Читать книгу Das Märchen vom Nadelbäumchen - Gesamtausgabe - Birgit Kretzschmar - Страница 7
ОглавлениеKapitel 3 Nadelbäumchen und das Eichhörnchen
Das Nadelbäumchen bekam in letzter Zeit regelmäßig Besuch von Belka, dem rotbraunen Eichhörnchen. Ein niedliches Tierchen war das! Es hatte lustig nach oben stehende Pinselohren, stets munter blickende, pechschwarze Knopfaugen und einen tollen, buschigen Schwanz. Mit seinen kleinen, schlanken Füßchen kletterte es flink und geschickt an Nadelbäumchens Stamm empor, bis ganz weit oben – dorthin, wo einige Zapfen wuchsen. Es hatte lange Krallen an seinen Füßen, mit denen es sich mühelos an der Rinde des Baumes festhalten konnte. Manchmal sprang es auch munter von einem Ast zum anderen. Dabei ruderte es mit seinem buschigen Schwanz und landete immer genau da, wo es wollte. Es war geschickt wie ein Zirkuskünstler, sprang oder kletterte dabei so flink und leise, dass das Nadelbäumchen manchmal Mühe hatte, es nicht aus den Augen zu verlieren. Mitunter kam es vor, dass es das Eichhörnchen nur wiederfand, weil es an einigen Stellen seiner Äste kitzelig war. Ja, die spitzen Krallen des Eichhörnchens können schon ganz ordentlich piksen! Sehr gesprächig war das Eichhörnchen nicht! Es ließ bestenfalls ein paar Laute hören, die wie Schmatzen klangen. Das Nadelbäumchen mochte es sehr. Es vertrieb ihm die Langeweile, denn durch seine Umtriebigkeit gab es für das Nadelbäumchen etwas zu beobachten. Es hatte gesehen, wie und in welchen der benachbarten Bäume es sich Schlafnester bebaut hatte und auch, welches Baumaterial es dazu verwendet hatte: Viele, kleine Zweige und Laub hatte es dafür zusammengetragen und gleich mehrere Kobel daraus gebaut. Zum Mittagsschlaf zog es sich mal hierhin zurück, für die Nacht mal dorthin. Da war kein genauer Plan zu erkennen. An manchen Tagen spielten Kinder aus dem Wohngebiet auf der Wiese und wenn sie das Eichhörnchen sahen, lockten sie es mit Nüssen. Aber das Eichhörnchen spielte meistens erst einmal Verstecken mit ihnen. Es hüpfte auf sie zu, hielt dann plötzlich inne, machte Männchen und sprang dann flink davon. Wenn es allerdings großen Appetit hatte, huschte es nur bis zu einem der unteren Äste und wartete ab, bis sich die Kinder hinhockten und mucksmäuschenstill ihre Hände nach vorn streckten. Der verlockende Anblick dieser Nüsse brachte dann das Eichhörnchen dazu, allen Mut zusammenzunehmen und sich den Kindern vorsichtig zu nähern. Eines Tages war ein Kind mitgekommen, welches das Nadelbäumchen bisher noch nie gesehen hatte. Vielleicht war es mit seinen Eltern erst vor kurzem hierher gezogen oder nur zu Besuch? Das ließ sich auf die Schnelle nicht herausbekommen. Natürlich hätte das Nadelbäumchen die Kinder ja auch einfach danach fragen können. Aber was hätte es genützt? Es kannte zwar ihre Sprache, aber die Kinder verstanden ja seine leider nicht. Eines der Kinder hatte gerade vorgeschlagen, Verstecken zu spielen, als ein anderes das Eichhörnchen entdeckte. Schnell legte es seinen rechten Zeigefinger vor seinen Mund und flüsterte: „Psst! Seht doch! Belka ist wieder da! Hat jemand Nüsse einstecken?“ „Wer ist denn Belka?“, fragte da das – dem Bäumchen – unbekannte Kind. „Belka, so heißt das Eichhörnchen. Sieh mal, da oben sitzt es! Aber sei still, sonst fürchtet es sich und traut sich nicht herunter!“ Durch dieses Erlebnis hat der kleine Nadelbaum den Namen des Eichhörnchens erfahren. Seitdem begrüßt er es bei jedem Besuch mit einem: „Hallo Belka! Willkommen und schön, dich zu sehen! Hab Spaß beim Klettern und pass gut auf dich auf! Du darfst überall auf mir herumklettern und auch meine Zapfen fressen. Nur um eine Sache bitte ich dich: Lass die Nester der Tauben in Ruhe! Die Tauben sind meine Freunde! Wenn du ihren Jungen etwas zuleide tust, schüttle ich dich ab!“ Ob Belka die Worte des Nadelbäumchens wohl verstanden hat? Niemand kann das genau sagen – aber bis heute ist den Taubenjungen im Nadelbäumchen noch nie ein Leid geschehen.