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„Wir sind uns einig“
Оглавление23. Mai 2011
Der sonntägliche Presseclub in der ARD gehörte bislang zu den wenigen Talkshows, die inhaltliche Substanz zu bieten hatten. Die beiden letzten Runden, beide zum Thema Europa und Euro, waren da hoffentlich nur Ausreißer und geben keinen neuen Trend wieder. Schlimm waren weniger die platten Pro-Euro-Argumente. Schlimm war, dass sie unwidersprochen blieben.
In der gestrigen Runde tat sich vor allem Ulrike Guérot hervor. So sprach sie von einem „Wirtschaftswunder ohne Ende“. Dabei ließ sie sich offensichtlich von den flotten Sprüche des Ex-Wirtschaftsministers Brüderle inspirieren, zeigte sich aber wirklichkeitsresistent. Wie trostlos es in den ersten 10 Eurojahren tatsächlich mit dem Wirtschaftswunder Deutschland aussah, wissen treue Wirtschaftswurm-Leser ja bereits aus meinem Artikel „Wirtschaftswachstum mal langfristig“.
Selbst Henning Krumrey (ansonsten der überzeugendste Talker) schlug in dieselbe Kerbe: „Deutschland profitiert am stärksten vom Euro“, behauptete er. Wenn mit Deutschland die Anteilseignern der Exportindustrie gemeint sind, dann hat er zweifellos recht. Schon für die Angestellten der Exportindustrie trifft Krumreys Spruch aber kaum zu. Sie haben den Exporterfolg durch den Verzicht auf Reallohnsteigerungen erkauft.
Die Mehrheit der Deutschen hat sogar Nachteile vom Euro. Ihr Geld wäre in D-Mark mehr wert. Denn die D-Mark würde gegenüber europäischen wie außereuropäischen Währungen aufwerten und damit würden die Preise für Importgüter billiger. Das gilt für griechischen Wein, vor allem aber für Rohstoffe wie Erdöl und Gas. Die Deutschen hätten damit D-Mark übrig, um die Binnennachfrage anzukurbeln. Die steigende Binnennachfrage könnte sogar Rückgänge im Exportsektor ausgleichen.
Doch solche grundlegenden ökonomischen Zusammenhänge und Interessengegensätze wurden im Presseclub nicht erläutert. Ein Armutszeugnis für den versammelten Journalismus. Und so konnte Frau Guérot verkünden: „Wir sind uns einig: Es lohnt sich bisher.“
Wenn die Situation in Deutschland besser dargestellt wird, als sie ist, wird von Griechenland ein düstereres Bild gezeichnet, als notwendig. Und manchmal schleichen sich dabei eklatante Fehler ein.