Читать книгу Jede Blüte zählt! - Bärbel Oftring - Страница 13
ОглавлениеEIN BLICK IN VERSCHIEDENE GÄRTEN
Je »schlampiger« der Garten, desto besser – so die Überschrift eines Artikels anlässlich des Weltbienentags, der alljährlich am 20. Mai begangen wird. Doch wie sehen Gärten heute aus? Eine Bestandsaufnahme.
Wenn die Welt außenherum sich schon nicht im Gleichgewicht befindet, sollte sie wenigstens im eigenen Garten besser sein – so lautet der Wunsch. Wenn man jedoch durch die Vorstädte und Gartenviertel flaniert, ergibt sich leider oft ein anderes Bild. Denn leider hat die Entwicklung in der Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte auch vor vielen Gartentoren nicht haltgemacht: Mineralische Dünger werden mit vollen Händen auf Beeten und Rasenflächen ausgebracht – denn »viel hilft ja viel«. Gegen jedes noch so kleine Lebewesen, das nicht Marienkäfer oder Biene heißt, werden Gifte mittels Sprühflasche, Gießkanne oder als Granulat ausgebracht. Und auf den Fuhrpark an Maschinen, der in Garage und Schuppen in fast jedem Garten steht, wäre vor 100 Jahren jeder Landwirt stolz gewesen. Da wird gemäht, getrimmt, geschnitten, abgeräumt, weggeblasen, aufgesaugt, weggeräumt, Ordnung geschaffen – alles muss unter Kontrolle sein. Existenzberechtigung im Garten hat nur das, was der Gärtner will, alles andere muss weg.
Schluss mit der Garten-Festung: Den Zaun für Igel öffnen, Folie entfernen und eine Wiese wachsen lassen.
STERILE GÄRTEN BELEBEN
Die Leidtragenden dieser Entwicklung sind mehr oder weniger dieselben wie in der Landwirtschaft: Insekten und andere wirbellose Kleintiere, Reptilien, Fledermäuse sowie Vögel. Vielen Gärtnern scheinen diese Zusammenhänge leider immer noch nicht bewusst zu sein. Sie lieben zwar Meise, Rotkehlchen und Co., gehen aber trotzdem mit Insektiziden gegen ihre Nahrung wie etwa Läuse vor. Verabschieden Sie sich also von der Vorstellung, dass ein Garten aufgeräumt und steril sein muss. Er darf ruhig »schlampig« sein – in dem Sinn, dass er ein gewisses Maß an Wildnis besitzt. Oft lassen sich solche sterilen Gärten mit ein paar einfachen Maßnahmen mit einer »Portion Wildnis« beleben. Schauen wir uns beispielhaft ein paar mustergültig »ordentliche« Gärten an und überlegen, wie man sie ökologisch aufwerten könnte.
Beispiel 1: Der Kies-Schotter-Vorgarten
Als pflegeleichte Möglichkeit gedacht breiteten sich mit Kies, Splitt und Schotter gestaltete Vorgärten in Windeseile aus. In diesen künstlichen Kieswüsten wird der Boden mit einer Folie bedeckt, in die nur sporadisch Pflanzen eingesetzt sind. Im Sommer heizen sich die leblosen Flächen auf, kein Vogel, kein Schmetterling, keine Biene taucht hier auf. Zu Recht wurde diese Gestaltung schon bald angeprangert von Initiativen wie »Entsteint euch!«. In manchen Bundesländern wie etwa Baden-Württemberg sind diese »Gärten« mittlerweile sogar verboten.
Doch was tun, wenn der eigene Vorgarten dermaßen verunstaltet ist? Das Einfachste ist, wenn Sie in die bodenbedeckende Folie dicht nebeneinander viele Kreuzschlitze schneiden und in diese heimische Sträucher und Wildpflanzen setzen. Dafür bieten Wildpflanzengärtnereien auch fertige Pflanzpakete an. Am sinnvollsten ist es allerdings, den Vorgarten neu anzulegen: Dazu entfernt man nach dem Abräumen der Steine die Folie und sät auf dem toten Boden eine Gründüngung aus. Danach könnten Sie die Fläche etwa wie in dem Vorschlag »Start-up: 10 m² Naturheimat« bepflanzen (→ >). Die Steine schütten Sie als ökologisch wertvollen Steinhaufen auf, den Kies nutzen Sie als Hinterfüllung für eine Trockenmauer.
Beispiel 2: Monotoner Rasen, spärliche Beete
Wenn man sich den Garten als ein Gemälde vorstellt, so ist in vielen das eigentliche Bild eine eintönige Rasenfläche und der Rahmen besteht aus braunem Erdboden mit vereinzelten Tupfen aus zurechtgestutzten Pflanzen. Wenn Sie ein solches »Bild« beleben möchten, lassen Sie beim Mähen ganz einfach Inseln im Rasen stehen und bepflanzen Sie mit verschiedenen Wiesenblumen wie Margeriten, Wiesen-Salbei u. a. sowie mit Frühjahrsblühern wie Krokussen, Traubenhyazinthen, Wildtulpen und anderen Zwiebelblumen. Der »Rahmen« wird bunter, indem Sie den nackten Erdboden mit Laub bedecken und Bodendecker pflanzen. So entsteht nach und nach ein strukturreicher Garten.
Beispiel 3: Sterile Flächen und Fugen
Immer noch wird häufig jeder Pflanzenbewuchs aus den Fugen von Wegen und Flächen akribisch beseitigt, abgeflammt oder gar mit Chemie entfernt. Das Ergebnis sind leblose, sterile Mauern und Böden – das Gegenteil von lebensfreundlichen Bereichen. Statt solche Fugen zu reinigen, können Sie bewusst Blühendes in die schmalen Ritzen säen – beispielsweise eine Samenmischung für Kies-, Schotter- oder Trockenrasenflächen. Sind die Fugen etwas breiter, können Sie sie mit Thymian, Mauerpfeffer, Glockenblumen, Frauenmantel, Römischer Kamille, Gelbem Lerchensporn oder Edel-Gamander bepflanzen.
Sommer im Garten mit üppig blühenden gelben Königskerzen, roter Indianernessel, blauem Rittersporn und weißem Baldrian. Und wenn die Blütenpracht verwelkt, bleibt sie stehen und darf Samen bilden.