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Die Sicht eines Bankvolkswirts
Оглавление31. Januar 2012
Wenn der Chefvolkswirt der Deutschen Bank spricht, darf man schon kritisch sein. So hat auch der Blogger Wirtschaftsphilosoph alles Recht, die Rede Thomas Mayers auf dem Kongress “Ökonomie neu denken” letzte Woche in Frankfurt zu kritisieren.
Wenn man allerdings eine Rede kritisiert, sollte man sie auch vollständig gehört haben, entweder live oder (das Internet macht es möglich) den Audio-Mitschnitt. Der Wirtschaftsphilosoph stützt seine Kritik jedoch lediglich auf einen Handelsblattartikel über Thomas Mayers Rede. Das ist schade, denn ein Zeitungsartikel muss natürlich stark vereinfachen und verkürzen.
Anders als der Wirtschaftsphilosoph unterstellt, hat Thomas Mayer nicht einfach verloren gegangenes Vertrauen als Ursache der Finanzkrise ausgemacht. Stattdessen hat er zwei heterodoxe Theorien vorgestellt, die auf die Finanzkrise gut anwendbar sind. Zum einen die Krisentheorie von Hyman Minsky, zum anderen die Konjunkturtheorie der österreichischen Schule.
Minsky erklärt in seiner Theorie Spekulationsblasen. Sie entstehen, wenn etwa Immobilienkredite nur noch in der Hoffnung auf zukünftige Wertsteigerungen der Immobilie vergeben werden. Und sie platzen, wenn sich diese Hoffnung nicht mehr erfüllt. Die “Österreicher” andererseits, insbesondere Friedrich August von Hayek, beschreiben, wie im Boom volkswirtschaftlich unrentable Investitionen vorgenommen werden, weil ihre Finanzierung dank niedriger Zinsen zu einfach ist.
Schwieriger tat sich dann Mayer in der Tat bei den Lösungsvorschlägen. Folgt man von Hayek, kommt man kaum darum herum, die im Boom getätigten “Überinvestitionen” wieder zu liquidieren. Das bedeutet im Endeffekt Firmenpleiten und Massenentlassungen. Mayer verweist jedoch – meiner Meinung nach zurecht – darauf, dass dies in einen nicht endenden Teufelskreis münden kann. Hier sind wir dann bei den keynesianischen Multiplikatoreffekten, in diesem Fall dem negativen Multiplikator.
Vor dem Hintergrund seiner Analyse ist Thomas Mayers Forderung nach mehr Vertrauen nicht mehr ein Allgemeinplatz, wie der Blogger Wirtschaftsphilosoph unterstellt. Zudem beließ es Thomas Mayer nicht dabei. Er sah die Rekapitalisierung der Banken (siehe „Muss Bankenrettung immer teuer sein? Ein Beispiel – zwei Wege”) als einen Schlüssel zu mehr Vertrauen an. Und auch wenn man unterstellen darf, dass Thomas Mayer nicht seine eigene, die Deutsche Bank, meint, sondern die Konkurrenz, so erscheint das bemerkenswert für einen Bankvolkswirt.