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VI.Soziale Netzwerke und Trends

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Soziale Netzwerke haben in der Medienarbeit der meisten Städte und Gemeinden einen festen Platz eingenommen. Während die Lokalzeitungen mit sinkenden Auflagen zu kämpfen haben, steigt die Nutzungsdauer von Facebook, You­tube, Whatsapp & Co. Social Media eröffnen der externen Kommunikation neue Wege und Zielgruppen. Hinzu kommt, dass die Kommune die Bürgerinnen und Bürger schnell und direkt ansprechen kann. Durch den unmittelbaren Kontakt bieten sich vielversprechende Perspektiven für Bürgernähe, Dialog und demokratische Teilhabe. Auch die Identifikation mit der Gemeinde und der gesellschaftliche Zusammenhalt können auf diesem Wege gefördert werden. Zudem haben sich Social Media als ideales Instrument für die Information der Bevölkerung in Krisenlagen erwiesen, wie zuletzt die Corona-Krise unter Beweis gestellt hat.

Gleichwohl geht mit sozialen Netzwerken auch die Furcht vor dem Shitstorm und neuerdings „Hatespeech“ einher. Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren vermehrt die Schattenseiten von Social Media deutlich geworden. In ihnen bilden sich schnell sogenannte Filterblasen, die die menschliche Neigung bedienen, sich nur mit Gleichgesinnten zu umgeben und die eigene Meinung bestätigen zu lassen. Beste Voraussetzungen für die Entstehung von Verschwörungstheorien, die Abschottung von Weltbildern und im schlimmsten Fall auch für die Entstehung von Hass und Hetze. Manche werden sich erinnern: In ihren frühen Jahren wurden das Internet und die sozialen Netzwerke noch als Demokratisierungsmaschine gefeiert, die den Menschen größere Chancen auf Bildung und politische Teilhabe verschafft. Nun ist die Ernüchterung groß. Soziale Netzwerke sind nicht mehr und nicht weniger als ein gewaltiger Multiplikator, sowohl für negative, aber auch positive Effekte. Wie überaus konstruktiv sich Social Media gesellschaftlich auswirken können, hat ebenfalls die Corona-Krise gezeigt, als Nachbarschaftsnetzwerke über Nacht wie Pilze aus dem Boden schossen, um hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen. Auch für den demokratischen Diskurs spielen Online-Netzwerke eine bedeutende Rolle. So bieten beispielsweise lokale Facebook-Gruppen oftmals einen Resonanzraum für öffentliche Diskussion und kritischen Austausch. Wie gut dies vor Ort funktioniert, hängt meistens von Einzelpersonen ab und deren Begabung, fair und konstruktiv zu moderieren.

Soziale Netzwerke können insoweit durchaus einen Beitrag leisten für mehr Bürgernähe und die Förderung lokalen Engagements. Dies zu begleiten und voranzutreiben, setzt allerdings eine grundlegend andere Ansprache voraus. Kommunikation in sozialen Netzwerken zeichnet sich vor allem durch Interaktion und Dialog auf Augenhöhe aus. Der Austausch im Netz wird daher gerne mit einem Marktplatz verglichen, einem halb öffentlichen Ort, an dem eine Vielzahl an Einzelgesprächen gleichzeitig stattfindet. Wer also wissen will, was die Menschen umtreibt und worüber sie sich unterhalten, sollte sich ebenfalls auf den Marktplatz begeben.

Für die Kommunikation einer Kommune bringt das neue Anforderungen mit sich. So ist die klassische Pressearbeit durch das Zusammenspiel mit professionellen Journalisten und das Leitprinzip möglichst großer Sachlichkeit geprägt. Beim direkten Austausch mit Usern im Netz sind hingegen auch Menschliches, Humor und Emotionen gefragt, beispielsweise ein Video vom Karneval im Rathaus oder ein Foto vom beliebten Ausflugsziel im Sonnenuntergang. Dies dient weniger der Information als der Imagepflege und Heimatverbundenheit.

Nicht zuletzt erhöht sich durch eine solche Ansprache in signifikantem Maße die Chance, im Netzwerk überhaupt wahrgenommen zu werden. Eine entscheidende Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Netzwerk-Algorithmen. Sie sollen für den Nutzer vermeintlich besonders relevante Inhalte herausfiltern. Stark vereinfacht lässt sich sagen: Beiträge, auf die Nutzer reagieren, werden gepusht, Beiträge, die ohne Resonanz bleiben, verschwinden schnell aus dem Newsfeed und bleiben für einen Großteil des Publikums unsichtbar. Als wichtigstes Kriterium gilt daher für einen Social Media-Manager die „Relevanz“ der Inhalte. „Content is King“, heißt es in der Branche. Nur wenn ein Beitrag Reaktionen auslöst – messbar beispielsweise anhand Verweildauer, Interaktion oder Thementreue – kann er unbezahlt Reichweite aufbauen und wahrgenommen werden.

Für die Kommunikationsstelle bringt das erhebliche Herausforderungen mit sich. Sie muss die Rolle der externen Kommunikation definieren im Spannungsfeld zwischen sachlicher Information durch die öffentliche Verwaltung einerseits und bürgernahem, emotional getragenen Identifikationsangebot andererseits. Zudem stellt sich die Frage nach dem Aufwand. Die Kommune muss prüfen, in welchem Maße sie Inhalte für soziale Netzwerke gesondert produzieren und aufbereiten will. Mit der Pflege von Auftritten in sozialen Netzwerken geht ein erheblicher Mehraufwand einher, der bei Personalplanung und Anspruch an eine professionelle Außenwirkung berücksichtigt werden sollte.

Handbuch Kommunalpolitik Nordrhein-Westfalen

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