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a) Betriebsleitung (§ 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB, § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 OWiG)
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Wird jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten beauftragt, die Leitung des Betriebes zu übernehmen, so haftet dieser (sog. Substitut) als Betriebsleiter nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB. Das gleiche gilt, wenn der Auftraggeber ein Unternehmen (S. 2) oder eine öffentliche Stelle (S. 3) ist. Ein Betrieb ist entsprechend der gängigen Definition eine planmäßig und meist auch räumlich zusammenhängende Einheit mehrerer Personen und Sachmittel unter einheitlicher Leitung zur Erreichung des auf eine gewisse Dauer gerichteten arbeitstechnischen Zwecks, Güter oder Leistungen materieller oder immaterieller Art hervorzubringen oder zur Verfügung zu stellen.[49] Dabei braucht der verfolgte Zweck nicht wirtschaftlicher Art zu sein, sodass auch Rechtsanwaltskanzleien, Arztpraxen, Krankenhäuser und karitative Einrichtungen unter den Betriebsbegriff fallen.[50]
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Betriebsleiter ist derjenige, dem die Geschäftsführung eigenverantwortlich übertragen worden ist und der dementsprechend selbstständig an Stelle des Betriebsinhabers handelt.[51] Daran fehlt es, wenn der Beauftragte seine Entscheidungen mit dem Betriebsinhaber abstimmen muss.[52] Anders als in Nr. 2 genügt hier auch eine konkludente Betrauung mit der vollständigen oder teilweisen Leitung des Betriebs.[53] Die bloße Beauftragung zur Betriebsleitung ist jedoch nicht ausreichend. Voraussetzung ist, dass der Betriebsleiter den Auftrag angenommen[54] und seine Stellung auch tatsächlich angetreten hat, weil nur dann der Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, der seine Verantwortlichkeit rechtfertigt.[55] Entscheidend für die Eigenschaft eines Betriebsleiters ist seine tatsächlich ausgeübte Funktion, nicht hingegen die jeweilige Bezeichnung.[56] Auch können mehrere Beauftragte einen Betrieb bzw. ein Unternehmen leiten.[57]
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Dem Betriebsleiter stehen Personen gleich, die einen Teil eines Betriebs oder Unternehmens leiten. Ein „Teil“ kann sowohl ein Zweigbetrieb als auch die Abteilung eines Gesamtbetriebs (z.B. Einkauf, Vertrieb, Technik, Revision etc.) mit einer gewissen Selbstständigkeit und Bedeutung sein.[58] Auch hier ist nicht die Bezeichnung, sondern die Funktion entscheidend.[59] Allein die Beaufsichtigung anderer Mitarbeiter und die verantwortliche Begleitung von Betriebsabläufen reichen nicht aus, um von einer eigenständigen Teilleitung des Betriebs zu sprechen. Vielmehr muss die Stellung im Betrieb so verantwortlich sein, dass die Übernahme von Aufgaben des Betriebsleiters als selbstverständlich erscheint. So können beispielsweise Vorarbeiter nicht unter Abs. 2 Nr. 1 2. Var. gefasst werden.[60] Als Abgrenzungskriterium kann die in § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG enthaltene Umschreibung des leitenden Angestellten dienen.[61] Einer Aufsichtsperson ohne Leitungsbefugnis kann das beim Vertretenen vorliegende persönliche Merkmal nur unter den engeren Voraussetzungen des Abs. 2 S. 1 Nr. 2 zugerechnet werden.[62]
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Der Betriebsleiter muss von dem Betriebsinhaber oder einem sonst dazu Befugten einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Auftrag erhalten haben.[63] Ist der Betriebsinhaber eine juristische Person, so sind zur Erteilung eines solchen Auftrags deren organschaftliche Vertreter berufen. Bei rechtsfähigen Personengesellschaften ist deren vertretungsberechtigter Gesellschafter zuständig. Im Übrigen sind die sonst zur Auftragserteilung Befugten zu nennen. Hierbei handelt es sich in der Regel um Leitungspersonen, die zur Auftragserteilung kraft Gesetzes ermächtigt sind oder durch den Betriebsinhaber oder dessen gesetzlichen Vertreter bevollmächtigt wurden.[64]