Читать книгу Auf einen Café über den Balkan - Benjamin Jorga - Страница 5
Kapitel 3
ОглавлениеAm Chiemsee ist Regen angesagt. Nichts anderes war gestern Abend Thema am See. „Morgen wird es regnen.“ „Dann war es das aber erstmal mit diesem süßen Leben.“ „Das habt ihr genau richtig gemacht. Heute noch den Tag hier mitnehmen und dann weiter.“
Um 07:00 Uhr wir werden von der Morgensonne geweckt. Wenn alle Stricke reißen, dann steige ich als Meteorologe groß ein. Quatschen kann ich, manchmal sehe ich dabei sogar überzeugend aus. Überzeugt oder nicht, die ganze Familie pilgert zum See, wir sind eine Sekte der Sonne. Alles zieht sich nackt aus bis auf Leo, der scheidet aus und schaut leicht verschnupft zu. Dann springen alle ins morgendlich kühle Nass. Alle bis auf Matilda. Die hatte zwar die größte Klappe von allen, ist aber beim ersten Wasserkontakt der Überzeugung sie hätte ihr Stöckchen vergessen und das wäre sehr, sehr wichtig dieses Stöckchen.
Bleiben noch Kathi und ich und wir schwimmen. Leute es ist der pure Kitsch. Wir schwimmen im kühlen Wasser des Chiemsees der aufgehenden Sonne entgegen. Was soll ich denn sagen?
Gut, gönnen wir der Situation etwas Realität. Während wir schwimmen registriert Leopold, dass niemand mehr in seiner unmittelbaren Nähe ist und reagiert mit einem ihm eigenen Signalton, im Volksmund auch als „schreien“ bekannt. Matilda hat unterdessen ihr Stöckchen wiedergefunden und verkündet lautstark, dass sie JETZT auch bereit wäre zu schwimmen. SOFORT, JETZT ABER!
Heute geht es weiter zum Wörthersee. Um 08:00 Uhr sind wir alle am Camper, kurz packen und dann geht es ab auf die Piste. Das ist ja irre! Wir sind spätestens um 12:00 Uhr am Wörthersee. Wie entspannt. 1,2 3 und …
„Wollen wir noch kurz in den Baumarkt?“
„Ja, warum nicht?“
Und schon stehen wir im Hagebaumarkt. Ein internationaler Steckdosenadapter, ein Handfeger, Batterien und neue Gasflaschen sollen es sein. Wer glaubt so läuft es, der hebe jetzt die Hand! Genau …
„Ohhhh, die Maus! Schau mal Pappa! Das wünsche ich mir zum Geburtstag. Das ganz allein. Nur das!“
Eine Maushupe für das Fahrrad. Okay, das ist cool, das kann ich nicht abstreiten. Kathi registriert den Preis, 9 Euro. „Das ist aber ganz schön happig.“
Happig? Fahrradhupen sind Bauchkäufe. Ich lenke Matilda ab, nehme die Maus und versuche sie Kathi zuzuschieben als Überraschungskauf. Die raunt mir zu: „Steck sie Dir doch unter das Shirt.“ Während ich Matilda weiter versuche idiotische Tauchringe zu präsentiere raune ich zurück: „Wenn ich mir hier vor 3 Überwachungskameras eine Maus unter das Shirt stecke Kathi, was glaubst du was passiert? Soll ich dann sagen meine 3jährige Tochter wäre schuld?“
Kathi nimmt die Maus und schiebt sie Leopold ins Maxi-Cosi. Das ist gut! Das ist sehr gut! Falls die Polizei gerufen wird, werden sie aus Leopold kein Wort rausbekommen, auf den ist Verlass.
