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FASTEN HÄLT GESUND UND JUNG

Es kommt nicht oft vor, dass sich wirklich alle Experten einig sind. Doch wenn es um die ideale Portionsgröße auf dem Teller geht, raten Gerontologen, Hormonspezialisten, Naturheilmediziner oder Ernährungswissenschaftler einstimmig – iss weniger! Tausende von wissenschaftlichen Fachartikeln aus den vergangenen Jahrzehnten bestätigen, dass eine zeitweilige, freiwillige Begrenzung der Nahrungsaufnahme dabei hilft, länger jung zu bleiben. Ohnehin begleitet Fasten die Menschheit schon lange: zunächst unfreiwillig als Ergebnis von Jagdpech und Missernten, später auch als religiöser Ritus oder als von der griechischen Antike inspirierte Methode der Mäßigung. In der tafelfreudigen Renaissance wurde das Prinzip der zeitweisen Kalorienreduktion im vermutlich ersten Selbsthilferatgeber der Weltgeschichte verewigt. Luigi Cornaro, der Autor des 1558 erschienenen Werks »Discorsi della vita sobria« (»Über das maßvolle Leben«), hatte seine Gesundheit als erfolgreicher Unternehmer in Padua mit reichlich Wein und üppigem Essen über die Maßen strapaziert. Schon mit Ende dreißig litt er an Fettleibigkeit, Gicht, Koliken und Diabetes. Das brachte den Kaufmann zu dem Entschluss, sich eine extrem kalorienarme Diät zu verordnen: Gerade mal zwölf Unzen Nahrung täglich – etwa 340 Gramm – gönnte er sich, außerdem zwei Gläser Wein. Die Schmalkost wirkte. Luigi Cornora tauschte Volumen gegen Vitalität und erlebte das hohe Alter von 98 Jahren. Mit 81 schrieb er seinen Fastenleitfaden, der zu einem Bestseller werden sollte.

WENIGER ESSEN FÜR EIN LÄNGERES LEBEN

Einer der ersten Forscher, der die Kalorienrestriktion wissenschaftlich unter die Lupe nahm, war der Biochemiker Clive McCay von der Cornell Universität in Ithaca, US-Bundesstaat New York. Bereits in den 1930er-Jahren berichtete er, dass Laborratten, die ein Drittel weniger Futter erhielten, um bis zu 50 Prozent länger lebten. Dieser Versuch wurde seitdem mit unterschiedlichen Spezies wiederholt, vom Fadenwurm bis zum Rhesusaffen. Das Ergebnis bestätigte sich ein ums andere Mal: Weniger essen heißt länger leben. Und gesünder: Beim Menschen ist eine reduzierte Energieaufnahme in der Lage, Nüchternblutzucker, Blutdruck, LDL-Cholesterin und Triglyzeride zu senken sowie HDL-Cholesterin und Insulinsensibilität zu verbessern. Auch DNA-Schäden lassen sich vermindern.

Verlangsamte Zellteilung und Autophagie

Mittlerweile steht auch fest, welche biochemischen Abläufe hinter dem Verjüngungseffekt stecken. Der Nahrungsentzug versetzt die Körperzellen in ein Lebensverlängerungsprogramm. Sie teilen sich langsamer, alte oder defekte Proteine und kaputte Zellteile werden abgebaut – ein Vorgang, den Experten als Autophagie bezeichnen. Dieses Phänomen unterstützt den Körper dabei, an weitere Energiereserven zu kommen. Das Selbstreinigungsprogramm läuft unterschwellig auch im Normalbetrieb der Zellen ab. Es wird gebremst, wenn der Körper bei der Verdauung Insulin ausschüttet.

Bei längeren Essenspausen hingegen erlebt die Autophagie einen wahren Boost. Welche Bedeutung der Frühjahrsputz in den Zellen für den Organismus hat, beginnt die Wissenschaft gerade erst zu verstehen. Manche Forscher halten diesen Prozess für einen Schlüssel zu einem langen, fitten Leben. Funktioniert die Autophagie nicht mehr richtig, drohen Erkrankungen wie Krebs oder Morbus Alzheimer. Vermittelt werden die molekulargenetischen Effekte des Fastens über verschiedene Signalwege, die die Nährstoffverwertung steuern und zugleich wichtige Zellprozesse regulieren. Eine wichtige Rolle spielt beispielsweise das Verdauungsenzym Nicotinamidadenindinukleotid. NAD, so die Abkürzung, aktiviert Gene, die wiederum für die Produktion von Sirtuinen verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um eine Enzymgruppe, die den Zellstoffwechsel kontrolliert. Unter dem Einfluss dieser Anti-Aging-Enzyme kommt es in der Zelle zu einer vermehrten DNA-Reparatur. Schäden am Erbgut, die durch ungesunde Ernährung, fehlende Bewegung oder negative Umwelteinflüsse entstanden sind, werden behoben und die winzigen Bausteine des Lebens wieder fit gemacht. So ist der Körper nach dem Fasten gesünder als vorher.


Auberginen sind bestes Sirtfood, denn sie enthalten Substanzen, durch die Sirtuine aktiviert werden.

MECHANISMEN FÜR DEN HEILSAMEN FASTENEFFEKT

Sirtuine gelten als die derzeit am besten untersuchten Enzyme mit Lebenszeitverlängerungspotenzial. Sie werden nicht nur durch Kalorienrestriktion aktiviert, sondern auch durch bestimmte chemische Substanzen, die beispielsweise in Heidelbeeren, Auberginen, Knoblauch, Kurkuma, Grüntee oder dunkler Schokolade stecken. Entsprechend bilden diese Lebensmittel die Grundlage der topgesunden Sirtfood-Diät, über die Sie später mehr erfahren werden (siehe >).

Neben den Sirtuinen existieren noch weitere biologische Mechanismen, die zu den heilsamen Effekten des Fastens beitragen. Dazu zählen etwa der Masterregulator mTOR (siehe >) und der Wachstumsfaktor IGF-1 (Insulin-like Growth Faktor-1). Werden diese Signalwege herunterreguliert, wie es bei der Kalorienrestriktion passiert, bremst das die Wachstumstendenz von Zellen – auch von potenziellen Krebszellen. Allerdings: Diese Verjüngungsstrategie funktioniert auch ohne mühevolle Nulldiät. Wie die tierexperimentelle Forschung zeigt, geht die Heilkraft des Hungerns zum Teil auf den Umstand zurück, dass die Nichtesser kein tierisches Eiweiß und keine schnell resorbierbaren Kohlenhydrate abkriegen. Wer also lediglich mit diesen beiden Nährstoffen knausert, senkt die Konzentration von mTOR und IGF-1 bereits deutlich ab und heimst die Fastenerfolge auf bequemere Weise ein. Exakt diesen Umstand nutzt auch das Scheinfasten.

Das neue Easy-Fasten

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