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Kapitel 8

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Auf der Ma-11 Richtung Sóller. José Maria Jamires gibt kräftig Gas. Der alte Seat stöhnt, kommt aber langsam auf Touren. Die Ringstraße um Palma haben sie im Norden verlassen und befinden sich nun auf der Autostraße Richtung Sóller.

»Quäl ihn doch nicht so. Wir brauchen ihn noch und einen neuen können wir uns nicht leisten«, wirft Jesús Gonzáles vorwurfsvoll ein.

»Wir haben schon genug Zeit verplempert, Bächli will in zehn Tagen Resultate sehen, das habe ich dir doch gesagt.«

»Das ist ja wohl nicht meine Schuld. Und auf eine Stunde kommt es nun auch nicht mehr an. Wenn wir liegenbleiben, kostet uns das noch mehr Zeit.«

José Maria nimmt den Fuß leicht vom Gas.

»Das ist ein Scheißauftrag, den hätten wir nicht annehmen sollen.«

»Nicht schon wieder dieses Thema. Wenn wir Erfolg haben, sind wir reich!«, kontert José Maria.

»Ja, wenn wir dieses blöde Fläschchen finden. Der hat doch einen an der Klatsche oder an der Waffel, wie auch immer.«

»Ich schätze den Typ als sehr bodenständig ein, keinesfalls als verrückt.«

»Der mag ja ein findiger Geschäftsmann sein, aber das ist doch wirklich absurd. Auf der Insel ein Fläschchen suchen, und dann noch aus dem 15. Jahrhundert. So klein ist Mallorca nun auch wieder nicht.«

»Der wird sich das schon genau überlegt haben.«

»Da bin ich mir nicht so sicher. Der glaubt, mit Geld alles erreichen zu können. Klappt nur nicht immer.«

»So ein Quatsch, der ist Sammler, der hat eine Obsession oder wie das heißt.«

»Du meinst, der ist besessen. Ja, das ist er bestimmt. Den Investmentbankern stehen auch die Dollarzeichen in den Augen und Bächli das Fläschchen.« Jesús lacht schallend.

»Hör endlich auf zu lachen.«

Jesús kommen die Tränen. Er kann nicht aufhören.

»Blödmann, hör endlich auf.«

José Maria reißt das Steuer herum und fährt auf den schmalen Standstreifen.

»Jetzt reicht es mir! Das ist unsere Chance! Und die lasse ich mir von dir nicht kaputtmachen. Steig aus!« Er beugt sich über Jesús und öffnet die Tür.

»Los, steig aus. Das schaffe ich auch ohne dich.«

»Schaffst du nicht.«

»Oh doch!« José Maria löst den Sicherheitsgurt seines Freundes und versucht, ihn aus dem Auto zu schubsen.

Jesús legt ihm die Hand auf die Schulter. »Tut mir leid, aber ich finde den Auftrag aberwitzig.«

»Wir haben noch gar nicht richtig angefangen, da willst du schon die Brocken hinschmeißen.«

»Wir verschwenden doch nur unsere Zeit.«

»Davon haben wir echt genug.«

José Maria schaut Jesús mit zusammengekniffenen Augen an. »Darf ich dich daran erinnern, dass wir schon seit Monaten keinen anständigen Auftrag mehr hatten.«

»Das sehe ich anders. Die Beschattung von wohlhabenden deutschen Residenten auf Mallorca im Auftrag ihrer Ehefrauen oder ihrer Ehemänner bringt doch gut was ein.«

»Ja, schon, aber das ist doch mierda.« Jesús macht die Tür wieder zu und schnallt sich an. José Maria biegt mit dem alten Wagen auf die Straße ein.

