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Teil 1 Das Mandat in Verkehrsstrafsachen › II. Vollmacht

II. Vollmacht

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Stehen einem Mandatsverhältnis keine Hindernisse entgegen, wird vom Mandanten in der Regel eine Strafprozessvollmacht auf den üblichen Vollmachtsformularen unterschrieben. Diese Strafprozessvollmacht dient dem Verteidiger zum einen als Nachweis, dass das Mandatsverhältnis zustande kam, zum anderen als Legitimation bei der Behörde bzw. dem Gericht, bei der bzw. bei dem er sich zum Verteidiger des Beschuldigten oder Betroffenen, des Angeschuldigten oder Angeklagten bestellt. Entgegen einer weitverbreiteten Auffassung hängt aber die Wirksamkeit der Verteidigerbestellung von der Vorlage einer Vollmachtsurkunde nicht ab, da eine besondere Form für die Beauftragung des Wahlverteidigers nicht vorgeschrieben ist.[1] Es genügt, dass der Verteidiger anzeigt, er sei mit der Wahlverteidigung beauftragt worden. Es spricht dann hieraus eine Vermutung für die ordnungsgemäße Bevollmächtigung.[2] Nur wenn im Einzelfall Zweifel an der Bevollmächtigung bestehen, kann die Vorlage einer Vollmachtsurkunde verlangt werden.[3]

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Die „einfache“ Strafprozessvollmacht berechtigt den Verteidiger i.d.R. zu allen Verfahrens- und Prozesshandlungen mit Wirkung für und gegen den Beschuldigten.[4] Dieser Grundsatz unterliegt jedoch Einschränkungen:

Von der allgemeinen Vollmacht zu unterscheiden ist die besondere Vertretungsvollmacht. Sie geht weiter als die Strafprozessvollmacht und legitimiert den Verteidiger dazu, den Angeklagten/Betroffenen in den Fällen zu vertreten, in denen das Gesetz dies zulässt. Namentlich erwähnt seien die Vertretung des abwesenden Angeklagten durch den Verteidiger gemäß § 234 StPO in den Fällen der §§ 231 Abs. 2, 231a, 231b, 232, 233 StPO, die Vertretung gemäß § 411 Abs. 2 StPO nach dem Einspruch gegen einen Strafbefehl, die Vertretung im Revisionsverfahren (§ 350 Abs. 2 Satz 1 StPO), im Privatklageverfahren (§ 387 Abs. 1 StPO) und im Bußgeldverfahren (§ 73 Abs. 3 OWiG).[5] Hinzuweisen ist auf die Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 18.1.1999,[6] wonach eine spätere schriftliche Bestätigung einer zunächst nur mündlich erteilten Vollmacht für das Verfahren nach § 411 Abs. 2 StPO nicht genügt. Andererseits hat das OLG Dresden[7] entschieden, dass es genügt, wenn die dem Gericht vorgelegte Vollmachtsurkunde aufgrund eines mündlich erteilten Auftrags des Angeklagten vom Verteidiger mit eigenem Namen unterzeichnet ist, da die Ermächtigung, die Vollmachtsurkunde zu unterzeichnen, auch mündlich erteilt werden kann. Durch die Neuregelung des § 329 StPO wird dies aber für die Vertretung des abwesenden Angeklagten im Berufungsverfahren nicht (mehr) gelten.[8]
Für die Zurücknahme eines Rechtsmittels muss gemäß § 302 Abs. 2 StPO eine ausdrückliche Ermächtigung vorliegen.
Zustellungen für den Beschuldigten kann der Verteidiger nach § 145a Abs. 1 StPO, § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG nur in Empfang nehmen, wenn die Bestellung aktenkundig ist.[9] Nicht immer muss die Zustellungsbevollmächtigung von Vorteil sein; hält sich der Mandant im Ausland auf, kann es im Einzelfall z.B. sinnvoll sein, die Zustellungsbevollmächtigung nicht zu vereinbaren.

