Читать книгу Das Märchen vom Nadelbäumchen - Gesamtausgabe - Birgit Kretzschmar - Страница 11

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Kapitel 7 Nadelbäumchen ärgert sich

Eines Tages, es war gerade kurz nach Sonnenaufgang und Nadelbäumchen war noch gar nicht richtig munter, da wurde es von Becchi und ihrem Täuberich aufgeschreckt. Die beiden flogen so plötzlich und wie auf Kommando von ihrem Schlafplatz auf seinen Ästen auf, dass es ganz erschrocken war. Normalerweise gurrten sie doch früh immer erst einmal gemütlich „Gugguuuh gu! Gugguuuh gu!“, bevor sie zur gemeinsamen Futtersuche ausflogen. Was war denn heute nur in sie gefahren? Dann nahm es ungewohnte, laute Geräusche war und kurz darauf sah es auch deren Urheber: 2 Baufahrzeuge kamen angefahren, mit allerlei Gerätschaften auf den Anhängern, die es nicht kannte. Die zwei Autos hielten nur wenige Meter von ihm entfernt an. Dann stiegen einige Männer in dunkelblauen Arbeitsanzügen aus und betraten Nadelbäumchens Wiese. Sie schlugen an vier Stellen Pfähle in die Erde und befestigten ringsherum ein rot-weißes Markierungsband. So entstand eine große, viereckige Fläche. Nadelbäumchen überlegte beunruhigt, was diese wohl damit vorhatten. Oh weh! Sie baggerten auf dieser Fläche die Wiese weg! Nadelbäumchen hörte die Gräser und Gänseblümchen jammern, aber was sollte es tun? Hilflos musste es mit ansehen, wie sie mit dem Erdreich auf einen der Hänger geworfen wurden. Ein paar Käfer flogen davon, Heuschrecken sprangen in Windeseile herunter und auch einige Ameisen brachten sich in Sicherheit. Für die Regenwürmer ging es leider alles viel zu schnell, sie landeten mit auf dem Hänger. Dann wurde Kies auf die Fläche geschüttet und glatt gezogen. Über diesen Kies verteilten die Arbeiter ganz ordentlich Steine, die wie ein Puzzelspiel zusammenpassten. Dann kam einer der Arbeiter mit einer Maschine, die rüttelte alles so durch, dass es dem Nadelbäumchen durch und durch ging. Als sie mit dieser Arbeit fertig waren, stellten die Arbeiter noch Metallpfähle mit Zeichen daran auf, solche hatte Nadelbäumchen noch nie zuvor gesehen. Danach packten sie ihre Gerätschaften zusammen, stiegen in ihre Fahrzeuge und fuhren davon. Auf einmal war es wieder still auf der Wiese – so still, wie sonst nie. Nadelbäumchen und allen Tieren auf seiner Wiese, in seinen Zweigen und auf den benachbarten Bäumen, hatte es die Sprache verschlagen. Fassungslos schauten sie auf den gepflasterten Platz, der jetzt dort entstanden war, wo noch bis vor kurzem Wiese gewesen war. Und nun? Wozu war ihre Wiese abgebaggert und mit Pflastersteinen belegt worden? Des Rätsels Lösung ließ nicht lange auf sich warten! Erst fuhr ein Auto auf die neue Fläche, nach einer Weile ein zweites, dann ein drittes. Etwas später standen 10 Autos auf dem Platz. Herr Täuberich und seine Becchi hatten dem Treiben von der Dachrinne des Hauses aus zugesehen, das in Nadelbäumchens Nähe stand. Nun, da es still war, trauten sie sich auch wieder zurück zu ihrem Nest. „Gugguuuh gu! Gugguuuh gu!“, rief Becchi, als sie wieder da waren. „Was hat das zu bedeuten, was für Zeichen stehen da? Kann mir das jemand erklären?“, wollte Nadelbäumchen wissen. Blaumeise Cinciarella war es, die ihm antwortete. „Nadelbäumchen, dass du aber auch immer gleich mehrere Fragen auf einmal stellst ... Also: Diese Zeichen sind Verkehrszeichen. Die werden aufgestellt, damit Leute, die ein Auto, Motorrad oder Fahrrad fahren, wissen, welche Verkehrsregeln dort gelten. Die Zeichen, welche hier aufgestellt worden sind, sehen blau aus und haben einen weißen Buchstaben drauf. Ich glaube, der heißt „Pe“,wenn ich mich nicht verhört habe, und bedeutet, dass auf dieser Fläche Fahrzeuge abgestellt werden dürfen.“ Gerade wollte sich das Nadelbäumchen bei Cinciarella für die Auskunft bedanken, da war zu hören, wie aus dem Haus gegenüber jemand ganz laut und ärgerlich rief: „Hey, was ist denn das für eine Sauerei! Mit dem Auspuff zum Haus hin parken? Und jedes Mal, wenn sie losfahren, puffen sie mir die Abgase zum Schlafzimmerfenster hinein! Parken sie gefälligst anders herum! Sonst werde ich mich beim Vermieter über sie beschweren!“ Nadelbäumchen, Cinciarella und die Tauben sahen daraufhin, dass das Auto wieder aus der Parklücke heraus fuhr, auf der Straße wendete, und dann vorwärts in die Parklücke wieder hineinfuhr. Dann stieg ein Mann aus dem Auto aus, den sie noch nicht kannten, und hörten, wie er der schimpfenden Frau zurief: „Meine Güte! Jetzt regen sie sich nicht so auf! Die Auspuffgase meines Autos stinken doch gar nicht!“ „Das meinen sie wohl, die stinken aber doch und verpesten die Luft!“, wetterte die Frau erneut. Nadelbäumchen, Cinciarella und die Tauben sahen nun, dass der Mann abwinkte, sein Auto abschloss und fortging. Er schien also gar nicht in diesem Haus zu wohnen. „Dankeschön für deine Auskunft, Cinciarella, du weißt wirklich gut über alles Bescheid!“, bedankte sich nun das Nadelbäumchen. „Nichts zu danken, Nadelbäumchen! Ich komme ja auch viel herum, da höre und sehe ich so manches ...“, tschilpte Cinciarella und flog davon. Herr Täuberich und seine Becchi waren von der Aufregung des Tages etwas müde geworden und gerade in ihr Nest geflattert, um ein kleines Nickerchen zu machen. Da sahen sie den Mann zurückkommen. Etliche Meter bevor er an seinem Auto war, hörten sie ein seltsames Geräusch vom Auto und sahen dessen Lampen aufleuchten. Na so was, es rief wohl seinen Besitzer? Im Nu war dieser auch schon an der Fahrertür angelangt, öffnete sie, stieg ein und startete den Motor.

