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4 Biedermeier (ca. 1815-1848)

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Die Zeit des Biedermeier war vor allem von den Minarchisten und ihrem so genannten „Nachtwächterstaat“ geprägt, wie ihn Ferdinand Lassalle nannte. Soll heißen, dass das Ideal eines Staates – verkörpert durch den Schutz des Eigentums und das Lenken der individualistischen Handlungen durch die Selbstregulierung des Marktes – zu verspotten sei. Da ein Sozialstaat noch nicht existierte, fielen viele Familien aufgrund von Invalidität, Arbeitslosigkeit oder Alter in eine derartige soziale Not, dass selbst die Kinder arbeiten gehen mussten, um die Familie am Überleben zu halten. Der Liberalismus verlangte, dass jeder für sich selbst zu sorgen hatte – egal um welchen Preis.

Auch die oben schon genannten Karlsbader Beschlüsse fielen in die Zeit des Biedermeier und führten u. a. auch zu den Auflösungen der Burschenschaften und einem misstrauischen Spitzelwesen, das hinter jeder Ecke eine erneute Revolution erwartete. Die Gesellschaft zog sich zurück in ihre private Idylle (sofern vorhanden) und ließ bereits jetzt ein Nationalbewusstsein entstehen, welches später noch ungesunde Auswüchse hervorbringen sollte. Treuherziges Spießbürgertum und die Verehrung der Klassik prägten diese Epoche.

Das Urwerk dieser Zeit ist wohl „Mimili“ von Heinrich Clauren (1815/16). Die eigentlich recht banale Erzählung einer Liebesgeschichte zwischen einem deutschen Offizier und einer Bergbauerntochter war ein Erfolg auf allen Ebenen und sorgte gleichzeitig für „Skandal“-Ausrufe und endlose Kritiken. Clauren würde den schlichten Roman lediglich durch Erotisierung wieder für die Leser interessant machen. Scheint aber funktioniert zu haben…

Die eigentliche Abgrenzung im Biedermeier von der noch vor kurzem vorherrschenden Zügellosigkeit formulierte Adalbert Stifter als „Sanftes Gesetz“ folgendermaßen:

„[…] So wie es in der äußeren Natur ist, so ist es auch in der inneren, in der des menschlichen Geschlechtes. Ein ganzes Leben voll Gerechtigkeit, Einfachheit, Bezwingung seiner selbst, Verstandesgemäßheit, Wirksamkeit in seinem Kreise, Bewunderung des Schönen verbunden mit einem heiteren gelassenen Sterben halte ich für groß: mächtige Bewegungen des Gemütes, furchtbar einherrollenden Zorn, die Begier nach Rache, den entzündeten Geist, der nach Tätigkeit strebt, umreißt, ändert, zerstört und in der Erregung oft das eigene Leben hinwirft, halte ich nicht für größer, sondern für kleiner, da diese Dinge so gut nur Hervorbringungen einzelner und einseitiger Kräfte sind, wie Stürme, Feuer speiende Berge, Erdbeben. Wir wollen das sanfte Gesetz zu erblicken suchen, wodurch das menschliche Geschlecht geleitet wird.“ (Vorrede zu Stifters „Bunte Steine“)

Dass Stifter sich 1868 das Leben nahm, indem er sich die Halsschlagader mit einem Messer durchschnitt, steht auf einem anderen Blatt Papier geschrieben und zeigt das Scheitern der „ewigen Harmonie“ auf seine eigene traurige Art.

Das resignierende Volk – es sah, dass es keinen Einfluss mehr auf die Staatsmächte ausüben konnte – entwickelte ein starkes Bedürfnis nach Ordnung, Ruhe und innerem Frieden, ersetzte das freie Gedankentum der Revolutionszeit durch Mäßigung und Unterwerfung. Die Liebe zum Alltäglichen, zum Kleinen, wurde in der Literatur verkörpert: Adalbert Stifters „Der Nachsommer“, Naturgedichte von Eduard Mörike oder Annette von Droste-Hülshoffs „Die Judenbuche“ sind typische Werke für diese Zeit, um hier nur einige zu nennen.

Hinter der konventionellen und harmoniegeschwängerten Hülle birst es jedoch schon, es rumort und am Ende des Biedermeiers wird die Märzrevolution stehen.


„Zimmerbild“ Leopold Zielcke (ca. 1825)

Ein Herz erlischt

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