»Wir haben unser Auskommen.«

»Wollen wir so weitermachen? Und das die nächsten dreißig Jahre? Mich langweilt das jetzt schon zu Tode.«

»Wenn das so ist, müssen wir uns ein anderes Betätigungsfeld suchen. Möglichkeiten gibt es da genug.«

»Wie meinst du das?«

»Wir müssen uns spezialisieren.«

»Und auf was?«

»Zum Beispiel auf den Verkauf von Fincas.«

»Ich will kein Makler werden. Davon haben wir auf der Insel wirklich genug.«

Jesús lacht auf. »Nein, so meine ich das nicht.«

»Und wie meinst du es dann? Drück dich halt klar aus. Immer muss ich erraten, was du mir sagen willst.«

Jesús seufzt. »Es gibt neue Bestimmungen beim Häuserverkauf, die sogenannten Legalitätsstufen.«

»Was ist denn das?«

»Es gibt drei Legalitätsstufen. Wird ein Anwesen mit der Legalitätsstufe drei angeboten, kannst du davon ausgehen, dass es fast unverkäuflich ist.«

»Und was hat das mit uns zu tun?«

»Interessenten könnten uns beauftragen, herauszufinden, welche Legalitätsstufe das Objekt, das sie kaufen wollen, wirklich hat.«

»Wieso, legt das der Makler nicht offen?«

»Wie naiv bist du eigentlich?«

»Was heißt hier naiv. Wenn der Makler die falsche Legalitätsstufe nennt, ist das Betrug.«

»Genau! Und da gibt es solche Makler und solche und wir könnten gutes Geld verdienen.«

»Davon verstehe ich nichts.«

»Wir könnten uns einarbeiten.«

»Zu viel Aufwand.«

Jesús bleibt hartnäckig. »Es wäre aber bestimmt lukrativer und interessanter, als Ehefrauen zu beschatten.«

Schweigend sitzen sie nebeneinander. Jesús betrachtet die Olivenhaine, die an ihnen vorbeiziehen. In der Ferne erkennt er die ersten Erhebungen des Tramuntana-Gebirges.

»Okay, ich mache dir folgenden Vorschlag. Wir investieren noch eine Woche. Wenn wir bis dahin nichts erreicht haben, dann lassen wir es.«

Sie mustern sich gegenseitig.

»Gut, so machen wir das«, sagt José Maria schließlich.

»Aber eins musst du mir noch erklären. Was willst du in der Bibliothek des alten arabischen Landgutes? Nur wegen der wunderschönen Gärten fahren wir da doch wohl nicht hin?«

»Wegen der alten Dokumente und Bücher.«

»Was für alte Dokumente und Bücher?«

»Keine Ahnung, aber Pedro hat gesagt, dass wir da bestimmt etwas finden.«

»Pedro! Da hast du ja den Richtigen gefragt.«

»Was hast du immer gegen Pedro!«

»Der ist ein Schlitzohr, und noch schlimmer, auf den können wir uns nicht verlassen.«

»Ich habe ihm nichts von unserem Auftrag verraten.«

Jesús zieht die Augenbrauen hoch. »Was hat er noch gesagt?«

»So genau habe ich das nicht verstanden. Er sprach davon, dass der maurische Eigentümer des Landgutes im Jahr 1229 mit den christlichen Eroberern gemeinsame Sache gemacht hat und deshalb als einziger Araber nicht enteignet wurde.«

»José, uns interessiert nicht das 13., sondern das 15. Jahrhundert.«

»Ja, ja, ich weiß, aber das Anwesen hat sich über die Jahrhunderte immer in Familienbesitz befunden.«

»Und du meinst, die haben alles immer schön aufgehoben?«

»Immerhin soll es dort die älteste Bibliothek der Insel geben, mit sehr vielen alten Büchern. Und«, José Maria macht eine kleine Pause, »wir haben die Zusage, uns dort umschauen zu dürfen.«

»Und was hast du denen erzählt?«

»Wir wären Historiker und würden die Geschichte Mallorcas aufarbeiten.«

Jesús schaut seinen Kompagnon entgeistert an.

»Gut, nicht?«, strahlt der zurück.

»Und, kannst du dich ausweisen?«, kommt es entnervt von Jesús.

»Wie ausweisen?«

Jesús seufzt. »Beispielsweise als Mitarbeiter irgendeiner Universität.«

José Maria lächelt, dann greift er in seine Hemdtasche und reicht Jesús ein gefaltetes Papier.

»Pedro?«

José Maria nickt.

»Im Fälschen ist er ein Genie.« Jesús hält das Papier gegen das Sonnenlicht. Das Wappen und das Wasserzeichen des Briefbogens der Universität Barcelona wirken echt. José Maria Jamires ist als Doktor der Geschichte benannt, der für eine wissenschaftliche Arbeit im Auftrag der Universität unterwegs ist.

