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Das Haus lag im Finstern, die Fenster waren verdunkelt. Es hatte drei Stockwerke, an der Rückseite war ein neogotisches Türmchen zu erahnen.

Trotz der angestrebten Pracht passte das Gebäude nicht ganz in seine Umgebung. Beengt von den Bergen und an drei Seiten von Wald umgeben, war seine lange schmale Form wenig anziehend. Große schwarze Balkenkreuze unterbrachen die weiß getünchten Außenmauern, und der Dachgiebel hing tief über den unteren Etagen, was die Fenster verdunkelte und dem Haus ein düsteres Aussehen gab. Die Vordertür aus dickem dunklem Eichenholz war im Verhältnis zum Gebäude klein. Darüber stand in schablonengemalten großen gotischen Buchstaben der Name des Waisenhauses. Wiesenhof.

Für die Bewohner der einsamen Dörfer und Bauernhäuser entlang des Plateaus war es ein »verfluchtes« Haus, in dem es spukte und das jedem Unglück brachte, der dazu in Beziehung stand. Ein reicher Adliger, dessen Vermögen aus den nahe gelegenen Salzbergwerken stammte, hatte es zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Jagdschloss gebaut. 1878 verkaufte seine Familie es an einen Bauunternehmer, der ein Luxussanatorium daraus machen wollte. Er legte eine Leitung von den Salzbergwerken, um Kurbäder zu ermöglichen, dann baute er den Wiesenhof aus und errichtete ein zweites Hotel auf dem Gelände. Bevor die Arbeiten aber beendet waren, ging ihm das Geld aus, und als die Bank 1899 seine Kredite kündigte, beging er Selbstmord.

Im folgenden Jahrzehnt versuchte eine Reihe von Besitzern erfolglos, das Sanatorium wiederzubeleben. Dann wurde es kurz vor dem Ersten Weltkrieg an Siegmund Weiss verkauft, einen wohlhabenden jüdischen Kaufmann aus Wien. Er vermietete es an die Wiener Anthroposophische Gesellschaft, die von dem österreichischen Mystiker und selbst ernannten Hellseher Rudolf Steiner gegründet worden war. Die Anthroposophie war eine geistige Bewegung, die körperliches und seelisches Wohlbefinden durch die Anwendung natürlicher Mittel fördern wollte, und in den 1930er-Jahren war der Wiesenhof eines der modischsten Sanatorien Europas geworden. Er wurde von Steiner-Schülern betrieben und bot alternative medizinische Behandlungen und Therapien. Zu seinen Besuchern zählten neben Prominenten und Adligen auch hohe NS-Funktionäre.

Doch 1938 schien der »Fluch« des Wiesenhofs erneut zu wirken. In den Monaten nach dem Anschluss Österreichs wurden Tausende von Juden in Wien, dem Wohnort der Familie Weiss, festgenommen. Allein in der Nacht vom 9. zum 10. November waren es 8000. In derselben Nacht begingen weitere 680 Juden Selbstmord oder wurden ermordet. Walther Eidlitz, der Enkel von Siegmund Weiss, erinnerte sich: »Die Menge strömte über alle Donaubrücken, und die Männer erhoben drohend die geballten Fäuste gegen die dunklen Häuserwände und skandierten im Chor ›Tod den Juden! Tod den Juden!‹« Kurz darauf flüchtete er ins Ausland. Seine Mutter, die ihre Kindheit auf dem Wiesenhof verbracht hatte, wurde festgenommen und ins KZ Theresienstadt deportiert, wo sie 1941 starb.

Auch ohne die jüdischen Besitzer setzten hohe Nazis und wohlhabende Gäste aus ganz Europa ihre Kuraufenthalte fort. Wie sich der Manager des Hauses, Rudolf Hauschka, aber erinnerte, brachte der Anschluss Österreichs das Sanatorium in »ernste Gefahren«: »man [hatte] jedoch stets das Bewusstsein, in einer Oase zu leben, die in jedem Moment durch einen Sandsturm zugedeckt werden könnte.« Er sollte recht behalten.

Ein Ereignis, das Hitler als einen der schwersten persönlichen Schläge seines Lebens ansah und das die Ermittler mit dem Wiesenhof in Verbindung brachten, führte zu seiner Umwandlung vom Luxussanatorium zum staatlichen Waisenhaus.

Es begann nach dem Anschluss Österreichs mit der Kontroverse um die Anthroposophen als Mieter. Drei Jahre zuvor hatte die anti-okkultistische Fraktion im Sicherheitsdienst die Anthroposophische Gesellschaft verboten. Zu ihren Gegnern zählten Propagandaminister Goebbels, SD- und Gestapo-Chef Reinhard Heydrich und Martin Bormann, der Leiter der Kanzlei des Führers. Sie brandmarkten die Gesellschaft als gefährliche, jüdisch kontrollierte Sekte, die durch ihre Verbindungen zu Kommunisten und Freimaurern zu einer geheimnisvollen internationalen Verschwörung gegen das deutsche Volk gehöre, und wollten die Bewegung völlig beseitigen. Doch die Anthroposophische Gesellschaft hatte auch mächtige Unterstützer innerhalb der Partei, darunter Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß und SS-General Otto Ohlendorf.