„Remm-demm-demm-demm-demm. Remm-demm-demm-demm-demm.

Remm-demm-demm-demm-demm.“,

hörten das Nadelbäumchen und die Tauben. Eine bläuliche Wolke kam aus dem zitternden Auspuff. Plötzlich kam Belka, das Eichhörnchen, an Nadelbäumchens Stamm empor gehüpft und kletterte in seinen Wipfel. „Pfui, wie das stinkt!“, rief es. Nadelbäumchen musste kichern, denn Belka rümpfte sein niedliches Näschen derart, dass es wirklich lustig aussah. Aber recht hatte es, leider! Denn es stank wirklich fürchterlich! Da hatte die Frau vorhin schon recht gehabt, mit dem Mann zu schimpfen. Jeder konnte sich gut vorstellen, dass sie diesen Gestank nicht in ihrem Schlafzimmer haben wollte. Aber Bäumchen wollte den in seinen Ästen auch nicht haben! Und die Tiere wollten ihn auch nicht riechen! Zum Glück fuhr der Mann endlich los und der Gestank verflüchtigte sich relativ schnell. Inzwischen war es Mittag geworden und die Kinder kamen aus der Schule. Einige von ihnen, die sonst nachmittags gemeinsam auf der Wiese spielten, staunten natürlich sehr darüber, dass ihre Wiese plötzlich nur noch halb so groß war, wie vor der dem Parkplatzbau! Nadelbäumchen hörte, wie eines sagte: „Och, ich dachte, wir bekommen hier mal einen richtig tollen Spielplatz, mit Klettergerüsten und so, weil wir ja auf die Bäume nicht klettern dürfen. Oder eine Tischtennisplatte! Aber nööö, doofe Parkplätze haben sie hingebaut!“, und ein anderes antwortete: „Naja, mein Papa hat aber gesagt, Parkplätze brauchen wir auch. Er hat auch schon lange darauf gewartet, einen zu bekommen. Ich weiß gar nicht, ob er jetzt einen bekommen hat. Hier auf dem Parkplatz steht unser Auto jedenfalls nicht. Aber das kann es ja auch nicht, denn Papa ist ja noch auf Arbeit.“ Während die Kinder so miteinander sprachen, spuckten zwei ihre Kaugummis auf die Wiese und eines ließ sein Bonbonpapier fallen. Nadelbäumchen traute seine Augen nicht! Ausgekatschte Kaugummis und Bonbonpapier einfach auf die Wiese werfen und liegen lassen? Was war denn das für eine Sauerei? Es wedelte mit seinen Zweigen und rauschte so laut es konnte, aber die Kinder kümmerte das nicht. Sie verstanden ja nicht, was es ihnen sagen wollte. Belka hatte inzwischen wohl lange genug sein süßes Näschen gerümpft und sich über die Auspuffgase geärgert, jedenfalls kam es nun beschwingt aus dem Wipfel wieder herab und hüpfte auf die Wiese. „Dann werd ich nun mal weiter meine Nüsse suchen, die ich neulich verbuddelt habe. Irgendwo hier müssten die Stelle sein ...“ Es suchte hier, da, dort, hüpfte bald nach links, bald nach rechts, fand seine vergrabenen Nüsse aber nicht wieder. Wahrscheinlich hatte es wieder einmal völlig vergessen, sich die richtige Stelle zu merken. Auf einmal kam es mit Zigarettenkippen in den Pfötchen zurück, lief damit zum nächsten Papierkorb, sprang auf dessen Rand und warf die Zigarettenstummel hinein. „Wie lieb von dir, Belka, dass du hilfst, die Wiese sauber zu halten! Es ärgert mich so fürchterlich, dass hier in letzter Zeit so viel Unrat einfach auf unsere schöne Wiese geworfen wird! Was ist nur mit den Menschen los? Achten sie denn die Umwelt gar nicht mehr? Wir leben doch alle nur gut und gesund, wenn es bei uns sauber bleibt!