Читать книгу Das Märchen vom Nadelbäumchen - Gesamtausgabe - Birgit Kretzschmar - Страница 14

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Kapitel 10 Nadelbäumchen und der Teddybär

Es war einmal so um die Mittagszeit, vom Kirchturm hatte Nadelbäumchen gerade die Glocken läuten hören, da sah es auf dem Gehweg eine junge Frau mit einem Kinderwagen kommen. Sie schob den Wagen ganz langsam vor sich her. An der linken Seite des Wagens ging ein kleiner Junge, der sich mit seiner rechten Hand am Griff des Kinderwagens anhielt. Nadelbäumchen überlegte, ob es die beiden schon einmal gesehen hatte, aber es fiel ihm nicht ein. Da sah es, dass der Kleine den Kinderwagengriff losließ, mit dem Finger auf das Nadelbäumchen zeigt und dabei irgendetwas zu der Frau sagte. Es beobachtete, wie sie auf ihre Uhr blickte, nickte und den Kinderwagen in Richtung Nadelbäumchen lenkte. Im nächsten Augenblick kam die kleine Familie auch schon auf das Nadelbäumchen zu. Die Frau stellte den Kinderwagen in Nadelbäumchens Schatten ab, bückte sich und zog unten aus dem Körbchen eine Decke heraus. Diese breitete sie neben dem Kinderwagen aus und der kleine Junge setzte sich darauf. Als nächstes holte die Frau aus dem Netz am Kinderwagengriff ein kleines Buch, eine Flasche und einen kleinen Becher, das alles reichte sie dem Jungen hinunter und sagte: „Trink schon mal etwas, aber nicht so hastig, damit du dich nicht verschluckst! Das Buch kannst du dir auch schon einmal ansehen. Ich versorge erst einmal dein Schwesterchen und dann lese ich dir vor. Einverstanden?“ „Ja, Mami! Danke!“, sagte da der Kleine, goss ganz vorsichtig etwas aus der Flasche in den Becher und trank ein paar Schlucke. Währenddessen schlug die Frau am Kinderwagen vorsichtig das Kissen zurück und hob behutsam ihr Baby aus dem Wagen, nahm dann eine Babyflasche aus dem Netz am Haltegriff und setzte sich mit auf die Decke. Sie legte sich ihr Baby vorsichtig in den Schoß, das Köpfchen hatte sie dabei in ihrer linken Armbeuge. Mit der rechten Hand reichte sie ihm vorsichtig das Babyfläschchen. Das Baby lächelte, griff mit beiden Händchen danach und nuckelte genüsslich. Liebevoll schaute die Mutter ihr Mädel dabei an, dann blickte sie zu ihrem Sohn und fragte ihn: „Und dein Teddy bekommt nichts zu trinken?“ „Aber klar doch, Mami!“, sagte da der Kleine und zeigte seiner Mutter, wie er seinem Teddybären den Becher an das Plüschmäulchen hielt. „Prima! Jetzt sind wir alle versorgt!“, sagte die Mutter da freundlich. Nadelbäumchen beobachtete die kleine Familie ganz still und neugierig. Es hatte ja schon etliche Kinder gesehen, aber zum allerersten Mal ein Baby. Wie klein ein Mensch doch als Baby ist! Und wie süß! Nadelbäumchen versuchte, jedes Geräusch zu vermeiden, um die drei nicht zu stören. Da kamen Herr Täuberich und seine Frau Becchi von der Futtersuche zurück geflattert und wollten es sich zum Mittagsschläfchen auf ihren Lieblingsästen gemütlich machen. Dabei waren das Flattern ihrer Flügel und das Knacken einiger Zweige zu hören. „Pssst! Seid bitte leise! Wir haben Besuch!“, flüsterte das Nadelbäumchen ihnen zu. „Und falls ihr noch ein Geschäft zu verrichten habt, dann passt bloß auf, dass nichts auf unsere Gäste fällt!“, mahnte es noch. Täuberich und Becchi nickten zustimmend und gaben keinen Mucks von sich. Es dauerte nicht lange, dann hatte das Baby genug vom Trinken. Da hob die Mutter es hoch, lehnte es mit dem Köpfchen an ihre Schulter und klopfte ihm ganz vorsichtig auf den Rücken. „Nun hast du fein getrunken, jetzt mach dein Bäuerchen, damit du keine Bauschmerzen bekommst, und dann kannst du gleich wieder etwas schlafen.“, sprach sie dabei mit ruhiger Stimme zu ihrem Baby. Da war auch schon das Geräusch zu vernehmen, „Öhrrrr...“. „Fein gemacht!“, war die Mutter zu hören. Dann legte sie ihr Baby vorsichtig zurück in den Kinderwagen und deckte es zu. Nadelbäumchen gefiel der Kinderwagen sehr. Er war so bunt und hatte sogar einen kleinen Sonnenschirm! Niedlich! Während es alles ganz genau betrachtete, setzte sich die Frau wieder auf die Decke. „So, mein Schatz, nun reiche mir doch bitte mal das Buch. Ich möchte dir etwas vorlesen, weil du es ja noch nicht selbst lesen kannst.“ „Oh ja! Hier hast du es!“, sagte da der Junge, reichte seiner Mutter das Buch, drückte seinen Teddy ganz fest an sich und flüsterte ihm ins Ohr: „Du musst jetzt ganz still sein! Mama liest uns eine Geschichte vor!