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Der vergessene Grundstein

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Wenn die Wirtschafts- und Finanzsysteme verrückt spielen, wenn das Ökosystem aus dem Gleichgewicht gerät, wenn Boden, Luft und Wasser aufs Grausamste misshandelt werden, und wenn im Grunde niemand mehr als nur einen begrenzten Teil der Symptome überblickt, dann wird es höchste Zeit, noch einmal neu nachzudenken. Was wäre, wenn wir den wahren Grundstein aus dem Blick verloren hätten? So wie damals, als die eigentliche Ursache, warum das Atomkraftwerk Three Miles Island plötzlich beunruhigende Alarmsignale aussandte, nicht erkannt wurde? Jede Maßnahme, die man ergriff, war den Vorschriften nach richtig und trotzdem falsch, weil man die tatsächliche Ursache nicht gefunden hatte: Ein Ventil war hängen geblieben. Weil das nicht erkannt wurde, tat man das Falsche. Wieder und wieder.

Vielleicht schädigen wir in ähnlicher Weise unsere Umwelt, unser soziales Leben und den eigenen Seelenfrieden, wenn wir den eigentlichen Grundstein unseres Systems nicht beachten, unser Verhältnis zur Zeit nämlich. Wenn da nun etwas »hängen geblieben« wäre? Und was, wenn ein anderes Zeitempfinden uns ganz nebenbei auch zu einem anderen Umgang mit der Natur führen würde, viel effektiver, als es durch einzelne Maßnahmen zum Schutz der Umwelt je möglich ist?

Jedenfalls ist jeder Ansatz, der die in dem Satz »Zeit ist Geld« ausgedrückte Vorstellung erschüttert, zu begrüßen. Das gilt auch für alle Bestrebungen, Geld nicht mehr als Leitwährung im Leben anzusehen. Die damit verbundenen Gefahren waren den Menschen früher viel klarer bewusst. Die Frauen der schwedischen Landarbeiter zum Beispiel wehrten sich gegen die gewerkschaftliche Forderung, ihre Männer für ihre Arbeit, das heißt für ihre Zeit, mit Geld zu bezahlen. Bislang waren die Männer ausschließlich in Naturalien entlohnt worden, und von diesem Deputat hing das Überleben der Familien ab. Das einzige Geld, das dem Haushalt zur Verfügung stand, war das Geld der Frauen gewesen. Wenn sie, zusätzlich zum Melken der Kühe, was mehrmals täglich anfiel, noch einige Handarbeiten oder Ähnliches anfertigen konnten, dann brachte das ein paar Groschen ein. Nadelgeld, wie es damals hieß. Dieses Geld bedeutete ihnen viel. Die Vorstellung, dass jegliche Arbeit, also auch die der Männer, mit Geld entlohnt werden könnte, erschien ihnen als reale Bedrohung.

Seitdem ist sehr viel geschehen, und ein Großteil des abendländischen Fortschritts ist mit dem Vorhaben verknüpft, Zeit zu »sparen«. Ich muss einfach noch eines meiner Lieblingsbeispiele zum Besten geben, wie unsinnig es ist, wenn wir in der westlichen Welt davon sprechen, »Zeit zu sparen«. Nehmen wir an, Ihr Arbeitsplatz liegt fünfzig Kilometer entfernt, so dass Sie jeden Tag mit dem Auto einhundert Kilometer fahren müssen. Das schaffen Sie vielleicht in einer Stunde. Aber brauchen Sie wirklich eine Stunde, um hundert Kilometer zu fahren? Das wollen wir durchrechnen (die Zahlen sind schon etwas veraltet, die Proportionen stimmen aber). Es kostet ungefähr zweihundert Kronen, hundert Kilometer mit dem Auto zu fahren. Der durchschnittliche Nettoverdienst pro Stunde liegt bei fünfzig Kronen. Sie benötigen also vier Stunden, um Ihre Autofahrt zu finanzieren. Also brauchen Sie nicht eine Stunde für die hundert Kilometer, sondern 1 + 4 Stunden, das heißt fünf Stunden. Damit beträgt Ihre durchschnittliche Geschwindigkeit 20 km/h (fünf Stunden auf hundert Kilometer). Also könnten Sie ebenso gut mit dem Fahrrad fahren!

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