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Als Fey im Januar 1940 in Ebenhausen Detalmo Pirzio-Biroli heiratete, einen 25-jährigen Kavallerieoffizier, dem sie einige Jahre zuvor auf einem Ball in Rom begegnet war, konnte sie nicht aufhören zu weinen. Das Fest wurde von dem Wissen überschattet, dass der Familie durch Feys Hochzeit und den baldigen Kriegsdienst ihrer beiden Brüder die Trennung bevorstand. »Ich war wütend auf mich selbst, aber die Tränen liefen mir die Wagen herunter«, schrieb Fey. »Später fand ich heraus, dass mein Vater gerade noch seine Rede beenden konnte, bevor er rasch den Salon verließ, weil auch er seine Gefühle nicht beherrschen konnte. Gleichzeitig hatten Almuth und Hans Dieter sich im Keller versteckt, um sich auszuweinen. Es war zu lächerlich!«

Als Jungvermählte in Kriegszeiten wussten sie, dass sie nicht viel Zeit zusammen haben würden, aber die ersten fünf Monate ihrer Ehe lebten sie in Detalmos Familienpalazzo in Rom. Als Fey dann im Frühjahr 1940 schwanger wurde, beschloss das Paar, vor der Hitze der Stadt nach Brazzà zu fliehen.

Das Anwesen mit der Burg aus dem 12. Jahrhundert und den großen Ländereien war seit über tausend Jahren im Besitz der Familie von Detalmos Mutter, der di Brazzà Savorgnan. »Ich hatte von Bekannten und Verwandten so viel über Brazzà gehört, daß ich wirklich sehr neugierig geworden war. Meine Erwartungen waren zum Glück keineswegs zu hoch geschraubt«, schrieb Fey begeistert an ihre Eltern. »Es ist ein wunderbarer Flecken Erde, abseits von allen Wirren der Stadt. Er liegt auf einer Anhöhe, auf der einen Seite geht der Blick in die Paduanische Ebene, auf der anderen auf eine entzückende liebliche Landschaft wie im Alpenvorland bei uns. Man sieht die schneebedeckten Berge und ist doch in Italien. Das Haus ist groß, es gibt Ställe und Wirtschaftsgebäude und einige Bauernhäuser. … Im Haus gibt es sehr schöne Möbel, es ist mit Geschmack eingerichtet. Detalmo und ich haben im zweiten Stock ein Reich für uns mit pompösem Blick und viel Luft und Licht. … Heute früh war ich mit dem Gärtner in dem großen Gemüsegarten.«

Fey begegnete auch Nonino, dem viel geliebten Diener der Familie: »Nonino war seit 45 Jahren Kutscher, Diener und Chauffeur in Brazzà und regelte alles so vollkommen, dass meine Hauptaufgaben nur darin lagen, die ungefähr 20 Blumenvasen zu füllen, Speisefolgen zu besprechen und mit der Köchin und dem Gärtner einzukaufen.«

Das Paar war erst einen Monat dort, als Italien im Juni 1940 England und Frankreich den Krieg erklärte und Detalmo zu seinem Kavallerieregiment abreisen musste. Fey blieb da, um das Anwesen weiter zu führen und auf die Geburt von Corrado zu warten. Sie liebte den Frieden und das Grün von Brazzà, und mit seiner sauberen Luft und der reichlichen Lebensmittelversorgung war es für den Säugling perfekt. Nach Corrados Geburt im November sah sie aber die Ironie ihres stillen, ereignislosen Lebens im Gegensatz zum lauten Gesellschaftsleben in Rom: »Ich erzähle dir nur in wenigen Worten, was ich den Tag über tue«, schrieb sie an ihre Schwester Almuth in München. »Sobald der Kleine angezogen und gefüttert ist, sehe ich in der Küche, bei den Lebensmitteln, der Wäsche und der Hausarbeit nach dem rechten, um sicher zu sein, dass alles so gemacht wird, wie ich will. Dann gehe ich zur Farm und rede mit Bovolenta [dem Gutsverwalter] über alle möglichen Probleme – das Schwein, die Hühner, die Hasen und die Tauben. Er ist nie sehr erfreut, wenn ich komme; wenigstens habe ich diesen Eindruck, weil ich immer Sachen entdecke, die zu unserem Nachteil geregelt werden … Nachmittags kommt Corradino in seinen Laufstall. Er redet viel und ist sehr kräftig. Ich sitze dabei und stricke, was ich sehr gern tue, oder stopfe, was ich hasse! Nach dem Abendessen gehe ich gegen zehn Uhr ins Bett und lese.«