In den 1930er-Jahren waren Heß und Ohlendorf – der später in Nürnberg des Mordes an 90 000 Juden angeklagt wurde – regelmäßig zu Gast auf dem Wiesenhof. Ohne sich Rudolf Steiners Lehren offiziell zu eigen zu machen, hielten beide manche Aspekte der Anthroposophie für vereinbar mit dem Nationalsozialismus, vor allem Steiners Ideen über biodynamischen Anbau. Die Gärten und Felder um den Wiesenhof herum wurden nach diesen Methoden bebaut. Der Zeitpunkt von Aussaat und Ernte wurde astrologisch bestimmt, und statt Dünger und Pestiziden benutzte man verschiedene homöopathische Mittel.

Für Heydrich und Goebbels war dies okkultistische Quacksalberei. Solange die Anthroposophische Gesellschaft aber unter dem Schutz von Heß stand, konnten sie sie nicht verbieten. Sie setzten zwar Gerüchte über das »Hervortreten des israelitischen Elements« und verborgene Saboteure und Gegner in Umlauf, mahnten ihre Agenten aber zur Vorsicht. Gegen den Wiesenhof sollte nicht vorgegangen werden, er war aber streng zu beobachten.

Hierfür setzte die Gestapo auch Hausangestellte aus dem Ort ein. Viele der Gärtner, Zimmermädchen und anderen Angestellten, die nötig waren, um den Luxus im Sanatorium zu garantieren, kamen aus Absam. Nach Aussagen der Dorfbewohner hatte die Gestapo auch eigene Agenten im Hotel.

»Trotzdem wir mit der Umgebung die besten Beziehungen pflegten, hörte das Gemurmel nicht auf«, schrieb Rudolf Hauschka. »Mißtrauen spürte man aus allen Ecken herauskriechen, und später hörten wir, daß Spitzel, als Patienten getarnt, unser Tun beobachteten.«

Die Vorurteile der Dorfbewohner gegen die jüdischen Besitzer des Sanatoriums und ihr Misstrauen gegen die neumodischen Ideen der Anthroposophen trieben sie dazu, der Gestapo über das Treiben auf dem Wiesenhof zu berichten. »Da ist alles falsch«, murmelten sie. »Es gehört nicht hierher.« In einer Gemeinde frommer Katholiken, deren Familien seit dem 15. Jahrhundert in den Salzbergwerken gearbeitet hatten, wurde der in ihrer Kultur verwurzelte Antisemitismus durch die NS-Propaganda verstärkt. Jeden Sonntag hörten sie bei der Messe, die Juden hätten den Sohn Gottes ermordet. Auf der anderen Seite des Tals war die Kirche in Rinn nach einem dreijährigen Jungen namens Anderl benannt, den angeblich die Juden im Mittelalter »ermordet« hatten. Sein Tod, der auf einem blutrünstigen Gemälde in der Kirche gezeigt wurde, war Teil der Tiroler Volksüberlieferung. In den rückständigen, selbstbezogenen Dörfern glaubten viele noch an die Legende, die Juden hätten aus dem Blut des Jungen Mazze für das Passahfest gebacken.

Mit stillschweigender Billigung der Dorfbewohner führte die Gestapo im Frühjahr 1941 den letzten Schlag gegen die Anthroposophen.

Am 18. April traf Rudolf Heß ein, um das Wochenende auf dem Wiesenhof zu verbringen. Um die Gestapo abzuschütteln, hatte er sich unter falschem Namen eingetragen. Eines Abends während seines Aufenthalts veranstaltete Heß, der sich mit Astrologen umgab und für Mystik und das Okkulte interessierte, eine Seance in seinem Zimmer. Sie wurde unter strengster Geheimhaltung durchgeführt, denn sie war ein offener Bruch von Hitlers Verbot okkulter Praktiken. Im Herbst 1938 hatte der Führer auf dem Nürnberger Parteitag verkündet: »Das Einschleichen mystisch veranlagter okkulter Jenseitsforscher darf daher in der Bewegung nicht geduldet werden. Sie sind nicht Nationalsozialisten, sondern irgend etwas anderes, auf jeden Fall aber etwas, was mit uns nichts zu tun hat.« Durch ihre Spitzel erfuhr die Gestapo von der Seance. Nach ihren Akten hatten die Teilnehmer den Geist Bismarcks beschworen – des preußischen Staatsmanns, der Deutschland vereinigt und in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ein mächtiges Reich errichtet hatte. Sie hatten den Geist gefragt, wie der Krieg ausgehen werde, und durch Klopfzeichen antwortete er, Hitler werde den Krieg verlieren und zugrunde gehen und Deutschland werde in tiefes Unglück gestürzt werden.

