Читать книгу Das geheime Leben des Ettore Majorana - Kriminalroman - Burkhard Ziebolz - Страница 14
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ОглавлениеVictor Himmelreich ist Majoranas Freund geworden, wie seine Auftraggeber es geplant haben, daran haben auch seine unregelmäßigen und zugegebenermaßen linkischen Versuche, ihn über seine und Fermis waffentechnischen Erkenntnisse auszuhorchen, nichts geändert. Ettore läßt sie über sich ergehen wie regelmäßige Exerzitien. Sogar seine Worte bei diesen Gelegenheiten sind fast immer die gleichen – eine Folge seines begrenzten deutschen Wortschatzes, die aber auf einen neutralen Beobachter, hätte es einen gegeben, wie ein Ritual gewirkt hätten.
Nein, wir haben bei Fermi nicht an Waffen gearbeitet.
Ja, die Todesstrahlen sind nur ein Gerücht, ein Witz vielleicht, von irgend einer zweifelhaften Zeitung ins Leben gerufen.
Nein, er wüßte nicht, auf welcher Grundlage die Zeitungsmeldung beruht hatte.
Ja, die Kuh in Äthiopien lebt noch.
Weitere Informationen gibt es nicht. Und Victor – wenn er ehrlich ist, interessiert ihn sein Arbeitsgebiet am Institut viel mehr als irgendwelche Todesstrahlen, mit denen man Kühe in Addis Abeba aus weiter Entfernung abschlachten kann. Falls es diese Strahlen überhaupt gibt.
Seinen Kontaktleuten in Berlin präsentiert er das natürlich anders. Trotzdem breitet sich auch in Callwitz bald die Erkenntnis aus, daß bei Majorana nichts zu holen ist, und weil der Druck aus Berlin geringer wird – das Projekt gerät dort etwas in Vergessenheit –, scheint der Fall Majorana allmählich im Sande zu verlaufen.
Majorana selbst weiß von all dem nichts. Er ahnt zwar, daß hinter Victors Versuchen mehr steckt als privates Interesse, und dieser deutet ihm auch einmal an, daß die Interessenten für die Todesstrahlentechnik in deutschen Regierungskreisen zu suchen sind, aber er will gar nicht genau wissen, was es ist, auch im Interesse ihrer Freundschaft.
Insgeheim macht er sich aber lustig über die Naivität derer, die hinter sein Geheimnis zu kommen suchen. Todesstrahlen! Von gewöhnlichen Mitbürgern, wenig gebildeten Arbeitern und Bauern, hätte er erwartet, daß sie diesen Gerüchten glauben schenken, aber die Spitzen der deutschen Nation, Regierungsmitglieder vielleicht und offenbar sogar Physiker – es ist wirklich nicht zu glauben.
Das Ganze trägt jedenfalls sehr zu seiner Unterhaltung bei, und das aus mehreren Gründen. Es gibt nämlich neben dem an der Oberfläche sichtbaren noch einen verborgenen Aspekt, den nur er kennt und der eine besondere Würze liefert: Himmelreich und seine Auftraggeber stochern im Dunkeln, nach einer Waffe, die es nicht gibt und vermutlich nie geben wird, und dabei sind sie unbewußt etwas anderem, viel Größerem ganz nahe gekommen.
Seinem wahren Geheimnis, das er mit niemandem teilen darf.
Bei allem Amüsement unterschätzt Majorana aber ein paar Dinge.
Das eine ist der Wille der Deutschen, ihm sein Wissen abzunehmen. Das andere ist die Rücksichtslosigkeit, mit der sie vorzugehen imstande sind.
Und ein Letztes schließlich ist, daß es noch andere Interessenten dafür gibt.
All dies wird in der Zukunft fatale Folgen haben, für ihn selber und für die Menschen, die er liebt.