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PARADISE ISLAND

»Wir würden jetzt gern Akanisi sehen, Mr McKenzie«, sagte Horseman.

Das besorgte Stirnrunzeln des Managers kehrte zurück. »Ja, natürlich. Wir wussten nicht, was am besten wäre. Dr. Chakra meinte, der Kühlraum, aber das schien nicht richtig mit den ganzen Lebensmitteln darin. Eine Klimaanlage gibt es nur im Büro, aber das ist alles andere als ein abgeschotteter Bereich, Gäste kommen und gehen, wissen Sie …« Der Mann geriet beinahe ins Stammeln.

Horseman unterbrach ihn. »Wo ist sie jetzt?«

McKenzie bekam sich wieder in den Griff. »Hier lang, bitte. Sie ist in einer Kammer im Hauswirtschaftsgebäude.«

Auf dem Weg dorthin fragte Horseman: »Haben Sie sie direkt in die Kammer gebracht?«

»Nein, erst haben wir sie im Pausenraum auf einen Tisch gelegt. Wir konnten sie wohl kaum in ihr Zimmer bringen – das teilt sie sich mit zwei anderen Zimmermädchen. Vijay hat seine Arzttasche geholt, und Maika hat Jona Bescheid gegeben, Nisis Onkel.«

»Und der Rest der Rettungshelfer?«

»Ledua, unsere Hausdame, hat die Angestellten, die nicht im Dienst waren, informiert. Anschließend bat ich Inoke, Litia zu suchen. Ich ging an die Bar, wo meine Frau arbeitete, und überbrachte ihr die Nachricht. Litia kam zu uns und rief ihren Vater an, Ratu Ezekaia – Nisi ist aus Delanarua, aus demselben Dorf wie der Ratu. Litia teilte mir mit, dass Ratu Ezekaia sich um Nisis Familie kümmern würde. Die nächste Stunde über gingen Anrufe hin und her.«

»Wer tätigte die Anrufe?«

»Litia. Wir warteten ab, dass ihr Vater sich meldete, nachdem er mit der Familie geredet hatte. Schließlich rief er an und sagte uns, er würde Nisis Eltern bei Tagesanbruch mit seinem Boot herbringen lassen. Das Restaurant brachte uns ein Tablett mit etwas zu essen. Wir waren in zehn Minuten mit dem Essen fertig, dann ging ich zurück zum Pausenraum. Vijay war noch da.«

»Hat er Ihnen seine Einschätzung mitgeteilt?«, fragte Singh.

»Er sagte, es sehe aus, als wäre Nisi ertrunken.«

Der Pfad endete am Restaurant, eine luftige reetgedeckte Konstruktion mit bodentiefen Fenstern zu drei Seiten, die auf den Strand und die Strandmauer zeigten. Die kleine Gruppe blieb stehen, den Blick von der Stelle angezogen, auf die McKenzie kurz zuvor gezeigt hatte und wo jetzt zarte Wellen das Riff säumten.

»Haben Sie sonst noch Fragen an Mr McKenzie, Sergeant Singh?«, fragte Horseman.

Singh nickte und wandte sich an den Manager. »Ja, ich würde gern wissen, wie Nisis Onkel reagiert hat.«

»Er kam gerade aus dem Pausenraum, als ich dorthin zurückkehrte. Er ging gebückt, wie ein alter Mann.« Mr McKenzie senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Jona macht immer so einen starken Eindruck. So habe ich ihn noch nie gesehen. Ich teilte ihm mit, was wir besprochen hatten. Er bedankte sich und ging.«

»War sonst noch jemand da?«

»Ledua. Sie hatte einen Plan für die Freiwilligen erstellt, die über Nacht Wache halten würden. Ich fand das nicht unbedingt notwendig, aber das ist wohl so Tradition. Ich hielt es für das Beste, es ihr zu überlassen.«

»Habe ich es richtig verstanden, dass Sie die Polizei verständigt haben, Mr McKenzie?«, fragte Singh.