Als Almuth einige Monate später zu Besuch nach Brazzà kam, hatte Detalmo Heimaturlaub. Sie sah das Paar zum ersten Mal seit der Hochzeit und war hingerissen von dem idyllischen Leben weit weg von den Schrecken und Entbehrungen des Krieges. »Ich komme mir wie im Traum hier vor«, schrieb sie an ihre Eltern. »Die Reise ging glatt und ein schmaler, aber reizender Detalmo in Uniform holte mich mit Nonino auf dem Pferdewagen ab. Die langsame Schuckelfahrt durch das duftende, warme südliche Land war zauberhaft. Als wir ankamen, standen Li (Fey), Marina und Cilla unter der Tür. Li ist eine richtig schöne Frau geworden. Ich mußte sie immer wieder ansehen. … Wir gingen natürlich sofort Corradino besichtigen, der wirklich das Süßeste ist, was ich je gesehen habe.«

Kurz nach Almuths Rückkehr nach München entdeckte Fey, dass sie wieder ein Kind erwartete. »Du weisst, dass ich unendlich traurig wäre, dich zu verlassen, wenn ich jetzt oder nach dem zweiten Baby sterben würde«, schrieb sie an Detalmo. »Sonst wäre ich nicht traurig, denn ich bin in diesen wenigen Jahren so glücklich gewesen. … Ich hatte eine schöne Kindheit, ein wunderbares Beispiel an meinen Eltern für praktisch alles. Ich habe erfahren, was echte Liebe zwischen einem Mann und einer Frau und was die Liebe für das eigene Kind bedeutet.« Im abgelegenen Brazzà schwankte aber ihre Stimmung, und sie war sehr in Sorge um ihre Familie in Deutschland und ihren Bruder Hans Dieter, der an der Ostfront kämpfte. Ihre Mutter hatte ihr geschrieben, ihr Vater werde ständig von der Gestapo beobachtet und die Gefallenenlisten in Russland seien schwindelerregend, berichtete sie Detalmo. Sie wünschte sich, der Krieg wäre vorbei ist und er könne nach Hause kommen.

Detalmo war in Civitavecchia, einer Hafenstadt an der Westküste Italiens, und wartete auf die Entscheidung, ob er nach Nordafrika geschickt würde, wo italienische Truppen und Rommels Afrikakorps gegen die Engländer kämpften. Er schrieb an Fey, es sei auch möglich, dass er nach Udine versetzt würde, nur acht Kilometer von Brazzà entfernt. Doch er hatte das Gefühl, es sei illoyal, sein Regiment zu verlassen. Fey drängte ihn, die Versetzung anzunehmen; sie vermisse ihn nicht nur, sondern sie brauche auch seine Hilfe bei der Verwaltung des Anwesens. Als Detalmo ihrer Klagen müde war, schrieb er entschieden zurück: »Ich warne dich nochmal, Fey, mein Liebling: Beklag dich nicht. Klagen sind nicht nur Undankbarkeit gegenüber der Vorsehung, sie können auch Unglück bringen. Heute kam die Nachricht, dass sie Offiziere für die Schiffe nach Nordafrika brauchen. Wenn ich dorthin versetzt werde und monatelang zweimal in der Woche übers Meer fahre, würdest du sagen: ›Wie schön, als er in Civitavecchia war. Warum ist es nicht so geblieben?‹ Vielleicht versuche ich, nach Udine zu kommen, aber auch wenn das nicht passiert, beklag dich nicht! Ich habe ein starkes Gefühl, dass Klagen in unserer jetzigen Lage Unglück bringen! Du darfst nichts tun, als dich zu freuen und glücklich zu sein und Gott für das zu danken, was wir heute haben, denn bis jetzt haben wir gewaltiges Glück gehabt!«

Die Vorsehung schien es jedoch gut mit ihnen zu meinen. Anfang 1942, kurz vor Robertos Geburt, wurde Detalmo tatsächlich nach Udine versetzt. Er sollte die Festungen kommandieren, die sich über die Ebene von San Daniele zogen, sechzehn Kilometer nordwestlich von Brazzà. Sie waren gebaut, um die vielen Armeen abzuwehren, die in den letzten tausend Jahren den Norden Italiens erobern wollten, und viele davon gehörten seinen Vorfahren oder standen auf deren Land.