Der Gasflaschendeal geht auch völlig in die Hose. Wir haben eine große Alu Gasflasche und wähnten uns damit als Camperexperten. Weil Alu! Hallo? Wie geil? Alu ist leicht und die Gasflasche groß! Ein kleiner Denkfehler, den Schwiegervater Fried gnadenlos aufdeckte. „Was macht ihr, wenn die leer ist? Ihr müsst zwei kleine haben. Wenn da eine leer ist, habt ihr die zweite und könnte eine nachkaufen.“ Da ist was dran, eigentlich stimmt es auch einfach. Also direkt mal zum Experten des Hagebaumarkt und was sagt der natürlich: „Alu? Alu tauschen wir nicht. Gar nicht, das geht nicht.“ Ich warte mal ab, vielleicht tut sich was. Manchmal tun so kleine Gesprächspausen der Verhandlung ja gut.
Zieht sich die Pause, tut sich nichts. Ok, ich schiebe mal etwas an. „Geht nicht?“ „Ne.“
Schwierige Ausgangslage. „Wenn ich die große jetzt loswerden will? Wie gehe ich das an?“. „Oh! Das wird schwierig. Da gibt es eigentlich nur Ebay.“. Großartig. Am Ende kaufen wir zwei kleine Gasfaschen, KEIN Alu und behalten die Große auch dabei. Wenn wir nach Hause kommen werden wir kein Gepäck mehr haben, aber einen Laderaum voller Gas.
Wir verlassen den Baumarkt mit Batterien, Stromadaptern, Gasflaschen, einem Pinsel … oh, das ist auch gut, der Pinsel. Irgendwann treffe ich Kathi zwischen den Gängen und sie hält mir glücksstrahlend einen Malerpinsel entgegen: „Schau mal!“ Ja sehe ich. Ein Malerpinsel.
„Ja, ist das super?“
Manchmal stehe ich einfach auf der Leitung. „Super für was?“ „Na, wenn wir in den Camper kommen mit dem Sand an den Füßen. Dann liegt da der Pinsel und wir putzen uns damit den Sand runter.“
Leute, ganz im Ernst, ich bin ein Nerd, aber was ist denn das für eine Idee? Andererseits will ich diese Euphorie auch nicht zerstören. Also lache ich, halte den Daumen hoch und sage: „Schatz, das ist ja ganz, ganz toll!“
Niemals werde ich mir mit einem Malerpinsel meine Füße abstreichen, bevor ich mir einen Espresso hole. Wir zahlen. Auch den Pinsel. Gestern war Keynote von Apple, irgendwann werde ich Verständnis brauchen.
So, jetzt aber! Noch kurz ein Café holen und dann geht es los. Mindestens 800 Meter! Dann kommen wir kurz vor der Autobahnauffahrt noch am Werksverkauf von Chiemsee vorbei. „Chiemsee!“ Okay, ich habe verstanden. Gestern war Keynote. Der Blinker ist gesetzt, wir besuchen Chiemsee.
Etwa gegen 12:00 Uhr schaffen wir es dann auf die Autobahn. Wie immer, voll im Zeitplan. Nach etwa 100 km bietet mir Kathi an, mal den Platz am Steuer zu tauschen. Finde ich super! Ich wollte nämlich mit der GoPro mal Außenaufnahmen machen am Camper.
Ich klebe die GoPro also außen am Camper fest, schwinge mich hinten rein und Kathi rollt los. Ich freue mich schon auf so eine geile Aufnahme mit dem Straßenschild im Bild. Das hat so einen Touch von Roadmovie. Ich schaue auf meinen Display, auf welchem die Aufnahme läuft und sehe dabei zu, wie Kathi es schafft auf der Autobahnauffahrt falsch abzubiegen. „Äh Kathi?“ „Was? Was ist denn?“ Ja, wie das jetzt sagen? Ist mir schlecht. Passiert so etwas eigentlich nur uns?
Um 16:00 Uhr sind wir dann am Wörthersee auf einem Stellplatz, welcher bei unserer Ankunft komplett leer ist. Riesige Rasenfläche, niemand da. Mulmiges Gefühl, aber gut. Was will man machen? Kostet 3 Euro. Ist bezahlbar und es sind ganze 50 Meter bis zum See. Wir bleiben.