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Ich bin

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In bin a l l e s

umspanne die Weite

durchflute das Meer

begleite die Winde

bezwinge den Sturm.

Ich bin ein Nichts

unter vielen

ein winziger Tropfen

ein flüchtiger Hauch

ein Wurm

der das Erdreich

Steine aufschichtend ertastet.

Doch durchschwingt

jeden Tropfen

der Himmel, das Meer

die Erdensaat sprießt durch

überschreitet

ausgeweitet den Wurm.

Leise fluchend hielt sich Walfred die schmerzende Hand. Der kleine Rabauke, den er zuletzt erwischte, hatte so fest zugebissen, dass der Zahnabdruck zu sehen war und die Wunde zu bluten begann! Das wild um sich schlagende, strampelnde und tretende Bürschchen wäre ihm sonst wohl kaum entwischt. Er sprang hinaus und riss auf der Wiese ein Löwenzahnblatt aus, das er sich mit Spucke befeuchtet als notdürftigen Verband anlegte.

Erstaunt bemerkte er, dass seine Handfläche schwarze Streifen aufwies.

Das konnte nur bedeuten, dass der kleine Schlawiner gar kein echter Nagajenne und nur dementsprechend geschminkt war. Sein Gesicht war im Dunkeln kaum auszumachen; doch war ihm aufgefallen, dass er rundlich war, und beim Zupacken hatten ihn struppige Haare gekitzelt. Das passte alles nicht zu einem Nagajennen!

Wie alt mochte der Bursche wohl gewesen sein? Er wirkte wie ein Kleinkind.

Walfred wischte die Gedanken unwillig fort. Es gab noch viel zu tun.

Er hatte kürzlich die Prüfung zum Wachtmann mit Auszeichnung absolviert und war nun jüngstes Mitglied der königlichen Wachtmannschaft, einer Art Elfenpolizei.

Sein erster Einsatz bei einem hohen Elfenfest erfüllte ihn mit Stolz, und er wollte sein Bestes geben, um die Teilnehmer vor Schaden zu bewahren.

Als er mit seinen Kollegen die Elfenprozession flankierte, war er sich zum ersten Mal richtig wichtig vorgekommen.

Doch bei seinen Streifzügen auf der Lichtung war er allen Bemühungen zum Trotz nicht richtig bei der Sache. Die Übelkeit, die ihn auf Sylphons Rücken überkam, wollte ebenso wenig weichen wie die Gedanken an Nellyfer. Sein Magen rebellierte beim Festmahl, dass er kaum etwas herunterbekam und streikte dann beim Nachtisch. Seine Schwester nahm sich dankend seines Kuchens an und verzehrte ihn mit Hochgenus. Wie konnte ein zartes Wesen nur soviel essen? Doch es beruhigte anscheinend Walfriedes überspannten Nerven.

So sehr er sich die Augen nach ihrer Freundin ausschaute, er konnte sie nirgendwo entdecken. Zeitigten Sylphons Flugkünste auch Nachwirkungen bei Nellyfer?

Sie hatte sich nach der Landung kaum auf den Beinen halten können.

Bedauerlicherweise hatte er sich hinterher unverzüglich beim Hauptwachtmeister melden und die offensichtlich Desorientierte sich selbst überlassen müssen.

Zum Glück hatte Walfriede mitbekommen, dass Nellyfer nach einem Austausch mit der Königin am Weiher verblieb. Wieso, hatte sich erst später herausgestellt.

Die junge Amme war für Walfred jedes Mal die reinste Augenweide mit ihrem feinen Porzellanteint, der Anmut und Grazie ihrer Bewegungen. Das überzarte, durchscheinende Wesen erweckte in ihm Beschützerinstinkte. Es störte ihn nicht einmal ihre nachlässige Aufmachung, obwohl er selbst viel Wert auf korrekte Kleidung legte.

Bald nach dem Festessen hatten sich die Wachtmänner von ihren Tischrunden verabschiedet, um sich hinter den Bäumen umzuziehen. In ihrer Tarnkleidung, blattgrünen Strumpfhosen zu weiten, gegürteten Tuniken, streiften sie umher oder legten sich bäuchlings im Unterholz auf der Lauer, Ausschau haltend nach zwielichtigen Gestalten.

Obwohl er sich nach besten Kräften bemühte, konnte Walfred nichts entdecken.

Dabei kamen immer wieder Klagen.

Wer immer sich versteckt haben sollte, war jedenfalls perfekt getarnt.

