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Entfernung und Zeit
ОглавлениеMaßeinheiten sollten unveränderlich sein. Deshalb orientierte man sich früher an Phänomenen, die man beobachten konnte und für dauerhaft hielt. Folglich wurden die verschiedenen Maßeinheiten mit geografischen und astronomischen Phänomenen verknüpft. Zum Beispiel legte man die Längeneinheit 1 Meter als ein Zehnmillionstel der Entfernung zwischen Äquator und Nordpol in Höhe der Meeresoberfläche fest. Zeitbegriff und Zeiteinheiten wurden an astronomische Bewegungsphänomene gekoppelt. Als sich die Messtechniken verbessert hatten, stellte man jedoch fest, dass Himmelsphänomene durchaus nicht unveränderlich waren.
Im Jahre 1870 erklärte der englische Physiker James Clerk Maxwell: »Wenn wir absolute, unveränderliche Einheiten für Zeit, Länge und Masse gewinnen wollen, dürfen wir uns nicht an Bewegung oder Masse der Planeten halten, sondern müssen uns an Wellenlänge, Frequenzen und Massen von unvergänglichen, unveränderlichen und vollständig gleichartigen Atomen orientieren.«
Tatsächlich definieren wir heute den Meter anhand atomarer Wellenlängen und die Sekunde auf der Basis von Strahlungsfrequenzen von Atomen und Molekülen. Im Jahre 1967 wurde festgelegt, dass 1 Sekunde der Dauer von 9.192.631.770 Perioden der Strahlung gleichkommt, die dem Übergang zwischen zwei Hyperfeinniveaus im Grundzustand des Atoms Cäsium 133 entspricht.
Ich wüsste aber niemanden, der diese Definition im eigenen Zeitempfinden nachvollziehen könnte. Ihre Stärke liegt vielmehr darin, dass es sich um eine objektive, vom Menschen unabhängige Definition handelt. Als Kuriosum am Rande sei vermerkt, dass der Meter nunmehr – seit Donnerstag, dem 20. Oktober 1983 – direkt mit der Sekunde verbunden ist. 1 Meter wird definiert als die Strecke, die das Licht im Zeitraum (1/299792458)s durch das Vakuum zurücklegt. Länge wird heute also nicht mehr als Länge definiert, sondern als Zeitfaktor.
Das ist auf die seltsame Situation zurückzuführen, die in den siebziger Jahren entstanden war. Damals gelang es zum ersten Mal, Lichtgeschwindigkeit im Vakuum zu messen, ausgedrückt in m/s – womit sich zugleich auch eine präzisere Definition des Längenmaßes Meter ergab. Das musste natürlich genutzt werden, und deshalb wurde der Meter neu definiert und direkt mit der Sekunde verbunden.
In einem Punkt unterscheidet sich unsere subjektiv erlebte Welt aber nicht von der Definitionswelt der Uhrzeit: Auch im Alltag rechnen wir nicht in Entfernungen, sondern in Zeit!