»Ja, Vijay fragte, ob schon jemand die Polizei benachrichtigt hatte. War mir gar nicht in den Sinn gekommen. Seit ich hier bin, hatten wir noch nie die Polizei hier. Vijay, Dr. Chakra, meinte, es sei das Beste, wenn ich auf dem Hauptrevier in Suva anriefe, und das habe ich dann auch getan. Der Polizist dort sagte, sie würden versuchen, sofort jemanden herzuschicken. Dann rief er mich gegen halb elf aber zurück und teilte mir mit, dass bis zum nächsten Morgen keine Kollegen abkömmlich seien. Er habe zwei Constables und einen Fotografen beauftragt, um halb sechs Uhr morgens in Navua zu sein, die Detectives würden dann nachkommen. Weil kein Polizeiboot verfügbar war, bot ich an, unseres zu schicken, um Sie alle abzuholen. Ich muss zugeben, dass ich das für eine Menge Aufwand für jemanden hielt, der ertrunken war.«

Horseman erklärte: »Das ist Routine, Mr McKenzie. Gründliches Vorgehen ist unerlässlich, und dafür brauchen wir ein Team. Es tut mir leid, dass gestern Abend niemand abkömmlich war. Aber jetzt sind wir ja hier, dank Ihres Bootes.«

»Und das weiß ich sehr zu schätzen. Gleich da vorne ist das Hauswirtschaftsgebäude.«

Der Manager machte die Tür zu einem hübschen luftigen Raum auf, der für geselliges Nähen, Bügeln und das Binden von Blumen eingerichtet war. An einem großen Tisch in der Mitte saß der uniformierte Constable und trank Tee mit einer matronenhaften Fidschianerin. Der Constable sprang auf und nahm Haltung an.

»Constable Mocelutu? Detective Inspector Horseman. Und das hier ist Detective Sergeant Singh. Stehen Sie entspannt.«

Der untersetzte Constable wirkte ausgesprochen nervös.

McKenzie fuhr mit den Bekanntmachungen fort. »Das hier ist unsere Hausdame Mrs Ledua Marama. Sie ist verantwortlich für das Housekeeping.«

Mrs Marama war in ihren mittleren Jahren, klein und pummelig, und zwar so pummelig, dass das Oberteil ihres schwarzen Kleids vorne zwischen den Knöpfen etwas offen stand und der Saum ihrer kurzen Ärmel über den fleischigen Oberarmen spannte. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und schüttelte Horseman kräftig die Hand, wobei sie ihn mit ihren strahlenden schwarzen Augen musterte, die von einer runden Brille vergrößert wurden.

»Die Umstände sind fürchterlich, Inspector, fürchterlich, aber es ist trotzdem eine Freude, Sie kennenzulernen. Du meine Güte, was haben Sie uns über die Jahre in Atem gehalten! Und jetzt ist Josefa Horseman höchstpersönlich hergekommen, um den Tod unserer lieben Nisi aufzuklären. Wir dachten, Sie seien noch in den Staaten! Lassen Sie sich anschauen – es hieß doch, Sie würden nie wieder laufen können! Bitte, lassen Sie mich Ihnen eine Tasse Tee einschenken.« Sie nickte und lächelte Sergeant Singh zu.

»Vinaka, Mrs Marama«, sagte Horseman, »wir nehmen nachher gerne einen Tee in unserer Bure, aber ich glaube, dass wir beide jetzt erst einmal etwas Wasser gebrauchen könnten. Heute Nachmittag würde ich mich auch gerne noch mit Ihnen unterhalten. Vorher möchte ich aber Mr McKenzie bitten, eine Personalversammlung anzuberaumen, damit ich alle über die Geschehnisse informieren kann.« Er wandte sich an den Manager. »Wäre fünfzehn Uhr dafür eine gute Zeit? Mit den Gästen reden wir noch gesondert.«

Der Manager antwortete augenblicklich. »Das sollte kein Problem sein, zu der Zeit haben nur wenige der Angestellten Dienst – sie gehen mit den Gästen fischen und haben ein Auge auf die Kajaks und Katamarane, die unterwegs sind. Kannst du das im Pausenraum organisieren, Ledua?«

»Ja, Ian, ich trommele alle zusammen.« Im Nu verschwand das Teegeschirr und wurde ersetzt von funkelnden Gläsern und einer Karaffe mit Wasser, in der Eiswürfel klimperten, dann eilte die Hausdame hinaus.

»Bitte setzen Sie sich doch einen Moment«, sagte Mr McKenzie.

Horseman streckte sein schmerzendes rechtes Bein unter dem Tisch aus. Dankbar tranken er und Singh ihr Wasser. McKenzie schenkte ihnen nach und deutete mit dem Kinn auf Mocelutu, der vor einer Tür an der rückwärtigen Wand stand.