»Und ich?«

»Du bist meine wissenschaftliche Hilfskraft.« José Maria kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Die gut ausgebaute Straße zieht sich, nur ab und an stehen vereinzelte flache Häuser am Straßenrand. Zumeist sehen José Maria und Jesús trockene, rötliche Erde, Olivenbäume und die für Mallorca typischen flachen Mauern aus alten, aufeinandergelegten Steinen. Das Schild nach Bunyola, einer Kleinstadt, lassen sie rechts liegen und fahren die Straße weiter geradeaus. Kurz vor der Tunneleinfahrt nach Sóller, nach dem Restaurant Ses Porxeres, biegen sie rechts auf einen Parkplatz ab. Nur wenige Autos stehen hier. Für die berühmte Gartenanlage von Alfàbia mit dem üppigen Grün, den hohen Kiefern, Palmen, Zypressen und den vielen Teichen und Brunnen haben die beiden keinen Blick. José Maria geht zielstrebig auf das alte Landhaus und dessen mit Säulen gestaltetes Portal zu. An der Holztür ergreift er eine herabhängende Kordel und zieht daran. Ein erstaunlich helles Läuten erklingt. Nach kurzer Zeit wird die Tür aufgezogen und ein älterer Mann steht vor ihnen.

»José Maria Jamires von der Universität Barcelona?«

»Ja, Sie sind Xisko de la Torre?«

Der Hausherr nickt.

»Vielen Dank, dass Sie uns Ihre Bibliothek zur Verfügung stellen.« Er überreicht ihm das Schreiben und deutet auf seinen Freund. »Das hier ist mein Assistent, Jesús Gonzáles.«

Xisko betrachtet das Schriftstück, faltet es zusammen und steckt es in seine hintere Hosentasche. Dann dreht er sich wortlos um und geht in den quadratischen Vorraum zurück, von dem mehrere Türen abgehen. Jesús schaut sich interessiert um. Die Wände sind weiß gekalkt. Alte Landschaftsgemälde zeigen Teiche und Höhlen. Xisko stößt eine Tür auf und sie gelangen zu einem weiteren Raum, von dem eine Treppe nach oben führt. Auch hier hängen alte Landschaftsgemälde, die mit Firniss überzogen sind. Jesús fröstelt, es riecht muffig und nur wenig Licht kommt durch die ovalen Fenster herein.

Wieso hat der Typ eine Sonnenbrille auf?

»Wir sind Ihnen wirklich zu Dank verpflichtet, dass Sie für uns Ihre Bibliothek öffnen. Wir werden Sie auch lobend in unserer Danksagung erwähnen.«

Jesús ballt die Faust. Kann der nicht mal seine Klappe halten?

»Die Gartenanlagen sind ja einmalig. Das sind doch bestimmt immense Kosten, die da jährlich auf Sie zukommen?« Xisko de la Torro schrickt zusammen.

Du Klugscheißer, du hast die Gartenanlage mit keinem Blick gewürdigt. Und merkst du nicht, dass der Hausherr nicht mit dir sprechen will? Jesús kocht vor Wut.

Am Ende der Treppe führt Xisko die beiden durch einen verwinkelten Gang. Dann öffnet er die Tür zur Bibliothek. Auch dieser Raum ist düster. Der Besitzer öffnet die Fenster und lässt frische Luft herein, dann betätigt er den Lichtschalter. Die langen Neonröhren an den Innenseiten der Regale brauchen eine gewisse Zeit, ehe sie flackernd und brummend den Raum in kaltes Licht tauchen. An sämtlichen Wänden stehen massive dunkle Bücherregale, die vom Boden bis zur Decke reichen. Die meisten der Regale sind verglast, dahinter sind alte Buchrücken zu erkennen. Xisko öffnet eine Schublade, entnimmt zwei Paar weiße Handschuhe und reicht sie den beiden Mallorquinern.

»Sie haben zwei Stunden Zeit. Danach müssen Sie eine Pause von mindestens einer Stunde einlegen, bevor Sie die Bibliothek wieder betreten dürfen.« Auf den verständnislosen Blick von José Maria erklärt der Hausherr knapp: »Bei Ihnen in der Universitätsbibliothek gibt es bestimmt eine Klimaanlage, aber hier müssen wir auf die Luftfeuchtigkeit achtgeben, damit die alten Folianten keinen Schaden nehmen.«

»Selbstverständlich«, erwidert Jesús schnell.

