Читать книгу Auf einen Café über den Balkan - Benjamin Jorga - Страница 10

Kapitel 8

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Beim Aufwachen heute Morgen präsentiere ich Matilda voller Stolz die Medaille, welche sie mir gestern verliehen hatte. Damit war es dann auch direkt vorbei mit dem Stolz als Würdenträger. „Hach Papa, trägst Du falsch.“. Zack, abgenommen und weg.

Dann springe ich eben allein ins Mittelmeer. Ich habe festgestellt, dass morgendliches Nacktschwimmen im Mittelmeer wirklich hervorragend dafür geeignet ist mit Problemen jedweder Art zurecht zu kommen. Ich werde zusehen müssen, dass in meinen Alltag einzubauen. Es ist erstaunlich wie viele Sorgen einem das nimmt.

Heute Morgen ging es zum Einkaufen nach Rovinj. Bedeutet also den Stellplatz sichern und dann los. Wobei mir an dieser Stelle ein Phänomen auffiel, welches subtil auf meinen einfachen Charakter hindeutet. Die Stellplätze sind hier wie gesagt wirklich riesig. Locker würde man unseren Camper dreimal auf die Fläche bekommen, was mich zu dem Gedanken verleitet hat, diese Fläche auch auszunutzen. Unser Tisch mit Stühlen steht jetzt ganz auf der anderen Seite des Stellplatzes. Manchmal erkennt man vom Camper aus gar nicht richtig, wer schon am Tisch sitzt und wer nicht. Wir setzen die Walki Talkis ein, welche ursprünglich mal für Matildas Touren über den Platz gedacht waren, um uns vom Tisch zum Camper zu verständigen: „Hier Tisch, wir brauchen noch Butter. Ich wiederhole: Butter. Tisch Ende.“ „Camper Küche hier, Camper Küche hier. Habe verstanden: Butter. Ich wiederhole: Butter. Camper Küche Ende.“ Man muss das überdenken. Später, jetzt erstmal Einkauf und dann wollen wir noch in den Ort selbst schauen.

Wir starten und jetzt kommt die erste echte Überraschung. Wer unsere Geschichten aus den USA und Neuseeland verfolgt hat, der weiß, dass unser erster Einkauf in der Ferne ja generell IMMER einem gleichen Muster folgt. Wir stürmen wild in den Laden, versuchen Lebensmittel zu finden und stellen DANN fest: Ist ein Baumarkt. Jedes verdammte Mal. Heute nicht! Es gibt einen Lidl. Also das kapiere selbst wir. Lidl = Lebensmittel.

Kathi hat pflichtbewusst alle Pfandflaschen aufbewahrt, die werden jetzt umgetauscht. Ein riesiger Sack voll und als ich um die Ecke in den Lidl schlendere, drückt sie mir diesen freudestrahlend in die Hand: „Ist irgendwo da draußen.“ Aha.

Ich schaue mich um und sehe eine kleine Schlange vor einer Bude. Auf der Bude eine Zeichnung mit einem grünen Baum und einer Plastikflasche. Mein Kleinhirn kombiniert sofort: Pfandrückgabe-Center. Ich stelle mich an. Herrlich, keine Automaten. Wie viele bei uns in Deutschland träumen von dieser Zeit? Echte Menschen, keine Maschinen! Ich hoffe diese Menschen haben dann auch immer die nötige Zeit für diesen Luxus. Das dauert nämlich keine 5 Minuten, wenn so ein älterer Mann jede Flasche einzeln zählt, sortiert, vermerkt und dann ins Büro geht, um dort eine Quittung auszustellen. Und dieser Mensch ist eben auch teurer als eine Maschine. Darum keine zwei Menschen, sondern nur einer. Ein sehr gemütlicher.

Ich bin an Position 5 in der Schlange, vor mir noch viel größere Sammlungen als die Meinige von der ich bereits dachte sie wäre riesig. Nein, ist sie nicht.

So steht man dann dort in dieser Schlange. Jetzt hätte ich mal Zeit für ein Sudoko. Auf einmal wir der gute Mann hektisch und fuchtelt mit den Armen. Er rennt zum Ende der Schlange, erzählt dort etwas, winkt jemanden weg. Weg! Weg! Weg! „Finito!“, verstehe ich und irgendwie auch wieder nicht. Dann treibt uns der Mann alle in diesen kleinen Container und schließt die Tür. Ich bin jetzt Teil des Pfandsystems. Dieser Morgen läuft aus dem Ruder. Aber ich werde den bestmöglichen Preis für mich heraushandeln.

Geraune in der Schlange, dann erkennt ein Engländer die Lage: Er will eine Pause. Der Mann will eine Pause! Ich verstehe. Nach uns ist Schluss, dann ist Pause. Völlig klar.

Als ich dran bin hole ich schwungvoll aus und will gerade meine Flaschen in seinen Korb zur Zählung entleeren, da höre ich ein: „Ahh … no, no.“

„No, no?“

„No, no.“

So kommen wir nicht weiter mein Freund. “Why?”.

Er zeigt auf die Flaschen. “Das Deutschland. Nix Croatia. Nach Deutschland und Automaten. Nix hier.“.

