Читать книгу Die großen Klassiker der Antike - Aristoteles - Страница 36

Оглавление
Jener sprach’s; ihm erwiderte nichts der gewaltige Hektor.Aber Helena sprach mit hold liebkosenden Worten: O mein Schwager, des schnöden, des unheilstiftenden Weibes!
345 Hätte doch jenes Tags, da zuerst mich die Mutter geboren,Ungestüm ein Orkan mich entführt auf ein ödes Gebirg’ hin,Oder hinab in die Wogen des weitaufrauschenden Meeres,Daß mich die Woge verschlang’, eh solche Taten geschahen!Aber nachdem dies Übel im Rat der Götter verhängt ward;
350 Wär’ ich wenigstens doch des besseren Mannes Gemahlin,Welcher empfände die Schmach und die kränkenden Reden der Menschen!Dem ist jetzo kein Herz voll Männlichkeit, noch wird hinfort ihmSolches verliehn; und ich meine, genießen werd’ er der Früchte!Aber o komm doch herein, und setze dich hier auf den Sessel,
355 Schwager; dieweil dir am meisten die Arbeit liegt an der Seele,Um mich schändliches Weib und die Freveltat Alexandros:Welchen ein trauriges Los Zeus sendete, daß wir hinfort auchBleiben umher ein Gesang der kommenden Menschengeschlechter! Ihr antwortete drauf der helmumflatterte Hektor:
360 Heiße mich, Helena, nicht so freundlich sitzen; ich darf nichtDenn schon dringt mir das Herz mit Heftigkeit, daß ich den TroernHelfe, die sehnsuchtsvoll nach mir Abwesenden umschaun.Aber du muntere diesen nur auf, auch treib’ er sich selber;Daß er noch in den Mauren der Stadt mich wieder erreiche.
365 Denn ich will in mein Haus zuvor eingehn, um zu schauenMein Gesind’, und das liebende Weib, und das stammelnde Söhnlein.Denn wer weiß, ob ich wieder zurück zu den Meinigen kehre,Oder jetzt durch der Danaer Hand mich die Götter bezwingen. Dieses gesagt, enteilte der helmumflatterte Hektor.
370 Bald erreicht’ er darauf die wohlgebauete Wohnung.Doch nicht fand er die schöne Andromache dort in den Kammern;Sondern zugleich mit dem Kind und der Dienerin, schönes Gewandes,Stand sie annoch auf dem Turm, und jammerte, seufzend und weinend.Als nun Hektor daheim nicht fand die untadliche Gattin,
375 Trat er zur Schwelle hinan, und rief den Mägden des Hauses: Auf wohlan, ihr Mägde, verkündiget schnell mir die Wahrheit. Wohin ging die schöne Andromache aus dem Palaste?Ob sie zu Schwestern des Manns, ob zu stattlichen Frauen der Schwäger,Oder zum Haus Athenens sie eilete, wo auch die andern
380 Lockigen Troerinnen die schreckliche Göttin versöhnen? Ihm antwortete drauf die emsige Schaffnerin also: Hektor, weil du gebeutst, die Wahrheit dir zu verkünden;Nicht zu Schwestern des Manns, noch zu stattlichen Frauen der Schwäger,Oder zum Haus Athenens enteilte sie, wo auch die andern
385 Lockigen Troerinnen die schreckliche Göttin versöhnen;Sondern den Turm erstieg sie von Ilios, weil sie gehöret,Daß der Achaier Macht siegreich die Troer bestürme.Eben geht sie hinaus mit eilendem Schritte zur Mauer,Einer Rasenden gleich; und die Wärterin trägt ihr das Kind nach.
