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Systematische Sprachförderung als dynamischer Prozess

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In der Debatte um die Integration von schulpflichtigen Flüchtlings- und Migrantenkindern gilt Hamburg in seinem Engagement als eines der Vorbilder unter den deutschen Bundesländern. Die Sprachförderung an den dortigen Schulen stützt sich auf zwei Pfeiler: einerseits auf das 2006 verabschiedete Hamburger Sprachförderkonzept sowie anderseits auf die Erarbeitung eines schulspezifischen »Sozialindex«. Je nach Zusammensetzung der Schülerschaft entscheidet dieser etwa über die Größe der Klassen beziehungsweise die Zuteilung von Lehrerstunden und Unterstützungspersonal.

Hamburg ist nach eigener Aussage das Bundesland mit dem höchsten Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. So hatten in der Schuljahresstatistik 2015 fast 46 Prozent der Grundschullernenden einen Migrationshintergrund, das heißt, dass sie selbst oder mindestens ein Elternteil im Ausland geboren sind. Insgesamt, also in allen Klassen 1 bis 10, kamen 2015 mehr als 43 Prozent aller Schülerinnen und Schüler aus einer zugewanderten Familie (vgl. Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg 2015).

Für Hamburg ist die Sprachförderung also schon wegen der Anzahl zugewanderter Schülerinnen und Schüler von besonderer Relevanz. Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt, wie wichtig eine dynamische Anpassung der Konzepte an den Bedarf der Lernenden ist.

Internationale, nationale und Hamburger Schulleistungsuntersuchungen ergaben nämlich um 2005 »gravierende Lernrückstände von Schülerinnen und Schülern aus bildungsfernen Elternhäusern, insbesondere auch solchen mit einem Migrationshintergrund« (Büchel 2011: 61). Die Defizite in der deutschen Sprache wirkten sich auf alle anderen Fächer aus und verhinderten eine sinnvolle Bildungsteilhabe. Die Mängel waren unter anderem das Ergebnis eines 20 Jahre lang geltenden »Deutschintensiv- und -förderunterrichtes« in Hamburg. Darin richtete sich die Bemessung der Fördermittel nicht nach dem individuellen Bedarf der Schülerinnen und Schüler, sondern nach der Anzahl Kinder pro Schule, die keine deutsche Staatsangehörigkeit hatten und eine »Aufenthaltsdauer in einer deutschen Schule unter vier Jahren« (vgl. Büchel 2011: 61). Die Fördermittel waren demnach zeitlich befristet, was an der Realität vieler Lernenden offenbar vorbeiging.

Deshalb bündelte der Hamburger Senat in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung 2006 alle Maßnahmen in einem neuen Sprachförderkonzept, das bundesweit einzigartig ist und bis heute angewendet wird. Es zeichnet sich durch die konsequente Verschränkung der Sprachförderung von der vorschulischen Erziehung bis zum Ende der Sekundarstufe I aus. Das Konzept basiert grundsätzlich auf einer integrativen Sprachförderung in den einzelnen Fächern, wird aber auch durch zusätzliche Sprachförderung begleitet. Das Ziel des Hamburger Sprachförderkonzepts ist die Verbesserung der Lese-, Schreib- und Sprachkompetenz aller Kinder und Jugendlichen als eine der Basiskompetenzen für den Schulerfolg und den Übertritt in die Ausbildung. Außerdem systematisiert es die Sprachstandsdiagnostik und gewährleistet eine höhere Verbindlichkeit der Fördermaßnahmen durch Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen der zuständigen Behörde und den Schulen sowie durch ein Systemmonitoring, das den Prozess der Implementierung und die einzelnen Maßnahmen evaluiert (Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg 2006). Das Konzept wurde kontinuierlich weiterentwickelt und passte sich zum Beispiel den Entwicklungen im Ganztagsbetrieb oder der Inklusion an.

Die Flüchtlinge sind da!

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