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WENIGER VIELFALT DURCH MODERNE ENTWICKLUNG

Pflanzen, Pilze und Tiere sind – neben Trinkwasser – die Basis für das Leben der Menschen. Doch deren Situation ist heute alles andere als gut – weder bei uns noch in vielen anderen Teilen der Erde.

Gäbe es keine Menschen, wäre fast ganz Mitteleuropa von einem dichten, sommergrünen Wald bedeckt: Je nach Klima, Boden und Höhenlage waren dies in vergangener Zeit verschiedene natürliche Waldgesellschaften. Heutzutage ist die Rot-Buche der häufigste den Waldtyp bestimmende Baum, auf feuchteren Standorten sind es Eichen. Diese Bäume sind jeweils mit verschiedenen Gräsern, Kräutern und anderen Gehölzen vergesellschaftet. Nadelbäume spielen in diesen natürlichen Wäldern bei uns nur eine untergeordnete Rolle. Einzig auf sandigen oder moorigen Böden sowie in Höhenlagen bilden sie in Mitteleuropa Wälder. Diese Wälder sind bei uns nach dem Ende der Eiszeit vor etwa 12 000 Jahren nach und nach entstanden.


Typisch Mitteleuropa: Rot-Buchen-Wälder. Nur im Winter und Frühjahr erreicht das Sonnenlicht den Boden.

VOM URSPRÜNGLICHEN WALD ZUR KULTURLANDSCHAFT

Durch diese lückenlosen mitteleuropäischen Wälder zogen einst Hirsche, Rehe, Wildschweine, Wölfe und andere Tiere. Sie hinterließen ausgetretene Tierpfade, die auch von den Menschen benutzt wurden – viele existieren noch heute als Wanderwege oder Straßen. Vor über 5000 Jahren begannen die Menschen in Mitteleuropa dann erste Waldflächen für Felder zu roden. Seit dem Mittelalter wurden Rodungen im großen Stil durchgeführt. Sie formten die einstige Waldlandschaft zu einer die Dörfer und Städte umgebenden offenen Kulturlandschaft mit Feldern, Wiesen und Gehölzinseln um. Pfade und Wege verbanden die Siedlungen. So fielen nach und nach zwei Drittel der Waldfläche dem menschlichen Tun zum Opfer: Heute ist nur noch weniger als ein Drittel der Landfläche Deutschlands von Wald und Forst bedeckt.

Diese Änderung der Landschaft hatte jedoch positive Auswirkungen auf die Biodiversität: Zusätzlich zu den verschiedenen Waldtypen entstanden neue strukturreiche Ökosysteme wie Felder und Wiesen mit Randstreifen, Hohlwegen, Hecken und Feldgehölzen, Waldrändern, Lichtungen und vielem mehr. Auf ihnen breitete sich eine größere Vielfalt von Pflanzen aus und sie lockten Insekten, Vögel, Fledermäuse und viele andere Tiere an. So gesellten sich zu den typischen Waldpflanzen und -tieren die Arten der neu entstandenen Lebensräume hinzu. Wäre die Situation noch heute so wie damals, dann wäre Deutschland ein artenreiches Paradies der Biodiversität.

Heute sind die Böden in den Wäldern so stickstoffreich wie Ackerböden in den 1950er-Jahren – und das allein durch Luftdüngung.

DIE INDUSTRIELLE REVOLUTION

Mit der industriellen Revolution wurden jedoch immer mehr Maschinen, Motoren und Heizungsanlagen eingesetzt. Ihre Abgase reicherten – anfangs noch unmerklich, doch im Lauf der Jahrzehnte immer spürbarer – die Luft mit für Pflanzen nachteiligen Schadstoffen an: vor allen Dingen mit Schwefeldioxiden aus der Verbrennung von Kohle sowie mit Stickoxiden. Erstere sorgten für sauren Regen, Letztere für den Eintrag von Stickstoffverbindungen in den Boden, etwa bei Regen. Dies bezeichnet man als Luftdüngung.

Doch die Entwicklung war noch nicht zu Ende: Ab den 1950er-Jahren begann auf den landwirtschaftlichen Flächen der Einsatz von künstlichen Düngern, Insektiziden und Herbiziden sowie von schweren Maschinen. Nach und nach wurden bei Reformen, der sogenannten Flurbereinigung, ehemals kleine, von Hecken und Wildblumen umgebene Felder und Äcker zu größeren bis riesigen Einheiten für Monokulturen (heute vielfach Mais!) zusammengelegt. In der Folge verschwanden Hecken, Feldgehölze und Wildblumenstreifen. Hohlwege wurden begradigt, feuchte Areale entwässert und trockengelegt. So schritt die Industrialisierung der Landwirtschaft parallel zur umfassenden Zersiedlung der Landschaft durch immer größere Siedlungen, Industriegebiete, Straßennetze und Flächenversiegelung voran. Dieser Raubbau frisst nicht nur riesige Flächen, sondern auch natürliche Ökosysteme auf – und mit ihnen verschwinden die dort lebenden Pflanzen, Tiere und Pilze.

Jede Blüte zählt!

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