Das ganze Jahr 1942 über blieb Detalmo in Brazzà. Die Kinder gediehen prächtig, und er und Fey berichteten ihren Eltern in Berlin regelmäßig über ihren Fortschritt: »Die beiden Jungen entwickeln sich gut, haben aber ein sehr unterschiedliches Wesen. Corrado ist nervös und einfallsreich, Roberto ist langsam und immer etwas schläfrig«, schrieb Detalmo an seine Schwiegermutter. Für Fey waren die Kinder ein Anker der Stabilität in einer chaotischen Welt. »Ich liebe die kleinen Jungen so sehr«, schrieb sie an ihre Eltern. »Sie sind meine ganze Freude in diesen unsicheren Zeiten.«

Fey und Detalmo wussten beide, dass sie weiterhin »gewaltiges Glück« hatten. Wie kaum ein anderer Ort in Europa blieb Brazzà vom Krieg unberührt. Die nächsten Kämpfe gab es Hunderte Kilometer entfernt auf der anderen Seite der Alpen, und es war eine der wenigen Regionen, die nicht von den Alliierten oder den Achsenmächten bombardiert wurde. Die Idylle stand jedoch vor dem Ende. In einer kalten Nacht im Januar 1943 saß Detalmo vor einem prasselnden Feuer in der Bibliothek und schrieb an seinen Schwiegervater. Es sollte sein letzter Brief an ihn sein:

Es ist zehn Uhr abends, und wir sind allein. Fey sitzt an ihrem Schreibpult, und wenn sie spricht, merkt man die Wirkung des Glühweins, den sie gegen ihre Erkältung trinkt. … Ohne Zweifel sind die glücklichsten Menschen Corradino und Roberto, die das Glück haben zwei und ein Jahr alt zu sein. 20 Mal am Tag fallen sie in tiefste Verzweiflung, aber nie länger als 20 Sekunden. Sie haben Glück in Brazzà zu sein, wo es saubere Luft und genug zu essen gibt. Brazzà ist wie eine riesengroße alte Henne, die uns unter ihren breiten Flügeln schützt.

Wenige Wochen später erfuhr Detalmo, dass er versetzt würde, nachdem er fast ein Jahr zu Hause gewesen war.

Detalmos Loyalität war nicht ganz so offensichtlich, wie sie aussah. Er war nicht nur ein überzeugter Antifaschist und Bewunderer des berühmten italienischen Widerstandsführers Ugo La Malfa alias »Cornali«, sondern hatte auch viele britische Verwandte und Freunde, für die er nichts als Wärme und Bewunderung empfand. Er war auch teilweise amerikanischer Abstammung, denn seine Großmutter mütterlicherseits, Cora Slocomb, kam aus einer reichen Familie aus New Orleans.

Er hatte darum lange gehofft, eine Versetzung werde ihm die Gelegenheit bieten, seine Verbindungen zu den Alliierten auszubauen. Nun, da er als Übersetzer einem Lager mit britischen und amerikanischen Kriegsgefangenen in Mortara bei Mailand zugeteilt war, würde er Zugang zu den Alliierten haben und auch die Chance, mit »Cornali« zusammenzuarbeiten, der Widerstandsgruppen in den Industriegebieten Norditaliens organisierte.

Bei seinem Regiment und zu Hause in Brazzà hatte er keine Möglichkeit gehabt, die Verbindungen zum britischen Geheimdienst zu halten, die er in den ersten Kriegsjahren für seinen Schwiegervater genutzt hatte. Im Februar 1940 war es Detalmo, der die Treffen zwischen Hassell und Halifax’ Mittelsmann Lonsdale-Bryans arrangiert hatte, mit dem er bekannt war. Da die Treffen streng geheim bleiben mussten, ließ Detalmo Lonsdale-Bryans nach Arosa in die Schweiz reisen und als Spezialisten auftreten, der Hassells ältesten Sohn wegen einer chronischen Bronchialkrankheit behandelte. Trotz dreier Treffen wurde aber nichts aus Detalmos Initiative. Offensichtlich glaubten die Briten nicht, dass der deutsche Widerstand fähig sei, Hitler auszuschalten und eine demokratische Regierung einzusetzen.