390 Also sprach zu Hektor die Schaffnerin; schnell aus der Wohnung Eilt’ er den Weg zurück durch die wohlbebaueten Gassen.Als er das skäische Tor, die gewaltige Feste durchwandelnd,Jetzo erreicht, wo hinaus sein Weg ihn führt’ ins Gefilde;Kam die reiche Gemahlin Andromache eilendes Laufes
395 Gegen ihn her, des edlen Eëtions blühende Tochter:Denn Eëtion wohnt’ am waldigen Hange des Plakos,In der plakischen Thebe, Kilikiens Männer beherrschend,Und er vermählte die Tochter dem erzumschimmerten Hektor,Diese begegnet’ ihm jetzt; die Dienerin aber ihr folgend
400 Trug an der Brust das zarte, noch ganz unmündige Knäblein;Hektors einzigen Sohn, dem schimmernden Sterne vergleichbar.Hektor nannte den Sohn Skamandrios, aber die andernNannten Astyanax ihn, denn allein schirmt’ Ilios Hektor.Siehe mit Lächeln blickte der Vater still auf das Knäblein,
405 Aber neben ihn trat Andromache, Tränen vergießend,Drückt’ ihm freundlich die Hand, und redete, also beginnend: Trautester Mann, dich tötet dein Mut noch! und du erbarmst dich Nicht des stammelnden Kindes, noch mein des elenden Weibes,Ach bald Witwe von dir! denn dich töten gewiß die Achaier,
410 Alle daher dir stürmend! Allein mir wäre das beste,Deiner beraubt, in die Erde hinabzusinken; denn weiterIst kein Trost mir übrig, wenn du dein Schicksal vollendest,Sondern Weh! und ich habe nicht Vater mehr noch Mutter!Meinen Vater erschlug ja der göttliche Streiter Achilleus,
415 Und verhehrte die Stadt, von kilikischen Männern bevölkert,Thebe mit ragendem Tor: den Eëtion selber erschlug er,Doch nicht nahm er die Waffen; denn graunvoll war der Gedank’ ihm;Sondern verbrannte den Held mit dem künstlichen Waffengeschmeide,Häufte darauf ihm einmal; und rings mit Ulmen umpflanzten’s
420 Bergbewohnende Nymphen, des Ägiserschütterers Töchter.Sieben waren der Brüder mir dort in unserer Wohnung;Diese wandelten all’ am selbigen Tage zum Aïs;Denn sie all’ erlegte der mutige Renner AchilleusBei weißwolligen Schafen und schwerhinwandelnden Rindern.
425 Meine Mutter, die Fürstin am waldigen Hange des Plakos,Führet’ er zwar hieher mit anderer Beute des Krieges;Doch befreit’ er sie wieder, und nahm unendliche Lösung:Aber sie starb durch Artemis Pfeil im Palaste des Vaters.Hektor, siehe du bist mir Vater jetzo und Mutter,
430 Und mein Bruder allein, o du mein blühender Gatte!Aber erbarme dich nun, und bleib’ allhier auf dem Turme!Mache nicht zur Waise das Kind, und zur Witwe die Gattin!Stelle das Heer dorthin bei dem Feigenbaume; denn dort istLeichter die Stadt zu ersteigen, und frei die Mauer dem Angriff.
435 Dreimal haben ja dort es versucht die tapfersten Krieger,Kühn um die Ajas beid’, und den hohen Idomeneus strebend,Auch um des Atreus’ Söhn’, und den starken Held Diomedes:Ob nun jenen vielleicht ein kundiger Seher geweissagt,Oder auch selbst ihr Herz aus eigener Regung sie antreibt.
440 Ihr antwortete drauf der helmumflatterte Hektor: Mich auch härmt das alles, o Trauteste; aber ich scheueTrojas Männer zu sehr, und die saumnachschleppenden Weiber,Wenn ich hier, wie ein Feiger, entfernt das Treffen vermeide.Auch verbeut es mein Herz; denn ich lernete tapferes Mutes
445 Immer zu sein, und voran mit Trojas Helden zu kämpfen,Schirmend zugleich des Vaters erhabenen Ruhm, und den meinen!Zwar das erkenn’ ich gewiß in des Herzens Geist und Empfindung:Einst wird kommen der Tag, da die heilige Ilios hinsinkt,Priamos selbst, und das Volk des lanzenkundigen Königs.
450 Doch nicht kümmert mich so der Troer künftiges Elend,Nicht der Hekabe selbst, noch Priamos auch des Beherrschers,Noch der Brüder umher, die dann, so viel und so tapfer,All’ in den Staub hinsinken, von feindlichen Händen getötet:Als wie dein’s, wenn ein Mann der erzumschirmten Achaier
455 Weg die Weinende führt, der Freiheit Tag dir entreißend;Wenn du in Argos webst für die Herrscherin, oder auch mühsamWasser trägst aus dem Quell Hypereia, oder Messeïs,Sehr unwilliges Muts; doch hart belastet der Zwang dich!Künftig sagt dann einer, die Tränenvergießende schauend:
460 Hektors Weib war diese, des tapfersten Helden im VolkeRossebezähmender Troer, da Ilios Stadt sie umkämpften!Also spricht man hinfort; und neu erwacht dir der Kummer,Solchen Mann zu vermissen, der retten dich könnt’ aus der Knechtschaft!Aber es decke mich Toten der aufgeworfene Hügel,
465 Eh’ ich deines Geschreies vernehm’, und deiner Entführung! Also der Held, und hin nach dem Knäblein streckt’ er die Arme; Aber zurück an den Busen der schöngegürteten AmmeSchmiegte sich schreiend das Kind, erschreckt von dem liebenden Vater,Scheuend des Erzes Glanz, und die flatternde Mähne des Busches,
470 Welchen es fürchterlich sah von des Helmes Spitze herabwehn.Lächelnd schaute der Vater das Kind, und die zärtliche Mutter.Schleunig nahm vom Haupte den Helm der strahlende Hektor,Legete dann auf die Erde den schimmernden; aber er selberKüßte sein liebes Kind, und wiegt’ es sanft in den Armen;
475 Dann erhob er die Stimme zu Zeus und den anderen Göttern: Zeus und ihr anderen Götter, o laßt doch dieses mein Knäblein Werden dereinst, wie ich selbst, vorstrebend im Volk der Troer,Auch so stark an Gewalt, und Ilios mächtig beherrschen!Und man sage hinfort: Der ragt noch weit vor dem Vater!