»Normalerweise ist immer meine Assistentin dabei, wenn Fremde sich in der Bibliothek aufhalten. Sie ist heute leider verhindert. Doch ich gehe davon aus, dass Mitarbeiter der Universität Barcelona wissen, wie sie mit den alten Büchern umzugehen haben. In zwei Stunden hole ich Sie wieder ab.«

Der Hausherr öffnet schon die Tür, dann dreht er sich nochmals zu den beiden Mallorquinern um. »Wenn Sie etwas benötigen, drücken Sie bitte auf diese Klingel.« Er zeigt auf einen schwarzen Knopf direkt neben der Tür. »Und noch etwas: Ich werde Sie hier einschließen, nicht dass Sie sich wundern, aber ich möchte keine Fremden im Haus wissen.«

»Ich dachte, Ihr Anwesen ist auch für Besucher geöffnet?«, fragt Jesús irritiert.

»Ja, aber das Landhaus wird nur zu bestimmten Zeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und dann haben wir Aufsichtspersonal.«

Xisko nickt den beiden zu und verlässt die Bibliothek. Sie hören, wie sich der Schlüssel schwerfällig im Türschloss dreht.

»Na prima. Hoffentlich vergisst der uns nicht.« José Maria reibt sich skeptisch das Kinn.

Jesús zieht die weißen Handschuhe über und geht die Buchrücken konzentriert ab. »Die sind allem Anschein nach chronologisch geordnet.«

»Wie, nicht nach Themen?«, fragt José Maria.

»Weiß ich noch nicht, vielleicht gibt es ja eine zweite Ordnung, nach der zeitlichen.«

»Wonach suchen wir eigentlich?«

»Ich dachte, du sagst mir das!«

»Irgendwas Geschichtliches, würde ich meinen.«

»Ach nee. Schau, ob du Bücher findest, die aus dem 15. Jahrhundert sind.«

»So alt sind die Bücher hier nicht.«

»Such halt!«

Jesús greift ein Buch aus dem Regal und betrachtet den Einband in lateinischer Sprache. Schnell stellt er es wieder zurück. Das nächste Buch, das er hervorholt, ist in arabischer Sprache geschrieben. Auch das stellt er zurück.

José Maria kommt mit einem sehr ramponierten Ledereinband auf seinen Partner zu. »Schau mal, von 1530.« Er reicht ihm das aufgeschlagene Buch. Wie vom Donner gerührt blickt Jesús auf die Schrift.

»Grande mierda! Das ist català.«

»Und was heißt das?«

»Auch wenn wir eine Publikation finden, die uns vielleicht weiterhelfen könnte, können wir die nicht lesen.«

»Wieso? Wir können doch català?«

»Ja, aber das hier ist català aus dem 16. Jahrhundert, das verstehe ich nicht. Und du bestimmt auch nicht.«

»Und jetzt?«

Jesús fasst sich an die Nase. »Jetzt suchen wir neuere Veröffentlichungen. Irgendetwas, das sich mit der Geschichte Mallorcas beschäftigt.«

»Ich sehe hier nur Bücher über Gartengestaltung.«

»Such einfach weiter. Ist dir übrigens aufgefallen, dass der Besitzer eine Sonnenbrille trägt?«

»Und?«

»Findest du das nicht komisch? In dem Haus ist es doch recht dunkel.«

José Maria zuckt nur mit den Schultern, schaut aus einem der kleinen Fenster und dreht sich dann abrupt zu Jesús um. »Was meinst du, sollen wir diesen Xisko um Mithilfe bitten? Der kennt sich doch in seiner Bibliothek am besten aus.«

»Und was willst du ihn fragen?«

»Na, nach dem Patxaran!«

»Der war nicht besonders freundlich und ich glaube, er ist misstrauisch. Das lassen wir lieber.«

»Wieso misstrauisch?«

»Du merkst aber auch gar nichts!«

»Jetzt werde mal nicht unverschämt.«

»Du hast es gar nicht mitbekommen?« Jesús schüttelt entnervt den Kopf.

