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Sie sagte: »Soll er doch toben, der Alte.«

Nur das Atmen war noch da – und die Wärme der Bettdecke. »Willst du dich noch ein bisschen zu mir legen?«, fragte sie Johannes. Er legte sich neben sie. Er betrachtete die Tränen in ihren Augenwinkeln. Sie zog die Decke weit über sich und über ihn. Da waren sie allein.

»Pubertär.« Das war ein Vaterwort. Wenn der Vater »pubertär« sagte, war es ihm wohl, denn er meinte, wenn er ein Wort gefunden hatte, dann hätte er ein Verstehen gefunden, und das Verstehen war ihm ein Werkzeug des Trostes. Des Selbsttrostes. Im Verstehen fand der Vater seinen Atem. Im Verstehen fand der Vater die Ordnung der Welt. Der Vater meinte es gut, wenn er etwas verstanden hatte. Alles gehörte in SEine Ordnung, gelobet sei der HErr. So verstand der Vater die Welt. Alles war größer als man selbst. Alles lag in SEiner Hand. So hoch der Himmel über der Erde, so hoch sind MEine Gedanken über euren Gedanken. Alles lag in SEiner Hand, in der man sich geborgen fühlen durfte. Geboren und geborgen. Ich steh in meines HErren Hand und will drin stehen bleiben.

Miriam legte Brahms in den Kassettenrekorder. Phantasien. Die Haare fielen ihr über die Schultern. Johannes schaute den Bewegungen ihres Halses zu. Der atmete. Es waren Mächte in ihm. Die Macht des Schluckens. Die Macht des Atmens. Die Macht des Sprechens. Die Macht des Singens. Miriams Atmen kam Mächtigem nahe. Er liebte sie. Er liebte ihren Hals. Er liebte ihr Atmen. Er liebte ihren Kampf gegen den Schmerz ihres Körpers. Er war bei ihr. Weit weg von allem.

Sie war stark, wenn es ihr kalt war.

Sie sagte: »Unser Alter hat doch keine Ahnung. Der lebt in einer Welt von vor zweihundert Jahren.«

Die Haare schwebten wie ein dünner Vorhang um ihren Hals. Der heilige Mund und die Töne, die ihr gehörten. Im Bett waren sie weit weg von allem und allen.

Sie waren Fremde – im Dorf und in der Welt. Sie waren Fremde voreinander und miteinander. Sie hießen Schneewittchen. Sie hießen Reh. Sie hießen Kuss. Sie hießen Kussi. Sie hießen Sternenhimmel. Sie richteten sich ein in ihrem Fremdsein. Gemeinsam. Miteinander.

Miriam roch nach Baby-Crème. Es war ein Geruch der Unschuld. Sie will zu mir, dachte er. Sein Herz zitterte. Das Dorf lag hinter ihnen. Es lag vor ihnen. Es lag neben ihnen.

»Alles in Ordnung?«, fragte Johannes.

»Klar. Bei mir ist immer alles in Ordnung«, sagte Miriam und lachte.

Das Leben lag vor ihnen. Sie waren ruhig. Alles Atmen ging auf in ihnen. Sie lachten miteinander. Sie drehten den Kopf zur Seite und blickten einander in die Augen.

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