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»Bitte setzten Sie sich«, der eine der beiden Gesprächspartner deutete auf den Stuhl vor ihr. Juliane bedankte sich, zog ihn zu sich und nahm Platz. »Anhand Ihrer Bewerbungsmappe konnten wir feststellen, dass Sie Ihre Arbeitgeber bereits mehrfach in sehr kurzer Zeit gewechselt haben. Können Sie uns erklären, woran das gelegen hat?« Der zweite der beiden Männer kam direkt und ohne großes Vorgeplänkel zum Punkt. Es war keine wichtige Position zu besetzten und die beiden wollten ihre Aufgabe, sich mit einfachen Arbeitern auseinanderzusetzen, schnellstmöglich hinter sich bringen. Zumindest kam es Juliane so vor.

»Das stimmt«, antwortete sie, »Rationalisierungsmaßnahmen waren bei allen meinen vorherigen Arbeitgebern der Grund dafür. Zumindest hat man es so begründet.«

»Das hört sich so an, als ob Sie der Erklärung nicht geglaubt hätten«, erwiderte einer ihrer beiden Gegenüber. Er blickte sie mit unverhohlener Skepsis an und hatte den Kopf leicht schräg gelegt, was diesen Eindruck noch verstärkte.

»Naja«, antwortete Juliane, »ob das stimmte, konnte ich als Arbeiterin nicht nachvollziehen. Wenn man Maschinen bestückt, kann man nicht wirklich beurteilen, ob es der Firma gut oder schlecht geht.« Der Fragesteller lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück. Wie es schien, war er mit Julianes Antwort zufriedengestellt. Sein Kollege erhob sich von seinem Stuhl und kam langsam auf die junge Frau zu, die fragend zu ihm aufsah. Wie beiläufig schlenderte er um ihren Stuhl herum und blieb schließlich in ihrem Rücken stehen.

»Wir fragen uns natürlich, warum eine Frau mit Ihrem Aussehen, Ihrer Figur, sich auf eine Stelle als Maschinenbediener bewirbt.« Wie beiläufig ließ er dabei die Finger seiner rechten Hand über Julianes Haar streichen. Juliane hatte die Berührung kaum gespürt und war sich unsicher. Vielleicht hatte ein Luftzug, der durch eines der geöffneten Fenster geströmt war, ihre Haare erreicht.

Als der Mann aber seine Hände auf ihre Schultern legte, sie sanft drückte und an den Seiten ihrer Arme nach unten gleiten ließ, sprang Juliane auf. Der Stuhl, auf dem sie eben noch gesessen hatte, rollte nach hinten weg. Mit einem Satz stand Juliane vor dem Mann und schrie ihn an,

»Nehmen Sie Ihre dreckigen Hände von mir! Was bilden Sie sich eigentlich ein?« Ihr Gegenüber war sichtlich überrascht aber keineswegs sprachlos.

»Nun haben Sie sich doch nicht so. Wenn Sie den Job haben möchten, sollten Sie sich ein wenig kooperativer zeigen.« Ein schmieriges Lachen zierte sein hageres Gesicht, als er den Stuhl zur Seite schob und mit ausgebreiteten Armen auf die Juliane zukam. »Wissen Sie, Arbeiterinnen finden wir genug, aber ob Sie eine gut bezahlte Arbeit finden, ist fraglich.« Juliane hatte schon einiges erlebt, aber auf eine solch dreiste Anmache war sie nicht vorbereitet gewesen. Sie hatte schon mit Männern zu tun gehabt, die schnell zur Sache kamen. Meist kannten sie nur einen Grund, um sich mit ihr zu befassen aber so etwas während eines Vorstellungsgesprächs zu erleben, war neu. Aufgrund ihrer Erfahrungen hatte sie den Vorteil, sich sehr schnell auf die Situation einstellen zu können. Ohne lange nachzudenken, trat sie dem Mann mit voller Wucht zwischen die Beine. Mit einer Mischung aus Überraschung und einer großen Portion Schmerz, die in seinem verzerrten Gesicht abzulesen war, kippte er vorne über. Der Mann fiel, in gekrümmter Haltung, direkt vor Juliane auf den Boden. Er hatte noch nicht einmal mehr die Kraft, um einen Ton des Schmerzes herauszupressen. Ohne den zweiten Gesprächspartner eines Blickes zu würdigen, verließ Juliane das Zimmer. Nachdem das Gespräch diesen unerwarteten Lauf genommen hatte, musste sie sich erst einmal beruhigen. Die junge Frau betrat das erste Café, an dem sie vorbei kam, und setzte sich an einen kleinen Tisch am Fenster. Eigentlich fehlte ihr das Geld, um sich in Cafés verwöhnen zu lassen und anderen beim Arbeiten zuzusehen, aber nach diesem Erlebnis war ihr das egal. Sie bestellte einen Espresso, genoss die heiße Flüssigkeit und kam langsam wieder zur Ruhe. Tief einatmend blickte sie gedankenverloren durch das große Panoramafenster, das vereinzelt Passanten zeigte, die gehetzt von einem Termin zum nächsten eilten. Das war der erste Vorstellungstermin gewesen, der nächste war für den darauffolgenden Tag geplant.

Juliane hatte nicht die geringste Lust, auf ein weiteres Gespräch aber es blieb ihr nichts anderes übrig. Ihr Bearbeiter in der Agentur verlangte Initiative und schlussendlich auch Resultate. Außerdem wollte sie möglichst schnell wieder auf eigenen Beinen stehen. Sie hasste es, auf andere Menschen angewiesen zu sein. Seufzend leerte sie ihre Tasse, legte das passende Kleingeld auf den Tisch und machte sich auf den Weg nach Hause.

Juliane

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