“, sagte das Nadelbäumchen zum Eichhörnchen. Belka blinzelte freundlich, schmatzte dreimal kurz und hüpfte dann zu den Laubbäumen hinüber. Vermutlich wollte es da weiter nach seinen vergrabenen Nüssen suchen. Nachdenklich blickte Nadelbäumchen ihm nach. Da sah es seinen kleinen Freund Marini, den roten Marienkäfer mit den schwarzen Punkten, angeflogen kommen. „Hallo, liebes Nadelbäumchen! Ich wollte nur mal auf die Schnelle zu Besuch kommen ...“, grüßte Marini freundlich, setzte sich auf eine Zweigspitze und putzte sich. „Hallo mein lieber Marini, lange nicht gesehen! Geht es Dir gut und was gibt es Neues?“, entgegnete das Nadelbäumchen. Da begann Marini zu erzählen: „Danke der Nachfrage! Ja, mir persönlich geht es gut! Ich habe in den Rosensträuchern, die um die Ecke herum wachsen, viele Blattläuse gefunden! Jetzt ist mein Bäuchlein erstmal voll! Also satt und gesund bin ich, aber es gibt auch etwas, dass mich ärgert.“ „Was denn?“, wollte Nadelbäumchen wissen. „Na, es wird immer dreckiger um uns herum! Vorhin sah ich zwei Feuerwanzen miteinander über den Boden krabbeln und die beiden waren so ins Gespräch vertieft, dass sie gar nicht auf die Umgebung geachtet haben. Die beiden sind voll auf einen klebrigen Kaugummi draufzu gekrabbelt! Wenn ich nicht „Ey, passt doch mal auf, wo Ihr hinkrabbelt!“, gerufen hätte, wären sie womöglich voll da hinein geraten und festgeklebt! Am Ende wären sie vielleicht elendig darin umgekommen! Ich weiß ja nicht, ob so ein ausgespuckter Kaugummi noch klebrig genug ist, um die Freunde festzuhalten. Aber auf einen Versuch möchte ich es lieber nicht ankommen lassen! Und bildlich vorstellen möchte ich es mir lieber auch nicht.“ Während die beiden sich über Marinis Erlebnis unterhielten, sahen der Täuberich und seine Becchi den kleinen Jungen, der im Haus gegenüber wohnte und manchmal mit seinem bunten Ball auf der Wiese spielte, auf das Nadelbäumchen zukommen. Auch heute hatte er seinen Ball dabei. Über irgendetwas schien er dabei zu stolpern. Zum Glück konnte er sich abfangen und fiel nicht hin, aber er ließ seinen Ball fallen und der kullerte nun über die Wiese und wurde plötzlich von etwas abgebremst. Der Junge lief zu seinem Ball und sah, dass der an eine leere Glasflasche gerollt war. Kopfschüttelnd bückte sich der kleine Junge danach, hob die Flasche auf und trug sie zum Papierkorb. ‚Aber eigentlich gehört sie dort ja auch nicht hinein‘, hat er wohl noch überlegt, denn er ging auf einmal mit ihr vom Papierkorb weg und warf sie in den Altglascontainer, der nur ein paar Meter weiter stand. „Ach, wenn doch alle so handeln würden wie der kleine Junge! Dann wäre es bei uns wieder so sauber, wie es früher einmal war!“, sagte da das Nadelbäumchen und rauschte mit seinen grünen Zweigen.

Das Märchen vom Nadelbäumchen - Gesamtausgabe

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