Er schlich um die Büsche herum, doch außer einem leichten Rascheln hier und dort war nichts Auffälliges festzustellen.

Es wird der Wind gewesen sein, redete er sich ein.

Hätte ihn ein Kollege nicht darauf hingewiesen, wäre ihm weder aufgefallen, wie Nellyfer auf dem Elfenhügel landete, um Meridor etwas mitzuteilen, noch, dass sie mit ihr in einer Vogelformation davonflog. Doch war er hellhörig geworden, als die Königin die Geburt ihres Kindes ankündigte, denn als Amme musste Nellyfer zugegen sein.

Als die Elfen mit Meridor zum Weiher aufbrachen, rauschte es über ihren Köpfen.

Frau Luna flackerte zur Warnung auf.

Für den Bruchteil einer Sekunde war ein Schwarm von Nachtalpen zu erkennen, bevor eine Wolke ihn verschluckte.

Er war nicht der einzige, der den Chef davon unterrichtete; doch der wollte, dass sie blieben, um Nagajennen zu beschatten.

Walfred, der daraufhin wieder im Gebüsch verschwand, hegte seine Zweifel, ob die kleinen Leibwächter der Königin mit Nacht Alpen fertig würden, die in etwa ihre Größe hatten.

Überall schien es zu rascheln, doch wenn er ankam, war nichts auszumachen, als ob man ihn an der Nase herumführen wollte.

Die Zeit verstrich, ohne dass sich daran etwas änderte.

Erste Elfen kehrten zurück, völlig aufgewühlt. Die Musik brach abrupt ab; alle verstummten, als die alte Hofdame Mamarena Meridors Glöckchen auf dem Elfenhügel anschlug, um die Versammlung vom freudigen Ereignis zu unterrichten. Sylphon wurde als Vater des Prinzesschens ausgewiesen, der mit der Amme und Meridor auf dem Heimflug sei.

auf dem Heimflug sei. Nellyfer würde leider nicht mehr kommen.

Der Jubel wollte kein Ende nehmen, die Kapelle spielte einen Tusch, und Elfengrüppchen prosteten sich gegenseitig zu.

Etwas Schattiges rauschte an Walfred vorbei.

Sich abrupt umdrehend konnte er schemenhaft erkennen, wie sich Schattengestalten auf die hohen Brennnesseln bei den Birken zu bewegten.

Schlagartig wurde ihm bewusst, dass das leise Rascheln, das er immer wieder vernommen hatte, aus dieser Richtung kam.

Wie verabredet pfiff er leise nach den Kollegen. Zwei von ihnen tauchten alsbald aus den Baumschatten auf; gemeinsam pirschten sie sich an die hohen Brenn-Nesseln an, doch konnten nichts erkennen, weil es dort stockdunkel war.

Bewegungslos verharrten sie, mucksmäuschenstill geworden.

Dann brauste es gewaltig wie von unzähligen Schwingen über ihren Köpfen, und sie konnten nur noch zuschauen, wie Scharen von Nagajennen und Nachtalpen eiligst davon preschten.

Alarmiert stießen noch drei weitere Wachtmänner mit dem Chef hinzu, der schnellstens Anweisung erteilte, wer bleiben und wer die Verfolgung aufnehmen sollte und zu welchem Ziel. Die Kollegen schauten den sechs Auserwählten im Mondlicht mit vorgehaltener Hand nach, wozu auch er gehörte, als sie in halsbrecherischem Tempo davon stieben.

Walfred konnte kaum mit den anderen mithalten. Beim leisesten Windzug hatte er gegen Übelkeit anzukämpfen und atmete erleichtert auf, als endlich die Buchen in Sicht kamen.

Wie abgesprochen teilten sie sich auf. Zu dritt drosselten sie den Flug, um der offensichtlich berittenen Nachhut von Nachalpen nachzustellen, die hinter einer Wolke auftauchte, um das Trio anzusteuern, was Frau Luna ihnen in dem Moment durch Aufblitzen aufzeigte. Die anderen Hälfte heftete sich an die Fersen der weiter ziehenden Nagajennen, die, hätte Frau Luna sie nicht angeblinkt, nur zu erahnen waren.

Heilfroh landete Walfred nach rasantem Steilanflug, der fast seinen Magen umkrempelte, auf dem anvisierten Wipfel der Krippenbuche.

