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1. Neer-Fall

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Im 19. Jahrhundert erhöhte sich die Anzahl fremdenrechtlicher Streitfälle, weil sich aufgrund des fortschreitenden ökonomischen Aufschwungs und der damit einhergehenden Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen immer mehr Ausländer in fremden Staaten aufhielten und in diesen wirtschaftlich tätig wurden. Die hierdurch ausgelösten Dispute zwischen den Staaten wurden regelmäßig auf friedlichem Wege, insbesondere durch die Anrufung von Schiedsgerichten, gelöst. Die wohl bis heute in Bezug auf den fremdenrechtlichen Mindeststandard meistzitierte Aussage dürfte im sog. Neer-Fall (LFH Neer and Pauline Neer [US v. Mexico, 1926] 4 RIAA) aus dem Jahr 1926 ergangen sein. Die USA warfen Mexiko vor, nur unzureichende Maßnahmen zur Aufklärung und Bestrafung eines in Mexiko verübten Mordes an einem US-Staatsbürger eingeleitet und hierdurch gegen das völkergewohnheitsrechtliche Fremdenrecht verstoßen zu haben. Zwar wurde der Klage der USA nicht stattgegeben, aber die Kommission entwickelte Kriterien zur Feststellung eines Verstoßes gegen den fremdenrechtlichen Mindeststandard. Demnach ist von einer Missachtung des Gebots auszugehen, wenn „the treatment of an alien [. . .] amount[s] to an outrage, to bad faith, to wilful neglect of duty, or to an insufficiency of governmental action so far of international standards that every reasonable and impartial man would readily recognize its insufficiency“ (LFH Neer and Pauline Neer [US v. Mexico, 1926] 4 RIAA 60, pp. 61 – 62). Auch heute noch wird diese Definition zur Feststellung eines Verstoßes gegen den fremdenrechtlichen Mindeststandard herangezogen. Das völkergewohnheitsrechtliche Fremdenrecht, wie es insbesondere in der Definition des Neer-Falls zum Ausdruck kommt, gewährt einen autonomen Standard, den die Staaten gegenüber Fremden einzuhalten haben, unabhängig davon, wie sie ihre eigenen Staatsangehörigen behandeln.

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