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PARADISE ISLAND

Als Horseman, Singh und Mocelutu den Pausenraum betraten, saßen etwa zwei Dutzend Personen auf Plastikstühlen um mehrere weiße Klapptische herum versammelt. Die meisten waren Fidschianerinnen und Fidschianer, aber es waren auch ein paar Weiße und zwei Inder darunter.

Nachdem McKenzie die Detectives und den Constable vorgestellt hatte, ergriff Horseman auf Englisch das Wort.

»Ich bedauere es sehr, dass ich mit meinem ersten Besuch in Ihrem wunderschönen Resort eine so traurige Pflicht auszuüben habe. Wie Sie wissen, sind mein Team und ich hier, um den plötzlichen Tod Ihrer Kollegin Akanisi Leletaku aufzuklären. Weil sie jung und gesund war, muss eine Obduktion durchgeführt werden, um die Ursache für ihren Tod festzustellen, und aus diesem Grund wurde sie nach Suva gebracht. Sie alle können uns dabei behilflich sein, das Rätsel zu lösen, indem Sie uns erzählen, was Sie eventuell gehört oder gesehen haben. Um herauszufinden, wie und warum jemand zu Tode gekommen ist, müssen wir oftmals viele Einzelheiten aus verschiedenen Quellen zusammentragen. Haben Sie irgendwelche Fragen?«

Über leisem Gemurmel erhob sich die Stimme eines Mannes vom Tisch ganz hinten. »Sie sind bei uns herzlich willkommen, Inspector Horseman, aber dahinter steckt doch sicher kein Rätsel? Nisi muss ertrunken sein.« Zustimmendes Raunen folgte.

»Das ist sicherlich eine Möglichkeit, mein Freund. Aber es gibt eben auch andere. Bevor wir die Ergebnisse der Obduktion erhalten, möchten wir so viel wie möglich über Akanisi und die Umstände erfahren, die zu ihrem Tod geführt haben.«

Eine mittelalte Frau hob die Hand. »Ich kann Ihnen sagen, dass sie eine sehr gute Schwimmerin war, Sir. Das weiß jeder hier. Sie konnte besser schwimmen als die meisten auf Paradise Island. Wie kann sie da ertrunken sein?« Ihre Ansicht stieß auf zustimmendes Nicken und allgemeines Gemurmel von »Dina, Dina, stimmt, stimmt.«

»Haben Sie vielen Dank für diese wichtige Information, Madam. Genau solche Einzelheiten müssen wir wissen. Um Ihnen Zeit zu sparen, lassen Sie mich Ihnen erklären, was wir jetzt tun werden. Ich möchte gern, dass Sie Ihren Namen notieren, Ihre Position hier im Resort und Ihre Antworten auf drei Fragen. Die erste lautet: Was haben Sie gestern getan? Dazu gehört auch, wo und wann Sie Akanisi gesehen haben. Die zweite: Wie gut kannten Sie Akanisi? Das beinhaltet zum Beispiel die Information darüber, wie gut sie schwimmen konnte. Und die dritte: Haben Sie in letzter Zeit irgendwelche Veränderungen an Akanisi bemerkt?«

Singh schrieb die Fragen gut lesbar auf ein Whiteboard und schob es vor die Versammelten.

»Constable Mocelutu wird nun Papier und Stifte verteilen. Bitte sprechen Sie sich nicht untereinander ab. Ich möchte, dass jeder von Ihnen in Ruhe zurückdenkt und aufschreibt, woran er oder sie sich erinnert. Lassen Sie sich so viel Zeit, wie Sie möchten, und verwenden Sie so viel Papier, wie Sie benötigen. Es ist gut, wenn Sie auf Englisch schreiben, aber wenn es Ihnen lieber ist, können Sie auch gern auf Fidschi oder Hindi schreiben.«

»Was machen Sie mit unseren Zetteln, Sir?«, wollte Maika, der Deckshelfer, wissen.

