Читать книгу Das geschenkte Universum - Arnold Benz - Страница 13
Akkretionsscheiben
ОглавлениеMan könnte nun denken, dass kugelrunde Wolkenkerne nur noch unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenfallen müssten, damit ein Stern entstehe. Weit gefehlt! Die Drehbewegung einer interstellaren Wolke ist nicht genau null. Am äußeren Rand ist die Umlaufzeit um das Zentrum der Milchstraße langsamer als am innern Rand. Die Wolke dreht sich, wie wenn sie auf ihrer Kreisbahn um das galaktische Zentrum rückwärts rollte. Daneben hat sie wahrscheinlich aus ihrer Entstehung auch noch einen gewissen Drall. Die Wolkenkerne wiederum sind noch unruhiger, da sie eine wilde Entstehungsgeschichte hinter sich haben. Kollabiert nun ein Wolkenkern, bleibt sein Drehimpuls7 erhalten. Je mehr sich Materie zusammenzieht, desto schneller muss sie rotieren. Das bekannteste Beispiel ist eine Eiskunstläuferin, die mit ausgestreckten Armen zu einer Pirouette auf der Schlittschuhspitze ausholt. Wenn sie sich dreht und nun die Arme anzieht, wirbelt sie immer schneller herum, weil der Drehimpuls erhalten bleibt. Ein typischer Wolkenkern dreht sich einmal in einer Million Jahren um sich selbst. Fiele er zu einem Stern zusammen, würde sich dieser schneller als einmal pro Sekunde drehen! Das ist nicht möglich. Die Zentrifugalkraft an seiner Oberfläche wäre viel größer als die Schwerkraft, und der Stern würde auseinandergerissen.
Der Kollaps führt also nicht zu einem Stern. Die Kontraktion endet vielmehr mit einer schnell rotierenden Scheibe, wobei sich Zentrifugalkraft und Schwerkraft ausbalancieren. Der Durchmesser der Scheibe beträgt typischerweise tausendmal die Distanz Erde-Sonne, und ist immerhin hundertmal kleiner als die Dimension des ursprünglichen Wolkenkerns. Die Scheibendicke nimmt nach außen zu und beträgt ungefähr ein Zehntel des Radius. Man nennt diese rotierenden Gebilde Akkretionsscheiben (lat. accresco = anwachsen), weil sich darin die Materie ansammelt, die im freien Fall zusammenfällt, wenn der Wolkenkern instabil wird.