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Ein Mädchen durfte, wenn es in der Zeit war, keinen Rosenstrauch berühren, sonst ging der Rosenstrauch ein. Ein Mädchen durfte, wenn es in der Zeit war, keine Früchte einmachen, sonst verdarben die Früchte. Ein Mädchen durfte, wenn es in der Zeit war, keinen Myrtenstrauch pflanzen. »Wer Myrten baut, wird keine Braut.« Ein Mädchen durfte, wenn es das erste Mal in der Zeit war, das Hemd nur mit kaltem Wasser waschen und dieses Wasser nur an einen Rosenstrauch gießen, damit es sein Leben lang ein rotes Gesicht behielt.

All das wusste er. Er wusste auch, dass sie fror, wenn sie in der Zeit war. Sie war dann noch mehr allein.

»Woher wollt ihr wissen, wer ich bin?«, brüllte sie.

»Wenn du so etwas sagst, liegt kein Segen darauf«, sagte der Vater, der von allem nichts wusste.

Miriam rannte hinaus. »So ein Arschloch.«

Sie rannte in ihr Zimmer und zog sich um. »Lass mich in Ruh«, rief sie, als Johannes an die Tür klopfte. Sie wollte allein sein. Aber er wusste, dass sie nicht allein gelassen werden wollte. Er klopfte wieder. So, wie er klopfte, wusste sie, dass er es war. Zweimal weich klopfen, dann eine kurze Pause, wieder zweimal weich klopfen, wieder eine Pause, und ein drittes Mal. Mit jedem Doppelklopfen ließ er den Ton weicher und fragender werden. Als sie nicht antwortete, öffnete er langsam die Tür. Als sie nicht aufblickte, ging er hinein. Er setzte sich aufs Bett; er setzte sich neben sie.

Einmal hatten sie gemeint, der Herr JEsus blicke durch das Dachfenster in ihr Zimmer herunter und schaue, ob sie die Schnörkel im Schönschreibheft richtig gemalt, ob sie die Schuhe ordentlich vors Bett gestellt, ob sie der Mutter geholfen und nicht gelogen hatten.

Johannes sagte: »Weißt du noch, als ich die zwei Zehnpfennigstücke aus dem Muttergeldbeutel genommen und in der Bäckerei zwei Gummicolaflaschen gekauft habe?«

Miriam sagte nichts.

Haribo. Cola. Es war der Geschmack der Welt. Sie und er. In der Welt war die Versuchung. Die versuchten sie. Je schwärzer sie war, desto besser schmeckte sie. Sie saugten das Schwarz aus den Colaflaschen. Er war schneller als sie. Er war stärker als sie.

Sie sagte: »Es ist einfach nicht fair.«

Er musste ihr recht geben.

Sie blickten durchs Dachfenster in den Nachthimmel. »Irgendwo gibt es auch noch den Heiligen Geist«, sagte sie. »Aber alle, die da oben wohnen, haben nie ihre Tage.«

Er sagte: »Der Heilige Geist kommt als Taube.«

»Aber nur auf die Häupter der Auserwählten. Ein Mädchen ist noch nie auserwählt worden.«

Sie hatte recht. Er würde einst zu den Auserwählten zählen, sie, Miriam, nicht. Der Heilige Geist war noch nie aufs Haupt einer Frau gekommen.

Er sagte: »Doch, aufs Haupt der Maria und der Elisabeth.«

»Aber nur, weil sie Jungen in sich trugen.«

Er sagte: »Du und ich, wir gehören zusammen.«

Sie sagte: »Ja, jeder für sich. Das ist nun einmal so.«

Sie waren ein großes Atmen, ein großer Rhythmus, der eigene und der des anderen. In ihr und in ihm.

Johannes sagte: »Lass ihn doch. Der Vater kann nichts dafür. So ist er eben.«

Er spürte die Wirkung seiner Worte. Er spürte ihre Augen. Gehen Alche. Er sagte »Arlorn.«

Sie sagte: »Immerhin scheint die Sonne.«

Er sagte: »Du bist die schönste unter den Menschenkindern, voller Huld sind deine Lippen, wahrlich, GOtt hat dich gesegnet.«

Sie sagte: »Ich spüre die Sonne. Warm und kalt zugleich.«

Andershimmel

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