Er musste sich erst davon erholen und konnte sich nicht wie die Anderen in den Nachbarbuchen gleich an die Arbeit machen, obwohl er es schnell hinter sich bringen wollte, um sich beim Baumgeist nach Nellyfer zu erkundigen

Höchste Zeit, dass jemand einschritt!

Nach dem wackeren Bürschchen konnte ihm so leicht keines mehr entwischen.

Ganz in seinem Element durchsuchte Walfred die Hängebetten der Kinder. Die Störenfriede waren oft schon durch leichte Schaukelbewegungen der Körbe auszumachen.

Schattenjungen und Nachtalpen saßen auf den Bettdecken oder hingen kopfüber an den Seilen, um den Elfenkindern Alpträume einzuflößen. Etliche wurden bereits unruhig, fingen leise zu wimmern an oder sich im Schlaf unruhig herumzuwälzen.

Die schattigen Gestalten waren im Dunkeln zunächst kaum auszumachen, aber bald hatten seine Augen sich daran gewöhnt.

Nicht wenige nahmen gleich Reißaus, wenn sie Walfred kommen sahen.

Bald bekam er ein Gespür für Schattenjungen. Einen nach dem anderen packte er mit der einen Hand beim Schopf, hielt ihm mit der anderen den Mund zu und setzte ihn vor die Tür. Doch mit den Nachtalpen hatte er seine lieben Schwierigkeiten, entschlüpften ihm die wendigen Biester doch immer wieder. Sie schienen sich einen Spaß daraus zu machen, ihn zum Narren zu halten. Sie schwirrten ihm um den Kopf, dass ihm Hören und Sehen verging, schlugen nach ihm mit ihren breiten Fächerflügeln und zerrten ihn an den Haaren, wenn er ein zappelndes Kerlchen hochhielt.

Hatte er einen Flattergeist erwischt, erwehrte der sich mit Zähnen und Klauen seines Zugriffs,

und oft genug war gleich darauf an einer anderer zur Stelle, um ihn von hinten anzugreifen.

Außer dem Biss des entwischten Jungen hatte Walfred etliche Kratzer abbekommen.

Wäre der Baumgeist nicht gewesen, er wäre der Störenfriede kaum Herr geworden. Der Alte hatte alles im Blick, was in den Hängebetten vorging, während er erst hochklettern musste.

Später fand er das lange Holzgestell offensichtlich erschöpft mit geschlossenen Augen an einem Seiteneingang angelehnt, eine schattige Gestalt zwischen den Holzbeinen eingeklemmt, die sich verzweifelt zu befreien suchte.

Als er den Baumgeist ansprach, fuhr er Lange hoch und riss die Augen auf.

„Ach du bist das!“ Stolz zeigte Buchwart mit dem Holzfinger auf den Eingeklemmten.

„Hab den Schmiere Steher erwischt. Was soll ich mit dem machen?“

Walfred nickte ihm anerkennend zu. Die Ansicht belebte ihn.

„Halt den Mann eine Weile fest. Ich muss noch einmal nachschauen.“

Er verschwand im Inneren der Buche, um die Ecken zu durchstöbern. Nachdem er bei den Jungen noch ein paar Störenfriede erwischen konnte, vollendete er sein Werk im Mädchenschlafsaal. Als er zurückkehrte, hätte er sich beinahe die Hände gerieben.

„So, das wäre geschafft! Der Rest macht sich aus dem Staub.“ Er deutete auf den Mann zwischen Buchwarts Beinen. „Lass ihn ruhig los. Die Seinen werden auf ihn warten und ohne ihn kaum das Weite suchen. “

Der Baumgeist sah den dunklen Mann angewidert an. „Lass dich hier sobald nicht wieder blicken! Sonst setzt es was. Und glaub mir, ich kann verdammt ungemütlich werden. Nun geh mir aus den Augen, zurück zu deiner Brut, bevor ich es mir noch anders überlege!“

Abrupt ließ er den verdatterten Nagajennen los, nicht ohne ihm vorher noch einen Tritt mit dem Holzbein zu versetzen. Aufheulend rannte der Mann los und breitete seine Fächerflügel aus, um sich flugs zum Wipfel aufzuschwingen, wo er von den Seinen bereits erwartet wurde.

In einer dunklen Wolke stoben sie davon.

