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Wie viele Augenblicke hat eine Viertelstunde?

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Mit der Zeit verhält es sich jedoch anders. Dafür besitzen wir kaum innere Spione. Uns ist es nicht gegeben, Profis des Zeitempfindens zu werden. Aber man kann vieles andere lernen – zum Beispiel pünktlich zu kommen, man kann eine Uhrmacherlehre machen oder als Logistik-Spezialist Zeitströme lenken, man kann als Projektleiter die Abfolge bestimmter Aufgaben akribisch nach Zeitintervallen berechnen, und man kann als Physikerin theoretisch und experimentell das Wesen der Zeit ergründen. Aber wenn ich mich frage: »Wie viele Augenblicke hat eine Viertelstunde?« oder »Wie viele Augenblicke hat eine Weile?«, dann hilft mir all mein physikalisches Wissen nicht weiter. Natürlich kann ich als Physikerin erklären, wie eine Sekunde definiert wird und was fünfzehn Minuten sind. Aber das hilft mir nicht, wenn ich – ohne andere Maßstäbe als mir selbst – beschreiben soll, wie lange eine Viertelstunde oder eine Weile sind.

Ich glaube, man sollte zwei verschiedene Arten von Zeit unterscheiden: die persönliche (empfundene) Zeit einerseits und die Uhrzeit (eigentlich »Atomzeit«) andererseits. Beide Zeitarten haben nichts miteinander gemein. Ohne besondere Hilfsmittel kann der Mensch objektive Zeit – die Uhrzeit – nur eingeschränkt wahrnehmen. Unsere inneren Uhren gehen jeden Tag, jede Stunde, ja, vielleicht sogar jede Minute anders. Sie sind alles andere als zuverlässig.

Doch die empfundene Zeit verstreicht im Grunde nicht anders als die Uhrzeit – nur gelten beide Zeiten in unterschiedlichen Dimensionen. Meine persönliche Zeit, mein individuelles Zeitempfinden kann ich nur nach meinem eigenen Takt einteilen – um so ein Zeitmaß zu gewinnen, das den Bezug zu der anderen, künstlichen Zeitmessung erlaubt. Seltsam, oder?

So seltsam ist es eigentlich gar nicht. Technische Gegenstände dienen oft der Aufgabe, etwas Zwischenmenschliches zu erleichtern. Mancher hält Technik für etwas Unmenschliches. Aber das stimmt nicht. Menschen verhalten sich menschlich oder nicht. Technik ist einfach technisch – es sei denn, sie sei dermaßen fehlkonstruiert, dass man sie als »untechnisch« bezeichnen müsste. Was Mensch und Technik verbindet, sind eigentlich die Beziehungen der Menschen untereinander. Das Telefon wäre ja nicht erfunden worden, wenn es nicht Menschen gäbe, die wir anrufen können. Es hätte niemals Eisenbahnen gegeben, wenn wir niemanden besuchen könnten. Und ganz bestimmt gibt es Präzisionsuhren nur deshalb, weil wir uns mit anderen Menschen verabreden wollen oder mit ihnen klären müssen, wie viel Zeit für eine bestimmte Aktivität zur Verfügung steht.

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