»Gute Frage, Maika. Sergeant Singh und ich werden Ihre Stellungnahmen sorgfältig durchgehen und dann entscheiden, mit wem wir sprechen müssen. Anschließend kommen die Unterlagen zu den Akten, damit sämtliche Informationen zu Akanisis Tod zusammen abgelegt und eingesehen werden können.«

Noch mehr Getuschel. Horseman fügte hinzu: »Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie still arbeiten könnten – dann werden Sie auch schneller fertig.« Nicht alle Angestellten würden herausragende Schreibfertigkeiten haben, das wusste er, aber wenn er und Singh die Stellungnahmen durchgingen, würden sie ziemlich genau wissen, mit wem sie reden mussten.

»Mr McKenzie und ich lassen Sie jetzt allein. Ich danke Ihnen allen für Ihre Mithilfe und freue mich darauf, Ihre Stellungnahmen in Kürze zu lesen. Sollten Sie Probleme haben, wenden Sie sich bitte an Sergeant Singh oder Constable Mocelutu.«

Alle verstummten, und nach ein paar Blicken untereinander machten sie sich an ihre Aufgabe.

Horseman wandte sich an den Manager. »Von Ihnen brauche ich ebenfalls eine Erklärung, Mr McKenzie, aber Sie müssen sich nicht hier dazusetzen, um sie zu verfassen. Ich dachte mir, jetzt wäre ein günstiger Zeitpunkt, um Ihnen noch ein paar weitere Fragen zu den gestrigen Vorfällen zu stellen.«

»Sicher, gehen wir in mein Büro.«

McKenzie ging voraus zurück zu den anderen Gebäuden des Resorts und durch die Gärten bis zu dem kleinen reetgedeckten Büro. Er führte Horseman durch die Rezeption in ein spärlich möbliertes Zimmer, wo er seinen Hut auf einen Aktenschrank warf. Durch sein schütter werdendes rotes Haar sah man, wie seine rosafarbene Kopfhaut vor Schweiß glänzte. Er zeigte auf einen kleinen Tisch mit vier Rohrsesseln darum. »Bitte nehmen Sie Platz, Inspector.«

Die kühle Luft der Klimaanlage war ein Segen.

»Danke«, sagte Horseman. Er zog den Zeitungsartikel aus der Fiji Times aus seiner Mappe und legte ihn vor dem Manager auf den Tisch. »Das ist alles, was ich über die Feierlichkeiten gestern hier weiß, Mr McKenzie. Mich hat das Missgeschick mit Ihrem Boot ziemlich neugierig gemacht. Können Sie mir mehr dazu verraten?«

»Ah ja, den Artikel habe ich gesehen. Der trifft es wohl ganz gut. Bis zu der Sache mit dem Boot lief alles sehr rund. Wie am Schnürchen, und alle waren glücklich. Das Personal hat sich mit der Dekoration mächtig ins Zeug gelegt. Nisi war übrigens verantwortlich dafür, die Boote und die Gebäude zu schmücken, und sie hat wundervolle Arbeit geleistet. Das alles mit Palmwedeln, Ranken und Blumen – so kreativ! Man hat gemerkt, dass es den Gästen gut gefallen hat.«

»Haben Sie gesehen, was mit dem Boot passierte?«

»Das habe ich. Ich habe am Ende der Strandmauer darauf gewartet, dass es mit Ratu Ezekaia und Pfarrer Mosese um die Landzunge bog. Alle haben dort gewartet – die Kinder oben in den Bäumen und im Wasser, die Erwachsenen am Strand und auf der Terrasse an der Bar. Festliche Stimmung. Aber es war heiß, es ging kein Lüftchen. Jedenfalls kam das Boot pünktlich an, das Verdeck mit violetten Bougainvilleablüten geschmückt, und Jona steuerte so nah an den Strand, wie es ging, damit die Zuschauer eine gute Sicht hatten. Dann hat er abgebremst, gewendet und es parallel zum Strand gelenkt. Nun ja, da war der Andrang groß. Ziemlich viele Leute sind ins Wasser gewatet, um besser sehen und hören zu können.«

»Konnten Sie immer noch verfolgen, was vor sich ging?«, fragte Horseman.