Der Abschied von ihrem Ehemann war schwer für Fey, aber sie akzeptierte, dass seine Versetzung ihm wenigstens die Möglichkeit gab, heimlich gegen das Mussolini-Regime zu arbeiten. Wegen ihrer Abgeschiedenheit in Brazzà fühlte sie sich sicher, ihrem Tagebuch alles anzuvertrauen: »Er ist froh darüber, weil er so mit der Untergrundbewegung von Mailand zusammenarbeiten kann. Obendrein braucht er nicht gegen die Alliierten zu kämpfen«, notierte sie. Auch seine Briefe munterten sie auf: »Fey, mein kleiner Liebling, sei guten Mutes und mach dir keine Sorgen«, schrieb er wenige Tage nach seiner Abreise. »Gib den Kleinen einen Kuss von mir, und ich schicke dir einen dicken, langen Kuss. Ich sehe dich und die Kinder als etwas so Großes und Schönes, dass es mir fast wie ein Traum vorkommt.«

Fey sah Detalmo erst im Juni wieder, als er Urlaub bekam, um sie und die Kinder bei ihren Eltern in Ebenhausen zu besuchen. Es bot ihm auch die Gelegenheit, seinen Schwiegervater über die Entwicklungen in Italien zu informieren. Unter den kriegsgefangenen Engländern und Amerikanern in Mortara liefen Gerüchte um, die Alliierten bereiteten eine Invasion in Süditalien vor, und während ihres Aufenthalts in Ebenhausen kam die Nachricht, die Briten hätten Pantelleria besetzt, eine kleine Insel südlich von Sizilien. Aufgrund seiner Gespräche mit hohen Anführern der Resistenza war Detalmo überzeugt, eine Invasion werde den Sturz Mussolinis beschleunigen. Er hoffte auch, das Ende des faschistischen Regimes in Italien könne eine Revolte gegen Hitler auslösen.

Fey war an den politischen Diskussionen zwischen ihrem Vater und ihrem Ehemann nicht beteiligt. Obwohl sie deren Haltung vorbehaltlos unterstützte, standen die Kinder für sie im Mittelpunkt, und sie war überglücklich, bei ihren Eltern zu sein, die die Jungen seit Robertos Geburt nicht gesehen hatten: »Die ganze Familie ist in Ebenhausen versammelt. Ich sitze am Schreibtisch im Wohnzimmer und schaue auf den blühenden Garten. Wie sehr liebe ich diesen Ausblick. Die Kinder erobern alle Herzen. Auch wenn eine Mutter so etwas nicht sagen sollte, ich finde, es sind wirklich ganz goldige und auch wohlerzogene Kinder. Von Detalmo höre ich abends, daß Papa seine Lage in Berlin zunehmend brisanter findet: Sie wollen ihm keine Auslandsvisa mehr geben, und er wird ständig überwacht. Außerdem ist er über das Verhalten der Wehrmacht verzweifelt. Beinahe niemand findet sich, der bereit wäre, die eigene Position oder gar Gefängnis oder Tod zu riskieren, um gegen Hitler vorzugehen.«

Einen Monat nach ihrer Rückkehr mit den Kindern nach Brazzà bestätigten sich die Gerüchte, die Detalmo gehört hatte. Am 10. Juli landeten die Alliierten in Sizilien. Wie er vorhergesagt hatte, wurde Mussolini wenig später gestürzt und von den Alliierten an einem geheimen Ort im Apenninengebirge gefangen gesetzt.

