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Time-out
ОглавлениеEin Samenkorn war gesät worden. Ich machte mich in aller Stille an mein privates Projekt, »die Zeit anzuhalten«. Ich versuchte es mit einer sehr effektiven Methode, nämlich, eine Zeit lang gar nichts zu tun, statt wie ein aufgescheuchtes Huhn herumzurennen. Na ja, was heißt schon »nichts«. Ich bin eben so, wie ich bin – ich habe natürlich trotzdem einiges gemacht.
Äußerlich sah die neue Lage so aus: Nach Weihnachten ließ ich mich für fast zwei Monate beurlauben (im heutigen Sprachgebrauch nennen wir einen solchen Urlaub »Timeout«, und in diesem Zusammenhang ist das wirklich ein passender Ausdruck). Ich war nicht krank, nicht ausgebrannt, nicht deprimiert. Ich wollte einfach nur die Zeit anhalten. In der ersten Woche räumte ich den Dachboden auf und bereitete alles für das Abschleifen des Fußbodens vor, allmählich wurde ich dann aber ruhiger. Ich blieb die ganze Zeit zu Hause. Das war wichtig. Nicht verreisen, keine sonstigen Unternehmungen, nur abwarten. Und langsam kam die Zeitewigkeit zurück. Die panische Überlegung: »Was wollte ich eben tun, was habe ich vergessen?« und die Angst vor der Leere: »Was mache ich bloß als Nächstes?« verflüchtigten sich nach und nach. Tatsache ist, wenn ich zurückblicke, dass die Zeit für mich nie so schnell vergangen ist wie vor dieser »Auszeit«. Und ich bilde mir ein, dass der Trick wieder funktionieren würde. Wenn ich mir wieder einmal wie ein Hamster im Laufrad vorkomme, dann lege ich eine lange Auszeit ein und finde zurück in ein Leben in leidlicher Harmonie mit dem Zeitstrom.
Im Alltag greife ich auch immer wieder zu diesem alten Kniff, wenn auch in viel kleinerem Maßstab. Natürlich gerät auch mein Leben oft in Unordnung, viel zu oft. Aber ich erkenne die Situation wieder und schaffe es meist, einen kleinen Schritt beiseite zu treten, durchzuatmen und von neuem anzufangen. In anderem Zustand. Auch wenn ich wieder im Laufrad stecke, ist es doch ein großer Unterschied zu wissen, dass ich darin nicht in alle Ewigkeit strampeln muss: »Bald, wenn das geschafft ist, bin ich wieder draußen.«
Im tiefsten Herzen weiß ich jetzt, dass es mir nicht an Zeit mangelt. Ich habe Zeit genug. Ich weiß, dass viele sich von einer solchen Behauptung provoziert fühlen. Das haben mir Freunde und unbekannte Menschen immer wieder durch ihre beklommenen Fragen bewiesen. Sie fragen zwar mich, wieso gerade ich so viel Zeit habe, aber in Wirklichkeit geht es ihnen um ihr eigenes Verhältnis zur Zeit. Kann man tatsächlich viel Zeit haben? Wie macht man das?