Buchwart ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn ich nicht so müde wäre, hätte ich den so geschüttelt, dass ihm Hören und Sehen vergeht!“

Walfred winkte ab. „Kannst du dir bei denen sparen. Die werden nicht lockerlassen. Freu dich, dass wir ihnen zuvor gekommen sind, bevor sie größeren Schaden anrichten konnten.“

„Dank dir. Mit der Meute wär ich alleine kaum zurechtgekommen.“

Walfred schlug sich an die Brust. „Gern geschehen, Ehrensache. Wir sind wie der Blitz hinterhergeprescht, um den Banausen das Spielchen zu verderben. So was lassen wir nicht mit unsern Kindern machen! Hoffentlich haben die Kollegen nebenan auch Erfolg gehabt."

„Bleibt zu hoffen, dass die Kinder ruhig weiterschlafen“, grummelte Buchwart in den Bart.

Wie aus einem Mund fragten sie sich gegenseitig „Weißt du, wo Nellyfer steckt?“

Walfred war perplex. „Ist sie noch nicht zurück?“

Buchwart wiegte den Kopf. Seine Besorgnis war ihm anzusehen. „Weißt du, was mit ihr los ist? Normalerweise ist sie zuverlässig. Sie kann mich doch nicht einfach mit den kleinen Kindern ganz alleine lassen!“

Walfred schaute ihn bestürzt an. Es klang fast wie ein Hilferuf.

Er berichtete, was vorgefallen war. „Nellyfer wird Meridor zum Schloss begleitet haben, um das Neugeborene zu versorgen.“

Der Baumgeist stampfte mit dem Holzbein auf. „Dann hätte sie mir was sagen und für Vertretung sorgen sollen. Sie kann mich doch nicht einfach so im Regen stehen lassen!“

„Morgen früh ist sie bestimmt zurück, und wenn nicht, schickt sie sicher eine Andere“, versuchte ihn Walfred zu beschwichtigen. Buchwart fuchtelte hilflos mit den Holzarmen in der Luft herum. „Und wenn nicht, bin ich der Dumme. Brauche meine Ruhe, und das nicht nur für den Rest der Nacht.“ Er sah ihn lauernd von der Seite an.

„Kannst du nicht hier schlafen? Würde mich beruhigen.“

Walfred dachte eine Weile nach. Dann erhellten sich seine Züge.

„Warte hier! Ich geh mal eben rüber zur Kita und werde Buchgeist bitten, meine Schwester früher aufzuwecken, damit sie morgen früh hier nach dem Rechten schauen kann. Das wird sie sicher tun. Nellyfer ist ihre beste Freundin. Bis gleich. Du wirst sehen, es wird alles gut.“ Er klopfte dem Langen aufmunternd auf den Ellenbogen, weil er die Schulter nicht erreichte.

Buchwart atmete sichtlich auf. „Dank dir. Grüße ihn von mir.“

Walfred nickte und sprang flugs auf die Nachbarbuche zu, wo ihm vom Hauptportal der Erwähnte schon entgegen winkte.

Die Buchengeister waren Brüder und sahen sich zum Verwechseln ähnlich in ihren braunen Kutten. Buchgeist, der mittlere von ihnen, wirkte ungepflegter als sein Bruder. Vom zerfurchten Gesicht war nicht viel zu erkennen unter dem schulterlangen Haar, den buschigen Augenbrauen und dem zerzausten Vollbart. Ungelenk deutete er eine Verbeugung an und wies in die Richtung der Schlafsäle. Seine Rede klang schnarrend und abgehackt.

„Alles hier im Lot, dein Kumpel hat ganze Arbeit geleistet, lief wie am Schnürchen, alle Schattenlümmel vertrieben, der Schmierensteher hat sich von selber verzogen. Blieb für mich kaum was zu tun. Gottlob hat der Spuk keinen aufgeweckt, schlafen alle wieder tief und fest.“

Walfred seufzte erleichtert auf. „Wo ist Kollege Wolbert jetzt?“

„Geht dem Kollegen in der Schulbuche zur Hand.“

Er nickte. „Kann der sicher brauchen bei den vielen Kindern. Werde gleich auch mithelfen.“

Er richtete die Grüße seines Bruders aus und schilderte in groben Zügen, was sich nebenan zugetragen hatte, nicht ohne die eigene Leistung hervorzuheben, bevor er vorsichtig bei Buchgeist nachfragte, ob er Walfriede früher aufwecken könne, damit sie im Morgengrauen in der Krippe nach dem Rechten schauen konnte. Er erwiderte seinem verständnislosen Blick. „Der Hunger könnte die Kleinen aus den Federn locken, obwohl sie spät eingeschlafen sind, und dann ist jemand da, falls alle Stricke reißen.“

Buchgeist schüttelte aufgebracht den Kopf. „Wo denkst du hin? Verziehe mich in meinen Stamm, sobald die letzten angekommen sind, und komm so bald nicht wieder raus. Bin jetzt schon hundemüde.“ Es folgte ein demonstratives Gähnen.

