Читать книгу Ein Herz erlischt - Antje Wagner-Kolar - Страница 4
1 Prolog
ОглавлениеEigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, den Lesern ein Vorwort zu ersparen – dieses ist es nämlich, das ich selbst, wenn ich ein neues Buch zu lesen beginne, fast immer überspringe, da mich nicht die Gedanken des Autors zu dem Werk interessieren, sondern das Buch an sich. Jedoch komme ich nicht umhin, trotzdem - sozusagen als Aufwärmung (oder aus Angst vor dem Beginnen?) -kurz Anlauf zu nehmen.
Vielleicht ist es auch nur eine Rechtfertigung. Warum befasse ich mich mit der Literatur des 19. und angehenden 20. Jahrhunderts? Sollte ich nicht lieber die aktuellen Bestsellerlisten hoch- und runterlesen, anstatt mich mit alten Schmökern zu beschäftigen? Nein. Aufgrund des mickrigen Lehrplans in der Schule hatte ich schon immer das Gefühl, etwas – was die Allgemeinbildung anbelangt – nachholen zu müssen, und habe mich so später über Jahre hinweg sehr intensiv mit den Klassikern der Weltliteratur auseinandergesetzt. Festgestellt habe ich dabei, dass mich Werke von Dostojewski, Kafka oder Proust viel tiefer berührt haben als sagen wir mal ein „neuer Frauenroman“, wie er heute zuhauf in Bücherstuben und sogar in Supermärkten zu finden ist.
In dieser Zeit des intensiven Lesens bin ich immer wieder auf Autoren – sehr junge Autoren – gestoßen, die früh und auf tragische Weise das Leben verließen und so ihrem Gesamtkunstwerk lediglich einen Hauch einflößen konnten, und wir heute nur erahnen können, welche große Literatur uns durch ihr frühes Dahinscheiden entgangen ist.
An diese Autoren möchte ich mit meinem Buch erinnern. Beginnen werde ich mit der Romantik, der „Blauen Blume“, da sie der Auslöser für unglaublich viele Suizide unter den Schriftstellern war. Enden werde ich mit dem Expressionismus, denn nicht nur erhöhte Vorstellungen und Ideale, wie sie in der Romantik auftraten, führten zu Verzweiflungstaten – auch der 1. Weltkrieg gebar tragische Gestalten in der Literaturwelt. Kann ein Buch die Welt verändern? Ja – die des Lesers. Und somit hoffe ich, dass ich Ihre Lust auf Bücher, lieber Leser, weiter anfachen kann und Sie vielleicht – so wie ich – auch einen der gleich benannten Schriftsteller in Ihr Herz schließen werden. Auch wenn seines bereits längst erlosch.
Antje Wagner-Kolar