlich erörtert.
12 Vgl. Band II, 186.
13 Galileis System trug Keplers Entdeckung der elliptischen Form der Planetenumlaufbahnen nicht Rechnung. Diese Kenntnis war erforderlich, um die entsprechende Vereinfachung des heliozentrischen Systems zu erreichen.