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Praxishinweis

Die im Handel,[10] im Internet[11] oder in der Fachliteratur[12] erhältlichen Vordrucke zur schriftlichen Erteilung einer Strafprozessvollmacht enthalten teilweise einen Passus, mit welchem der Verteidiger auch zur Entgegennahme von Ladungen ermächtigt wird (§ 154a Abs. 2 Satz. 1 StPO). Eine solche Bevollmächtigung birgt jedoch nicht unerhebliche Haftungsrisiken für den Verteidiger, der dann dafür sorgen muss, dass der Mandant nach der Einlegung des Einspruches gegen einen Strafbefehl oder einer Berufung Kenntnis vom Einspruchstermin oder vom Termin zur Berufungshauptverhandlung erhält. Gelingt ihm das nicht, droht die Einspruchs- oder Berufungsverwerfung (§§ 412 S. 1, 329 Abs. 1 S. 1 StPO).[13] Der Passus sollte daher ggf. – insbesondere bei berechtigten Bedenken, etwa wegen eines im Ausland aufhältlichen Mandanten – aus dem Vordruck gestrichen werden. Allerdings darf dabei auch nicht übersehen werden, dass die obergerichtliche Rechtsprechung die Zustellung an den gewählten Verteidiger zunehmend auch dann für wirksam hält, wenn der entsprechende Passus zur Zustellung durchgestrichen ist.[14]

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Die Vollmachtsurkunde kann auch Bedeutung erlangen, wenn der angeblich bevollmächtigende Mandant eine solche Vollmacht später mit Nachdruck in Abrede stellt. Zu beachten ist, dass die Kopie einer Vollmacht das Original nicht zu ersetzen vermag, da das Original bereits zurückgegeben oder für kraftlos erklärt worden sein könnte (§ 172 Abs. 2 BGB). Dennoch hält das BayObLG[15] das Einreichen einer Ablichtung für ausreichend.

Wichtig ist, dass der Mandant die Vollmacht unterschreibt, nicht etwa dessen Ehefrau, Bruder oder Schwester. Beim noch nicht volljährigen Mandanten unterschreiben die gesetzlichen Vertreter; die Vorschrift des § 67 JGG ist zu beachten.

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Bei Firmenvollmachten ist Vorsicht geboten; solche Vollmachten können in OWi-Verfahren Bedeutung erlangen, z.B. wenn es um die Fahrerermittlung geht,[16] aber auch in anderen Fällen einer (noch) ungeklärten Fahrereigenschaft, z.B. bei einer Unfallflucht, kann eine Firmenvertretung im Einzelfall angezeigt sein. In diesen Fällen sollte zunächst geklärt werden, wer die juristische Person vertritt und ob diese Person zu einer Vollmachtserteilung in der vorliegenden Sache überhaupt bereit ist. Es kann sich empfehlen, neben der Unterschrift auf der Vollmacht in Maschinenschrift den Namen des Unterzeichners zu setzen, nach Möglichkeit mit dessen Rechtsstellung, etwa „Geschäftsführer“. Ausnahmen können sich ergeben, wenn der Fahrzeugführer nicht ermittelt werden konnte und die Firma nicht wünscht, dass etwaige Auskunftspersonen namentlich benannt werden.

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Erteilt ein vertretungsberechtigter Verteidiger, dessen Vollmacht dem Gericht vorliegt, eine Untervollmacht, so bedarf diese nicht der Schriftform.[17] Die Untervollmacht des Wahlverteidigers enthält für den bevollmächtigten Rechtsanwalt eine Zustellungsvollmacht nach § 145a Abs. 1 StPO.[18]

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Liegt die schriftliche oder mündliche Bevollmächtigung vor, ist umgehend die Vertretungsanzeige abzusenden. Es empfiehlt sich dabei einen Standardtext zu verwenden, unabhängig davon, ob die Verteidigerbestellung an die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder das Gericht geht (Muster 1: Vertretungsanzeige mit Antrag auf Akteneinsicht, unten Rn. 1262).

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