»Sie ist da drin. Es macht Ihnen sicher nichts aus, wenn ich nicht mit reinkomme.« Er hielt den Blick auf die Tischplatte gesenkt und sprach kurzatmig weiter. »Und was sie mit ihr gemacht haben – Sie werden es gleich sehen –, damit habe ich nichts zu tun. Wenn Sie sonst nichts mehr brauchen, sehen wir uns um drei im Pausenraum.«

»Eine Sache wäre da noch, Mr McKenzie«, sagte Horseman. »Ich werde mit den Gästen sprechen müssen, die gestern hier waren. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie eine Liste mit Namen und Ankunftszeit aufstellen und die Gäste wissen lassen könnten, dass ich einzeln mit ihnen reden möchte. Wir fangen nach der Personalversammlung damit an.«

»Nun ja, ein paar der Gäste sind gestern Nachmittag abgereist, und zwei weitere heute Morgen.«

»Könnten Sie das mit auf die Liste schreiben, bitte, inklusive Kontaktdaten?«

Der Manager runzelte die Stirn; vermutlich war ihm nicht klar gewesen, wie viel Einsatz die Ermittlungen ihm tatsächlich abverlangen würden. »Aber sicher, ich lasse so schnell wie möglich eine Liste zu Ihrer Bure bringen. Ihnen ist aber schon bewusst, dass wir für die Feierlichkeiten gestern etwa siebzig Gäste hier hatten?«

»Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die persönlichen Daten dieser Gäste überlassen würden.« Horseman zog ein Taschentuch hervor und tupfte sich das Gesicht ab. »Als Erstes muss ich Dr. Chakra und Professor Burgermeister befragen. Könnten Sie ihnen Bescheid geben, dass wir sie um halb drei sehen möchten? Wir kommen jeweils zu ihnen in die Bure

McKenzie schüttelte den Kopf. »Dr. Chakra ist heute Morgen abgereist, Inspector. Er ist zusammen mit Ihrem Fotografen mit unserem Boot zurück nach Navua gefahren. Und Bill, also Professor Burgermeister, hat zwar hier übernachtet, ist aber heute Morgen zurück ins Camp gegangen.«

Horseman gab die Hoffnung auf, dass die Ermittlungen fein säuberlich vom Saumriff dieser kleinen Insel eingegrenzt werden würden. Er hätte es besser wissen müssen.

»Ins Camp?«, hakte er nach.

»Das Forschungscamp. Entschuldigen Sie, ich bin davon ausgegangen, dass Sie darüber im Bilde sind. Das FIMS, also das Institut für Meereswissenschaften, leitet auf der anderen Seite von Paradise eine ziemlich große Unternehmung. In den letzten zwei Jahren hatten sie jeweils für mehrere Monate Leute hier, die die Grundlagenerhebung für das Schutzgebiet und ein paar andere Projekte durchgeführt haben. Bill ist der Forschungsleiter und übernachtet im Camp, wenn er auf der Insel ist, aber er sucht auch gerne hin und wieder Zuflucht im Resort. In einer Woche wollen sie ihre Arbeit abgeschlossen haben und zusammenpacken.«

»Verstehe. Ist das Camp auch auf dem Lageplan, den wir von Ihnen bekommen?«

»Nein, aber ich kann Ihnen eine Karte von der ganzen Insel geben, auf der es eingezeichnet ist. Nicht weit hinter diesem Gebäude führt ein Pfad bis zum Camp. Wenn ein kleines Boot frei ist, kann Maika Sie bei Flut auch hinbringen, wenn Sie das wollen. Bei Ebbe ist man allerdings zu Fuß schneller.«

»Danke«, sagte Horseman. »Können Sie im Camp Bescheid geben, dass wir eine Versammlung abhalten? Ich hätte gerne alle dabei, die gestern auf der Feier waren.«

»In Ordnung. Ich glaube, sie waren gestern wirklich vollzählig hier. Das war der Höhepunkt ihrer Arbeit. Ich kann ihnen allerdings nicht vorschreiben, zu der Versammlung zu kommen.« In der Stimme des Managers schwang eine Spur von Herausforderung mit.

»Das erwarte ich auch nicht. Könnten Sie ihnen dann ebenfalls mitteilen, dass wir jeden befragen werden, der nicht zur Versammlung kommen kann – entweder später am Nachmittag oder morgen Vormittag?«

»Kein Problem«, entgegnete McKenzie. Dann stülpte er sich seinen Strohhut über und marschierte nach draußen ins gleißende Licht.

Tropische Gefahr

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