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II. Historische Entwicklung
ОглавлениеDas völkergewohnheitsrechtliche Fremdenrecht entwickelte sich zu einer Zeit, als dem Individuum im Völkerrecht mangels → Völkerrechtssubjektivität noch keine eigenen Rechtspositionen zuerkannt wurde (→ Individuum, Rechtsstellung). Die Verletzung fremdenrechtlicher Völkerrechtsnormen durch den Gaststaat wurde nicht als Rechtsverletzung gegenüber dem Individuum angesehen, sondern als Verletzung der Rechtspositionen von dessen Heimatstaat. Dieser Völkerrechtsverstoß erlaubte es dem Heimatstaat des davon Betroffenen, → Gegenmaßnahmen zu ergreifen (→ Verantwortlichkeit, völkerrechtliche). Diese Gegenmaßnahmen konnten durchaus militärischer Natur sein, wie etwa das Beispiel des britisch-spanischen Kriegs (1739 – 1742) um „Jenkins Ohr“ verdeutlicht, in dem Großbritannien Genugtuung für das angeblich von einer spanischen Küstenpatrouille abgeschnittene Ohr des britischen Handelskapitäns Robert Jenkins forderte. Erst mit dem in der UN-Charta enthaltenen → universellen Gewaltverbot ist seit 1945 die Anwendung militärischer Gewalt nicht mehr erlaubtes Mittel einer Gegenmaßnahme (Repressalie).