Verstehe. Sie haben ihren Stolz diese Menschen. Im Automatenland gekauft, dann auch schön zum Automaten zurück. Ich schwinge die Tasche genauso schwungvoll zurück und begebe mich aus diesem Container heraus und zurück in den Lidl, wo mich Kathi bereits ein wenig ungeduldig empfängt. Wo ich denn wohl so lange bleibe und warum ich die Flaschen noch immer mit mir rumtrage? Ich erkläre die Situation grob, im Detail lasse ich sie wissen, würde es den Rahmen sprengen. Dann schaue ich kurz mal beim Weinregal vorbei. Bei meiner Rückkehr empfängt mich Kathi noch ein klein wenig ungeduldiger: „Du, das ist hier etwas anstrengend mit zwei Kindern. Vielleicht könntest DU auch mal?“. Verstehe, könnte ich.

Ich nehme mir Leopold, plündere die Bargeldvorräte und verlasse mit dem König der Familie den Discounter, um direkt nebenan den gehobenen Supermarkt anzusteuern. „So Leopold, jetzt widmen wir zwei uns mal dem Thema Weinkauf.“.

Die Grundregel meines Schwiegervaters im Süden lautet: „Such Dir was Großes im Tetrapac oder Container.“. Er nennt es lokalen Landwein und das Beste, was die Einheimischen trinken. Ich bin da skeptisch. Andererseits ist so ein Weinregal auch immer ein klein wenig wie eine Pralinenschachtel. Egal wie gern man jetzt Wein trinkt, so richtig weiß man nicht was man da jetzt bekommt. Klar, man kennt diese und jene Traube, aber dann? Mir sagt konsequent keines der Labels irgendwas und das Dumme ist: Alles kroatische Weine. Ich käme daheim nie auf die Idee einen kroatischen Wein zu kaufen. Ich schaue mich unsicher um. Leopold schaut mich mit großen Augen an. Ja, da stehe ich jetzt natürlich etwas in Zugzwang, wo ich eben den großen Meister des Weinkaufs gegeben habe. Ich versuche selbstsicher zu lächeln: „Na Leopold, das ist ja eine Auswahl hier, was?“. Er schaut mich weiter ausdruckslos an. Er hat mich ausdruckslos durchschaut.

Neben mir ein älterer Mann, welcher diese und jene Flasche in die Hand nimmt, studiert und dann einpackt oder wegstellt: „Entschuldigen Sie, kennen Sie sich aus mit den Weinen?“. Er schaut mich an. Es ist ein Deutscher, seine Frau hat eben mit ihm gesprochen. Er sollte mich verstehen, aber er schaut nur und geht dann. Er teilt sein immenses Wissen nicht mit mir. Er will nicht, dass auch ich guten Wein trinke.

Leopold schaut mich immer noch an. Das ist ja unangenehm. Schau doch mal woanders hin Leopold. Sieh mal da drüben steht Limo. Er führt ganz langsam seinen Beißring an den Mund und beißt hinein. Es ist wie Popcorn, er ist vertieft in mein Scheitern. Ich wende mich wieder dem Regal zu. Tja, schauen wir doch mal auf die Preise. Der teuerste Wein liegt hier umgerechnet bei stolzen 10 Euro. Ich greife zu …

Ich könnte es Dir erklären Leopold, aber das wäre verfrüht. Wir zahlen und anschließend setzen wir uns in ein herrliches kleines Cafe, welches direkt an diesem Supermarkt angrenzt. Espresso bitte! An dieser Stelle möchte ich eine zahlreich gestellte Frage aufnehmen: Ja, wir haben auch die Maus im Baumarkt am Chiemsee regulär bezahlt. Die ganzen 9 Euro auf einen Schlag. Man muss die Feste feiern, wie sie fallen.

Espresso wundervoll und Leopold im Glück. Wir jauchzen uns durch die Gäste. „Bellisima!“.

Als Kathi zurückkommt und die Einkäufe im Wagen verstaut entschließen wir uns noch kurz zum Intersport rüberzugehen. Vielleicht haben die im Schlussverkauf ein günstiges SUP? Mittlerweile Mittagshitze. Es ist dieses Gefühl, wenn Sonne auf Beton trifft und man sich langsam, am Asphalt klebend fortbewegt. Es sind 200 Meter, aber sie verschwimmen vor den Augen. Am Ziel angekommen stellen wir fest, dass der Intersport eher ein Interspörtchen ist. Ein Hauch von Nichts. In diese Filiale passen soeben 4 Paar Turnschuhe, aber kein SUP.

Wir stehen unschlüssig herum. Matilda ist die Einzige, die was sagt: „Ich muss mal einen Stinker.“. Na also, gut, dass wir hier rüber gegangen sind!

Keiner hat nach dem Einkauf noch Lust auf eine Ortsbesichtigung. Wir wollen nur zurück auf unseren Stellplatz der Weite und genauso machen wir es auch. Schatten, Wassern, Hängematte, Aqua Park, erwähnte ich, dass wir zwei Nächte verlängert haben?

Auf einen Café über den Balkan

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