Detalmo und Hassell, die durch einen geheimen Boten miteinander in Verbindung standen, hatten gehofft, Mussolinis Festnahme werde Hitlers Sturz beschleunigen. Anfang August schrieb Detalmo an Fey: »Ich erwarte Neuigkeiten von deinem Vater, keine persönlichen, sondern allgemeine, wenn du verstehst, was ich meine. Es muss viel da oben passieren. Hoffen wir, es ist zum Besten und nicht zum Schlimmsten.« Auch Fey war in großer Spannung. Sie antwortete: »Ich habe den gleichen Eindruck wie du. Mein Vater muss sehr beschäftigt sein, aber ich bin wie immer pessimistisch; es ist so viel schwieriger für ihn als für die Italiener.« Zwei Tage später schrieb sie erneut: »Wie du dir denken kannst, sind meine Gedanken bei meinem Vater, und ich bin nervös und ungeduldig. Ich habe jetzt wieder das Gefühl, dass er nichts erreichen wird. Ich bin sicher, dass er sein Bestes tut und versucht, aber ich wäre verzweifelt, wenn all seine Anstrengungen erfolglos blieben.«

Den Juli und August verbrachte Fey in Brazzà und kümmerte sich um die Jungen und das Anwesen, während Detalmo in Mortara war. »Es ist so schön, wieder frei schreiben zu können und keine Angst vor dem Zensor und der politischen Polizei haben zu müssen«, schrieb er am 2. August. »Ich bin voller Zuversicht. Ich weiß, dass die Gesetze jetzt human, gerecht und vernünftig sind. Schluss mit den unterdrückenden und demütigenden faschistischen Gesetzen. Ich fühle nicht, dass meine Ehre und Würde als Mensch angegriffen wird … Fey, mein Liebling, es tut mir leid, dass die Ereignisse nicht so waren, dass wir Zeit füreinander hatten. Das Leben ist dynamisch und saust wie der Wind. Die alte Zeit ist vorbei …«

Am 3. September landeten die Alliierten auf dem italienischen Festland bei Salerno, 270 Kilometer südlich von Rom. Detalmo konnte seine Aufregung kaum bezähmen. »Die Ereignisse überschlagen sich!«, schrieb er an Fey. »Die 8. Armee ist in Kalabrien gelandet … Da Russland so unermüdlich gegen die Ostfront drängt, sollte sich die Lage sehr schnell verschlechtern. Deutschland muss sich auf sein Gebiet zurückziehen, und es ist nicht unmöglich, dass der Krieg in Europa in zwei Monaten vorbei ist.« Nicht lange zuvor hatte er sie aufgefordert, beim ersten Anzeichen von Gefahr nach Rom zu gehen und ihre Sicherheit und die der Kinder voranzustellen und die des Besitzes an zweite Stelle zu setzen. Da sie Brazzà nur ungern verließ und es als den sichersten Ort für die Kinder betrachtete, antwortete sie etwas scharf: »Ich bereite alles vor, damit ich abreisen kann, wenn die Dinge sich verschlechtern. Aber ich sage dir eines: Ich möchte Brazzà wegen der Kinder so spät wie möglich verlassen. Hier essen sie gut, und es ist nicht heiß. In Rom ist es heiß, und das Essen wird schlecht sein.«

Detalmos lang gehegter Ehrgeiz war es, nach zwanzig Jahren Faschismus am Aufbau einer demokratischen Zukunft für Italien mitzuarbeiten. Der Moment, auf den er gewartet hatte, kam am 8. September, als Italien nach Geheimverhandlungen zwischen Marschall Badoglio, dem neuen Regierungschef, und den Alliierten, kapitulierte. Sobald der Waffenstillstand verkündet war, öffnete Detalmo die Tore des Lagers in Mortara und ermöglichte rund 3000 alliierten Kriegsgefangenen die Flucht. Dann verließ er sein Regiment und ging zu den Partisanen in den Untergrund.

In Brazzà ging Feys »stilles und ereignisloses Leben« zu Ende. Wenige Stunden nach dem Waffenstillstand strömten deutsche Truppen über die Grenze, als Hitler Norditalien besetzte.

Während diese Ereignisse abliefen, war Fey allein und von Detalmo abgeschnitten. Sie war gezwungen, die größte Entscheidung ihres Lebens zu treffen. War es besser, mit den Kindern in Brazzà zu bleiben, oder war es sicherer, wegzugehen?

Unaufhaltsam wurden sie und die Jungen in die Nazikriegsmaschine hineingezogen.

* Die »Nacht der langen Messer«, in der SA-Chef Ernst Röhm und andere ermordet wurden.

* Special Operations Executive, eine britische nachrichtendienstliche Sondereinsatztruppe während des Zweiten Weltkriegs.

Bis wir uns wiedersehen

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