“ Da fing die Mutter an: „Das Buch trägt den Namen „Die Stifte in meiner Schublade“. Geschrieben hat es Christian-Lothar Ludwig und es handelt von einem kleinen Jungen wie dir, der etwas sehr Trauriges erlebt hat und nun lernen muss, damit zurechtzukommen. Diese Geschichte geht so: ...“ Doch genau in dem Moment, als sie mit dem Vorlesen beginnen wollte, fing das Baby an zu schreien! „Entschuldige, ich werde dir später vorlesen. Jetzt müssen wir erstmal fix nach Hause!“, sagte sie nun zu ihrem Jungen und bat ihn, sich zu beeilen. Traurig stand der Kleine auf, packte seine Trinkflasche und den Becher und trat beiseite, damit die Mutter die Decke ausschütteln, zusammenlegen und unten im Körbchen des Kinderwagens verstauen konnte. Rasch war alles verstaut. Dann machte sich die kleine Familie schnellen Schrittes auf den Heimweg. ‚Och, schade, dass sie schon gehen mussten! Die Geschichte von den Stiften in der Schublade hätte ich auch gerne gehört! Nun werde ich sie wohl nie erfahren!‘, dachte da das Nadelbäumchen bei sich und schaute ihnen betrübt nach. In Gedanken versunken nahm es ein ganz leises Wimmern wahr. Da weinte doch jemand? Aber es sah niemanden! Angestrengt blickte es sich um. Da! Da lag der Teddybär des Jungen! Er musste ihn in der Eile vergessen oder verloren haben! Belka, das Eichhörnchen, kam über die Wiese gehüpft, blieb einen Meter vor dem Teddybären sitzen und machte Männchen. „Hey du, was bist du denn für einer, wo kommst du her, was machst du auf unserer Wiese?“, wollte es wissen. Aber der Teddybär schluchzte nur leise und konnte sich gar nicht beruhigen. Vorsichtig traute sich Belka näher und tippelte Schrittchen für Schrittchen an den Teddy heran. Als es sich sicher genug fühlte, traute sich das Eichhörnchen tatsächlich, dem Teddybären ein Pfötchen auf die Schulter zu legen und ihn mit seinem Näschen anzustupsen. Da hörte der Teddy endlich auf zu weinen und stellte sich vor. „Entschuldigt bitte! Ich heiße Teddy und gehöre dem Paulchen. Er würde mich niemals vergessen oder gar freiwillig irgendwo liegen lassen, das weiß ich ganz genau! Aber er musste vorhin so schnell aufstehen, dass ich ihm aus seinem Arm gerutscht bin. Ich fürchte, er hat noch gar nicht gemerkt, dass er mich hier verloren hat! Oh, hoffentlich kommt er bald zurück, um mich zu holen. Ich vermisse ihn so sehr!“ Da kullerten schon wieder Tränen aus seinen schwarzen Knopfaugen. Belka und dem Nadelbäumchen tat der Teddy furchtbar leid. „Wohnt ihr denn weit entfernt von hier?“, wollte Belka nun wissen. „Das weiß ich nicht! Ich war heute zum ersten Mal mit Paulchen unterwegs und habe nicht auf den Weg geachtet. Es gab ja so viel zu sehen!“, antwortete der Teddybär. „Aber wie lange wart ihr denn unterwegs? Weißt du wenigstens das?“, forschte Belka weiter. „Nein, keine Ahnung!“, gestand Teddy unter Tränen. Belka schüttelte den Kopf. „Das geht doch nicht! Wenn man in eine neue Gegend kommt, muss man doch erst recht auf den Weg achten und ihn sich merken, damit man notfalls auch alleine zurück findet!“, schalt es. Da mischte sich das Nadelbäumchen ein. „Lass gut sein, Belka! Du hast einerseits recht, andererseits helfen Vorwürfe dem Teddy aber auch nicht weiter! Und, wo wir gerade beim Stichwort „Das muss man sich merken ...“, sind: Wie ist das mit dir und deinen vergrabenen Nüssen? Du merkst dir doch auch nicht immer, wo du sie verbuddelt hast.“ Da kratzte sich Belka mit dem Pfötchen am Hinterkopf und nickte. „Stimmt schon.“, gab es zu. „Gugguuuh gu! Gugguuuh gu!“, gurrte der Täuberich von seinem Lieblingsast aus. „Seht doch, der Junge und seine Mama kommen zurück!“ Da sahen Nadelbäumchen, Belka und Teddy sie auch schon angelaufen kommen. Dieses Mal hatten sie den Kinderwagen nicht dabei, der kleine Junge rannte auf das Nadelbäumchen zu und rief: „Mama, Mama! Er ist hier! Wie ich dir gesagt habe! Mein Teddy ist hier!“ Überglücklich hob er seinen Teddy auf und drückte ihn an seine Brust. Dann drehte er sich schnell zu seiner Mutter um und schon machten sie sich wieder auf den Heimweg. Nadelbäumchen hörte den Teddy ganz laut seufzen und, wenn es sich nicht verguckt hat, hat Teddy ihm zum Abschied mit seiner kleinen Plüschtatze gewunken. Zufrieden, dass alles ein gutes Ende genommen hatte, rauschte es da mit seinen Zweigen – was soviel hieß wie: „Mach es gut, mein kleiner Freund, und besucht uns doch mal wieder!

Das Märchen vom Nadelbäumchen - Gesamtausgabe

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