Auf die Frage, wer den Weckdienst innehatte, brummte er. „Der Specht. Hat gute Lauscher und klopft bei den Erziehern an, wenn die ersten aufwachen. Der kann Tote aufwecken.“

„Geht es nicht auch leiser?“, hakte Walfred nach. Buchgeist kratzte sich am Kopf. „Vielleicht, wenn man ihn darum bittet.“ Aber dann winkte er ganz entschieden ab. „Vergiss es! Der schläft tief und fest. Wenn ich den störe, pickt der zu.“ Walfred zeigte ihm seine Hände. „Kann ich doch machen. Auf einen Schmiss mehr kommt es nicht mehr an.“

„Bloß nicht! Der kann bei Fremden gemeingefährlich sein.“

Auch auf das Angebot, den Wachdienst zu übernehmen, damit er jetzt schlafen gehen konnte, ließ er sich nicht ein. „Das nutzt gar nichts. Wenn ich einmal schlafe, verschlafe ich den Tag.“

Walfred gab es auf und verbeugte sich galant, um sich bei ihm für seine Mühe zu bedanken. Auf die Frage, ob er noch einmal vorbeischauen sollte, versetzte ihm Buchgeist einen Schubs. „Zieh Leine! Mach dir keinen Kopf wegen deiner Schwester. Grüß Buchsohn. Gute Nacht.“

Der Angesprochene war der größte und älteste der drei Baumbrüder und wirkte gepflegter als die anderen. Mit verschränkten Armen leise vor sich hin pfeifend blickte er ihm vom Haupteingang der Schulbuche mit unverhohlener Neugier entgegen.

Statt seinen Gruß zu erwidern rief er. „Wer bist du, Jungchen? Dich kenne ich noch nicht.“

Walfred verschlug es die Sprache. Er vergaß, die Grüße auszurichten und starrte in nur an.

So eine Respektlosigkeit konnten sich nur Uralte herausnehmen. Die hatten Narrenfreiheit! Tief verletzt in seiner Eitelkeit räusperte er sich vernehmlich. „Gestatten, Walfred von der königlichen Wachtmannschaft. Wollte den Meinen hier unter die Arme greifen.“

Buchsohns Züge erhellten sich. „Aha, das Küken. Wurdest mir schon angekündigt.“

Just in dem Moment traten die Kollegen aus der Schulbuche, und Walfred schluckte die bissige Bemerkung herunter, die ihm auf der Zunge lag.

Die beiden erstatteten keuchend Bericht, welche Heidenarbeit es gewesen war, der Nachtgeister Herr zu werden. Aber schließlich hätten sie es geschafft, sie alle zu vertreiben, so dass seine Hilfe nun nicht mehr nötig war.

„Zusammen hat es richtig Spaß gemacht“, ereiferte sich Wolbert. Walbert wies zur Kita.

„Ist so leise wie bei mir drüben abgelaufen, und keiner ist erwacht.“

Walfred, der sich hinlänglich gefangen hatte, brüstete sich mit Seitenblick auf den Baumgeist, es in der Krippe selbst auch geschafft zu haben.

Aber der hatte nur Augen für die Anderen und überschüttete sie mit Danksagungen und Lobeshymnen. Die beiden sonnten sich in ihrem Licht und beachteten ihn nicht.

Mit verwässerten Augen und brüchiger Reibeisenstimme nahm der Baumgeist sie zur Brust. „Was wäre ich ohne euch, Jungs? Kann mit meinen morschen Knochen nicht mehr viel ausrichten.“ Er umschlang sie so stürmisch, dass ihre Köpfe hart aneinander prallten. Heilfroh, seinen Holzarmen zu entkommen, rieben die Kollegen sich die Schläfen.

Unter anderen Umständen hätte Walfred ihre Mimik amüsiert. Die Hochgelobten säuselten dem Baumgeist vor, dass sein guter Riecher wesentlich zum Erfolg beigetragen hätte, während Walfred, den man keines Blickes würdigte, immer mulmiger zumute wurde.

Buchsohn versetzte beiden einen Schubs. „Na, dann los mit euch!“

Dass Walfred mit ihnen zum Abschied salutierte, schien der Alte nicht zu bemerken.

Rufe aus Morgania

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