480 Wann er vom Streit heimkehrt, mit der blutigen Beute beladenEines erschlagenen Feinds! Dann freue sich herzlich die Mutter! Jener sprach’s, und reicht’ in die Arme der liebenden Gattin Seinen Sohn; und sie drückt’ ihn an ihren duftenden Busen,Lächelnd mit Tränen im Blick; und ihr Mann voll inniger Wehmut
485 Streichelte sie mit der Hand, und redete, also beginnend: Armes Weib, nicht mußt du zu sehr mir trauren im Herzen! Keiner wird gegen Geschick hinab mich senden zum Aïs.Doch dem Verhängnis entrann wohl nie der Sterblichen einer,Edel oder geringe, nachdem er einmal gezeugt ward.
490 Doch zum Gemach hingehend besorge du deine Geschäfte,Spindel und Webestuhl, und gebeut den dienenden Weibern,Fleißig am Werke zu sein. Der Krieg gebühret den MännernAllen, und mir am meisten, die Ilios Feste bewohnen. Als er dieses gesagt, da erhob der strahlende Hektor
495 Seinen umflatterten Helm; und es ging die liebende GattinHeim, oft rückwärts gewandt, und häufige Tränen vergießend.Bald erreichte sie nun die wohlgebauete WohnungHektors des Männervertilgers, und fand die Mägd’ in der KammerViel an der Zahl; und allen erregte sie Kummer und Tränen.
500 Lebend noch ward Hektor beweint in seinem Palaste;Denn sie glaubten gewiß, er kehre nie aus der FeldschlachtWieder heim, der Achaier gewaltigen Händen entrinnend. Paris auch zauderte nicht in der hochgewölbeten Wohnung; Sondern sobald er in Waffen von strahlendem Erz sich gehüllet,
505 Eilt’ er daher durch die Stadt, den hurtigen Füßen vertrauend.Wie wenn im Stall ein Roß, mit Gerste genährt an der Krippe,Mutig die Halfter zerreißt, und stampfendes Laufs in die FelderEilt, zum Bade gewöhnt des lieblich wallenden Stromes,Trotzender Kraft; hoch trägt es das Haupt, und rings an den Schultern
510 Fliegen die Mähnen umher; doch stolz auf den Adel der Jugend,Tragen die Schenkel es leicht zur bekannteren Weide der Stuten:Also wandelte Paris daher von Pergamos Höhe,Priamos’ Sohn, umstrahlt von Waffenglanz, wie die Sonne,Freudiges Muts; und es flogen die Schenkel ihm. Eilend nun hatt’ er
515 Hektor den Bruder erreicht, den Erhabenen, als er sich wendenWollte vom Ort, wo vertraulich mit seinem Weib’ er geredet.Also begann zu jenem der göttliche Held Alexandros: Wahrlich, mein älterer Bruder, dich Eilenden hielt ich zu lange Zaudernd auf, und kam nicht ordentlich, wie du befahlest.
520 Ihm antwortete drauf der helmumflatterte Hektor: Guter, dir darf kein sterblicher Mann, der Billigkeit achtet,Tadeln die Werke der Schlacht, du bist ein tapferer Streiter.Oft nur säumest du gern, und willst nicht. Aber es kränkt mirInnig das Herz, von dir die schmähliche Rede zu hören
525 Unter dem troischen Volk, das um dich so manches erduldet.Komm, dies wollen hinfort wir berichtigen, wann uns einmal ZeusGönnen wird, des Himmels unendlich waltenden GötternDankend den Krug zu stellen der Freiheit in dem Palaste,Weil wir aus Troja verjagt die hellumschienten Achaier.
Die großen Klassiker der Antike

Подняться наверх