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Der Stoff, aus dem wir bestehen Wolken im Weltall

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In einer mondlosen Nacht sind Planeten und nahe Sterne die augenfälligsten Erscheinungen am Himmel. Mit etwas Übung und besonders am Himmel in der südlichen Hemisphäre sind auch Sternhaufen und interstellare Dunkelwolken leicht auszumachen. Sie alle sind miteinander direkt verbunden, denn genau in solchen Wolken entstehen Sternhaufen, also auch Sterne und Planeten wie Sonne und Erde. Es ist eine spannende Geschichte, wie es zu dieser Erkenntnis kam. Dass sich Sterne in interstellaren Gaswolken bilden, wurde zwar schon lange vermutet, aber selbst die größten Teleskope konnten dies nicht enthüllen.

Kleinste Staubkörner schweben an vielen Orten im All und vermindern das Licht, je dichter die Staubkörnchen und je länger die verstaubte Strecke. Die Körnchen sind lose Gebilde aus Kohlenstoff und Silikaten, weniger als ein tausendstel Millimeter groß. In Dunkelwolken ist der Staub im Verhältnis zum gewöhnlichen interstellaren Raum millionenfach konzentriert. Trotzdem findet man darin nur etwa ein Stäubchen im Volumen eines Wohnzimmers. Man soll sich daher Dunkelwolken nicht als schmutzige Hinterzimmer vorstellen. In den besten Reinräumen der Produk­tionshallen von Computerchips schwebt der Staub hundertmal dichter. Nun sind aber diese Wolken derart groß, dass selbst die wenigen Staubkörnchen sich über die lange Distanz aufaddieren und das Licht vollständig absorbieren. Kein noch so schwacher Glanz von Sternen dringt nach außen. Sobald sich das interstellare Gas und die darin enthaltenen Staubkörner zu einer Wolke zusammenballen, geht der Vorhang diskret zu. Die Geburt der Sterne entzieht sich unseren Blicken.

Aber nicht ganz: Die moderne Technik macht es möglich, Licht in anderen Wellenlängen zu beobachten, als unsere Augen sehen können. Für Wellenlängen, welche die Größe der Staubkörner übertreffen, sind die Dunkelwolken durchlässig. Als es in den 1960er Jahren möglich wurde, Wellen mit Längen von Millimetern zu empfangen, stellten die Astronomen erstaunt fest, dass aus diesen Wolken Signale von Molekülen entweichen. Bis zu dieser Zeit dachten die Astronomen bei Molekülen vor allem an die Atmosphären von Planeten. Es war völlig unerklärlich, wie Moleküle im interstellaren Raum entstehen können. Mit den Jahren wurde es klar, dass die Moleküle nicht nur existieren, sondern sogar die Hauptrolle in Dunkelwolken spielen. Diese bestehen vor allem aus einem Gas von Molekülen, und der Staub hat nur einen Anteil von etwa einem Prozent an der Masse einer Wolke. Daher spricht man heute von Molekülwolken. Nicht nur der Staub ist darin angereichert, auch das molekulare Gas ist millionenfach dichter als in der Umgebung. Das weitaus häufigste Molekül, das Wasserstoffmolekül, besteht aus zwei Wasserstoffatomen und hat die Form einer kleinen Hantel der Größe von drei Atomradien. Das Molekül bewegt sich infolge seiner thermischen Energie mit einigen hundert Metern pro Sekunde durch den Raum.

Handelt es sich wirklich um Wolken zwischen den Sternen? Sind es auch nicht einfach große Gewitterwolken, so gibt es aber durchaus einige äußerliche Ähnlichkeiten zwischen interstellaren und irdischen Wolken. Wolken in der Erdatmosphäre enthalten ebenfalls Gas sowie kleine Partikel, fest gefroren oder flüssig, welche das Licht absorbieren. Irdische Wolken sind weiß, wenn sie das Sonnenlicht anstrahlt. Nachts hingegen, wenn auch der Mond nicht scheint, wirken sie dunkel gegen das Sternenlicht. Natürlich, es gibt den Größenunterschied von etwa einer Billiarde (eine Eins gefolgt von fünfzehn Nullen, 1015) zwischen irdischen und interstellaren Wolken. Kosmische Wolken haben Durchmesser von einigen hundert Lichtjahren. Mit Lichtgeschwindigkeit (300 000 Kilometer pro Sekunde) würde es demnach einige hundert Jahre brauchen, um eine Wolke zu durchfliegen. Die Temperatur ist tiefer als minus 200 Grad Celsius, und das Gas ist weniger dicht als das beste Vakuum in irdischen Laboratorien. Dennoch würde die Masse ausreichen, um Tausende, wenn nicht Millionen von Sonnen zu bilden.

Der größte Unterschied zu Erdwolken ist die Unregelmäßigkeit. In den interstellaren Wolken fliegen die Fetzen. Wolkenteile bewegen sich mit Überschallgeschwindigkeit und bilden Schockwellen, wenn sie aufeinanderstoßen. Es gibt Dichteunterschiede von mehreren Zehnerpotenzen. Ultraviolett-Strahlung von Nachbarsternen heizt die Wolke und lässt an der Oberfläche den Staub verdampfen. Ausgebrannte, massereiche Sterne in der Wolke explodieren als Supernova und bilden blasenförmige Hohlräume. Magnetfelder übertragen Wellen von einem Ende ans andere. Aber das Wichtigste: Molekülwolken bergen ein Geheimnis. Sterne und Planeten entstehen in ihnen, und es ist bei weitem nicht klar, wie das vor sich geht.

Das geschenkte Universum

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