»Was mitbekommen?«

»Der will uns hier nicht haben.«

»Wieso, der war doch sehr aufmerksam.«

»José, ich bitte dich, der war abweisend. Der hat sich auf dein Geplänkel gar nicht eingelassen.«

»Habe ich nicht bemerkt.«

»Eben. Von dem können wir nichts erwarten. Der möchte uns ganz schnell wieder loswerden.«

»Und warum? Wir kommen doch von der Universität.«

Jesús holt tief Luft. »Los, schau dich weiter um.«

Schweigend suchen sie weiter. Nach mehr als anderthalb Stunden seufzt Jesús auf. »Ich glaube, ich habe etwas gefunden.« Er blättert in einem schmalen Band.

»Und was?«

»Das Büchlein ist von 1950 und es geht um das Kartäuserkloster von Valdemossa.«

»Das sieht nach einer Art Reiseführer aus.«

»Augenblick noch.« Jesús überfliegt einen Absatz. »Hier steht, dass die Klosterbrüder früher selbst destilliert haben.«

»Ja und? Das ist doch bekannt. Die haben zwar nicht Weib und Gesang gehabt, aber gesoffen haben die doch alle.« José Maria stutzt. »Warte mal. In Valdemossa wird doch heute noch dieser Kräuterschnaps als regionale Besonderheit verkauft, den früher die Klosterbrüder hergestellt haben.«

Jesús entgegnet unwillig: »Was interessiert uns der Kräuterschnaps. Hier steht, es wird vermutet, dass die Klosterbrüder schon im Mittelalter den Patxaran hergestellt haben.«

»Quatsch, der ist doch erst vor rund sechzig Jahren außerhalb von Navarra verbreitet worden.«

»Eben!«

»Woher kannten die Klosterbrüder die Rezeptur, frag ich dich?«

»Woher soll ich das wissen?«

»Wir müssen nach Valdemossa.«

»Ja, das ist zumindest ein Ansatz.«

»Sag ich doch.«

»Schau dich noch etwas um. Ich lese hier weiter. Vielleicht finde ich noch mehr Anhaltspunkte.«

Während Jesús interessiert den Reiseführer studiert und eine Seite nach der anderen umblättert, geht José Maria weiter an den Bücherregalen entlang. Ab und an zieht er ein Buch heraus, schlägt es auf, um es dann wieder zurückzustellen.

Er durchquert den Raum und blickt durch das geöffnete Fenster. Zwischen den hohen Palmen sieht er Teile des Bergmassivs.

Die Sonne taucht die zackige, zerklüftete Bergkuppe in ein flirrendes, dunstiges Licht. Die Hänge zeigen vereinzelt saftige Vegetation, doch je weiter es in die Höhe geht, desto mehr kahle Felsen sind zu sehen.

»Hat der Señor keine Lust mehr?« Jesús schaut von seinem Reiseführer auf.

»Doch, doch«, erwidert José Maria, wendet sich vom Fenster ab und geht zu einem weiteren Regal.

Plötzlich dreht sich der Schlüssel knarzend im Schloss und die Tür öffnet sich.

»Haben Sie gefunden, was Sie suchten?«

»Ja, wir sind einen großen Schritt weitergekommen, vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft«, erwidert Jesús. Dann stellt er den Reiseführer zurück in das Regal, zieht die weißen Handschuhe aus und legt sie auf den großen Tisch in der Mitte des Raumes. »Es könnte nur sein, dass wir nochmals kommen müssen.«

»Wenn Sie meinen. Aber rufen Sie vorher an, damit wir einen Termin vereinbaren können.«

Der Hausherr ist auch diesmal wenig zum Reden aufgelegt. Seine Körpersprache hat etwas hektisch Abweisendes, als wenn er es nicht erwarten könnte, die schwere alte Haustür hinter seinen Besuchern wieder zu schließen. Bei der spärlichen Beleuchtung auf dem Weg nach unten strauchelt Jesús auf der Treppe. Er versucht, sich am Geländer festzuhalten, doch das gelingt ihm nicht. Er fällt ein paar Treppenstufen hinab. Dabei reißt er den Hausherrn ungewollt mit. Mühsam rappelt Xisko sich wieder auf. Bei dem Sturz ist ihm die Sonnenbrille von der Nase gerutscht. Sein zugeschwollenes, blau-grün verfärbtes Auge ist deutlich zu sehen.

El Gustario de Mallorca und das tödliche Elixier

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