McKenzie nickte. »Ich blieb, wo ich war, deswegen war ich ziemlich nah dran. Pfarrer Mosese hob die Arme, und die Menge verstummte, selbst die Touristen, während er auf Fidschianisch betete. Dann sprach Ratu Ezekaia, die gütige Autorität in Person. Ich wünschte, ich hätte es verstehen können.« Er starrte sehnsüchtig vor sich hin.

»Als Nächstes demonstrierte der Ratu, welches Ziel das Schutzgebiet verfolgt, nämlich wieder mehr Exemplare der Arten anzusiedeln, die selten geworden sind. Sie hatten dazu ein paar Tiere in Meerwasserbehältern an Bord. Er hielt zwei Krebse hoch, die waren größer als Teller, wohlgemerkt, zeigte sie der Menschenmasse und ließ sie dann ins Wasser. Das Gleiche hat er mit Seeigeln, einem Papageifisch und einem Tintenfisch gemacht. Es hat mich ziemlich bewegt, obwohl ich ihn nicht verstehen konnte. Dann, als er gerade eine Schildkröte hochhielt, machte das Boot einen heftigen Satz in Richtung Küste.«

»Konnten Sie sehen, was der Auslöser dafür war?«

»Nein, konnte ich nicht. Jona hielt das Boot in einer Position längs zu den Wellen im Stillstand. Nicht die stabilste Position. Das Boot ruckte wieder zur Seite, und diesmal tauchte das Dollbord unter Wasser. Sowohl der Ratu als auch der Pfarrer kamen ins Straucheln und wurden nach vorne geschleudert, aber sie konnten sich beide am Handlauf festhalten. Ich sah Maika, wie er aufs Achterdeck sprang, den Anker auswarf und versuchte mit einem Paddel beizudrehen. Dann zog sich Ratu Ezekaia an der Stange des Verdecks wieder auf die Füße. Aber das Boot machte noch einen Satz, und ich dachte schon, es würde kentern. Das alles geschah innerhalb weniger Sekunden.«

McKenzie machte eine Pause, als würde er die Szene noch einmal durchleben.

»Was dann passierte, stellte sich als der Höhepunkt des Tages heraus. Dutzende Männer, Frauen und Kinder stürzten nach vorn und wateten und schwammen zum Boot, denn obwohl die Crew sich mächtig ins Zeug legte, schien das Boot mit jeder Welle dem Kentern näher. Die ersten, die ankamen, stemmten sich mit dem Rücken gegen den tief ins Wasser geneigten Schiffsrumpf und wuchteten das Boot zurück.

Ich konnte jetzt nichts mehr sehen und rannte hinter den Zuschauern her die Strandmauer entlang. Dann sprangen ein paar Leute vor mir ins Wasser, und ich hatte wieder freie Sicht. Ratu Ezekaia und Pfarrer Mosese wurden von ein paar sehr kräftigen Kerlen auf den Schultern getragen. Ratu Ezekaias Sulu war über seine Oberschenkel nach oben gerutscht, sein Jackett war triefnass, und sein weißer Afro schimmerte wie ein Heiligenschein. Alle lachten und jubelten.«

Horseman lächelte. Er konnte es sich lebhaft vorstellen. »Dann glauben Sie nicht, dass der Zwischenfall die Feierlichkeiten verdorben hat?« Er dachte an mögliche Sabotage, würde das aber nicht so früh verlauten lassen.

»Überhaupt nicht, zu meiner Überraschung. Es war wie ein Triumphzug!« McKenzie schüttelte ungläubig den Kopf.

»Haben Sie Akanisi in der Menge gesehen?«

»Nein, Inspector. Je mehr ich darüber nachdenke, umso sicherer bin ich mir, dass ich sie nach dem Mittagessen überhaupt nicht mehr gesehen habe. Da bediente sie natürlich.«

»Danke, Mr McKenzie. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir Ihre Aussage bis heute Abend schriftlich geben könnten. Und vielen Dank auch dafür, dass sie uns heute Nacht bei sich unterbringen, und für all Ihre Hilfe. Das weiß ich wirklich sehr zu schätzen.« Er hoffte, das würde wiedergutmachen, dass er McKenzie zuvor so angefahren hatte.

Tropische Gefahr

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