Читать книгу Fit für Walhalla - Carolyne Larrington - Страница 22
Die Ásynjur (Göttinnen)
ОглавлениеÓðinns Frau Frigg weiß alles über das Schicksal, auch wenn sie ihr Wissen nicht allgemein bekannt macht. Dass ihre Halle Fensalir („Sumpfsäle“) heißt, legt nahe, dass sie einen Bezug zu stehenden Gewässern hat, und möglicherweise waren einige Opfergaben der frühen Eisenzeit – kostbare Gegenstände, die in dänischen Mooren versenkt wurden – zu ihren Ehren gedacht. Friggs altenglisches Pendant Fricg hat dem Friday seinen Namen gegeben … und auch der deutsche „Freitag“ kommt nicht etwa von Freyja: Diese ist außerhalb Skandinaviens nicht belegt, und deswegen ist es Fricg, die im angelsächsischen England eng mit dem Sexuellen verknüpft ist, und über die südgermanische Namensform Frija den Freitag hervorgebracht hat.
Sif ist mit Þórr verheiratet und hat überaus schöne goldene Haare. Die stahl ihr Loki – wie, ist nicht klar, doch er deutet an, mit Sif geschlafen zu haben, und das hat ihm vielleicht die Gelegenheit zum Diebstahl geboten. Sif weinte um den Verlust ihrer Locken, aber Loki machte ihn wieder gut, indem er ihr zum Ersatz eine Haarpracht aus Zwergenfertigung schenkte. Diese Perücke pflanzte sich augenblicklich auf Sifs Kopf fest und war noch schöner als das Original. Deswegen ist „Sifs Haar“ ein Kenning für Gold.
Die mit Bragi verheiratete Iðunn hütet die Äpfel der ewigen Jugend. Die müssen die Götter regelmäßig essen, wenn sie jung und kräftig bleiben wollen. Als ein hinterlistiger Riese Iðunn und ihre Äpfel entführt (siehe Kapitel 3), welken und altern die Götter rasch. In diese Lage hat sie wie üblich Loki gebracht; er muss nun mit seinem gewohnten Einfallsreichtum Abhilfe schaffen.
Frigg
• Wichtigste Göttin.
• Beschützerin der Liebe und Ehe.
• Attribute: Kennt das gesamte Schicksal. Soll außerdem ein Fluggewand aus Federn besitzen.
• Halle: Fensalir („Sumpfsäle“)
• Verheiratet mit Óðinn und Mutter Baldrs. Ihre Dienerin ist Fulla.
Gefjun führt den Pflug hinter ihren vier Riesensöhnen, die sie in Ochsen verwandelt hat, um die dänische Insel Sjælland zu schaffen. Skulptur von Anders Bungaard, geschaffen 1897–99 für einen Brunnen in Kopenhagen.
Gefjun besuchte König Gylfi von Schweden, verkleidet als Frau auf der Wanderschaft, und als „Lohn für seine Unterhaltung“ willigte Gylfi ein, ihr etwas Land zu schenken – so viel, wie viele Ochsen an einem Tag und in einer Nacht pflügen konnten. Das hätte einen Bauernhof in ganz anständiger Größe ergeben, tatsächlich aber hatte Gefjun vier riesengroße Söhne. Sie wurden nun in Ochsen verwandelt und schafften es in einem Pflügemarathon von 24 Stunden, ein Riesenloch aus Gylfis Territorium herauszuschneiden. Dieses Loch ist heute Schwedens drittgrößter See, der Mälarsee, und das Land, das sie wegschleppten, bildet die dänische Insel Sjælland (Seeland), wo jetzt Kopenhagen steht. Gefjun ist Jungfrau, wie Snorri berichtet, und die Beschützerin der Jungfrauen, was nicht so ganz zur Geschichte mit den Riesensöhnen passt. Wie auch Frigg soll Gefjun eine vollständige Kenntnis des künftigen Schicksals besitzen.
Skaði bei der Jagd auf Skiern in ihrem Bergrevier. Zeichnung von „H. L. M.“ (1901).
Skaði, eine Riesin und Kriegerin, ist die Göttin der Jagd und des Skifahrens. Ihre Halle ist Þrymheimr (Þryms Heim – Þrym ist ein Riese), ererbt von ihrem Vater Þjazi.
Als Skaði in voller Rüstung und Waffen schwingend nach Ásgarðr hineinmarschiert, fordert sie Entschädigung für Þjazis Tötung durch die Götter (siehe Kapitel 3). Bei dieser Gelegenheit lässt sie sich breitschlagen, einen Gott zum Mann zu nehmen, sie muss aber zwischen mehreren Kandidaten wählen, die hinter einem Tuch verborgen sind. Weil von denen nur die Füße sichtbar sind, wählt sie am Ende den Meeresgott Njörðr – denn natürlich sind seine Füße besonders hell und sauber! Skaði ist verstimmt, hatte sie sich doch erhofft, Baldr als Gatten zu gewinnen; sie lässt sich aber von Loki überzeugen, sich mit dem Ausgang zufriedenzugeben, vorausgesetzt, Loki kann sie zum Lachen bringen. Die grimmige Skaði ist zum Lachen gerade nicht aufgelegt, aber Loki bindet den Bart einer Ziege an seinen Hoden fest und anschließend veranstalten er und die Ziege ein Tauziehen. „Beide kreischten sie dabei sehr laut“, so Snorri. Loki fällt Skaði dabei in den Schoß und da lacht sie endlich. Die sexuell aufgeladene Farce hat ihr Ziel erreicht, doch wir werden sehen, dass die Ehe zwischen Skaði und Njörðr keine Erfolgsgeschichte ist.
Friggs Zofe Fulla trägt ihre Haare offen und überwacht die Schuhsammlung der Göttin. Fulla ist eine sehr alte Gottheit; sie erscheint schon in einem althochdeutschen Zauberspruch, der im 10. Jahrhundert aufgezeichnet wurde.
Nachdem die Götter und Göttinnen jetzt vorgestellt sind, ist es Zeit, dass wir uns die Mythen anschauen, in denen sie auftreten. Im nächsten Kapitel beginnen wir damit am allerersten Anfang der Zeit, mit dem Ursprung der Götter und der Erschaffung der Welt.
Ein Zauber, den die Götter benutzten
Im sogenannten Zweiten Merseburger Spruch erscheinen Baldr, Wotan, Friia (Frigg) und Volla (Fulla) zusammen mit einigen nicht identifizierbaren Figuren – Phol, Sinthgut und Sunna. Phol und Wotan sind durch den Wald geritten, als sich Baldrs Pferd den Fuß verstaucht hat. Die Göttinnen und Wotan beschwören den Fuß, er möge zusammenwachsen: „Bein [Knochen] zu Bein, Blut zu Blut, Glied [Gelenk] zu Glied.“ Das Bein heilte, und dieselbe Formel, so legt der Spruch nahe, lässt sich auch zur Heilung anderer Wesen einsetzen. Diese kleine Geschichte ist eine mythische Erinnerung und zitiert das tätige Wirken der Götter, um eine Heilung in der Gegenwart zu erreichen.
Frigg und ihre Dienerinnen versorgen zusammen mit Baldr und Óðinn Baldrs verletztes Pferd. Emil Doepler (1905).