Drei Wochen später, am 9. Mai, flog Heß allein und ohne Ankündigung nach Schottland, eine närrische Mission, um einen Frieden mit England auszuhandeln. Sein Flug – nur wenige Wochen vor Beginn der Aktion Barbarossa, dem Angriff auf die Sowjetunion – kam zu einem für das Regime empfindlichen Zeitpunkt, und sobald er bekannt wurde, begann die Suche nach einer plausiblen und das Gesicht wahrenden Erklärung.

Im Mittelpunkt der Geschichte, die von den Gestapo-Berichten über die Seance auf dem Wiesenhof und Hitlers Schock über den persönlichen Verrat eines seiner engsten Freunde angeheizt wurde, stand Heß’ Neigung zu okkulten Lehren und Praktiken. Hans Frank, der Generalgouverneur des besetzten Zentralpolen, nahm an der Sitzung am 13. Mai teil, auf der die Krise besprochen wurde: »Als wir … von ihm auf dem Berghof empfangen wurden, war Hitler voll furchtbarer, schmerzerfüllter Gequältheit. Ich hatte ihn damals schon längere Zeit nicht mehr gesehen. Ich war geradezu entsetzt über sein zerstörtes Aussehen. Ganz leise, stockend, mit einem dauernden Unterton einer unsäglichen Gedrücktheit sprach er zu uns … Hitler bezeichnete diesen Flug als eine reine Wahnsinnstat.« Dann sagte er: »Im übrigen scheint mir dieser Schritt stärkstens mitveranlaßt zu sein von dem astrologischen Klüngel, den Heß um sich in Einfluß hielt. Es ist daher Zeit, mit diesem Sterndeuterunfug radikal aufzuräumen.«

Am nächsten Tag telegrafierte Bormann an Gestapo-Chef Heydrich: »Der Führer wünscht, daß mit den schärfsten Mitteln gegen Okkultisten, Astrologen, Kurpfuscher und dergl., die das Volk zur Dummheit und Aberglauben verführen, vorgegangen wird …« Das Ergebnis war die »Aktion gegen Geheimlehren und sogenannte Geheimwissenschaften« oder »Aktion Heß«. Hunderte Wunderheiler, Wahrsager, Grafologen und Christliche Wissenschaftler wurden festgenommen und verhört, alle »okkulten« Organisationen verboten, wie bereits 1935 die Anthroposophische Gesellschaft.

Am 9. Juni 1941 durchsuchte die Gestapo den Wiesenhof. »Im Morgengrauen … erschienen plötzlich einige Polizeiautos, und im Nu war die Kuranstalt von Gestapobeamten umstellt«, erinnerte sich Rudolf Hauschka. »Es begann eine gründliche Hausdurchsuchung, die Bibliothek, Büro, Buchhaltung und Korrespondenz wurden lastwagenweise abtransportiert. Auch meine wissenschaftliche Bibliothek, normale schulwissenschaftliche Chemiewerke, Botanikbücher und Anatomieatlanten wurden beschlagnahmt. Auf meine Frage, warum man mir die gewiß nicht verbotenen Bücher wegnähme, war die Antwort: ›Uns ist alles verdächtig, was Sie lesen.‹«

Noch am selben Tag wurden Hauschka und seine Kollegen verhaftet und in das Gestapo-Gefängnis in Innsbruck gebracht.

Kurz darauf wurde auf dem Wiesenhof die Bekanntmachung Dem Deutschen Reich einverleibt ausgehängt. Binnen weniger Monate wurde das Anwesen zu einer SS-Einrichtung. Im Wald unter dem Haus wurde eine Kaserne für SS-Gebirgsjäger gebaut und zur Belohnung verdienter Parteigenossen einige Häuser beschlagnahmt. Ein Bauernhaus mit atemberaubendem Blick über das Inntal ging an Franziska Kinz, eine von Hitler und Goebbels sehr bewunderte Filmschauspielerin. Nachdem der Wiesenhof acht Monate leer gestanden hatte, wurde er zunächst als Unterkunft für hohe SS-Offiziere genutzt und im Herbst 1942 an die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) übergeben. Nun wurde er zu einem Waisenhaus für Kinder von zwei bis zwölf Jahren.

Über die Zeit, als der Wiesenhof ein NSV-Kinderheim war, ist nur sehr wenig bekannt. Man nimmt an, dass über sechzig Kinder hier lebten, von denen nicht wenige von der SS entführt worden waren und falsche Identitäten bekommen hatten. Die örtlichen Familien, auf deren Loyalität die Gestapo in den Jahren gezählt hatte, als das Anwesen an die Anthroposophen vermietet war, arbeiteten weiter hier. Bei Kriegsende trieb die Angst vor Bestrafung dieselben Familien dazu, die Spuren des Geschehenen zu beseitigen. Sie vernichteten die Unterlagen über das Waisenhaus.

Für den Rest ihres Lebens schwiegen die Angestellten darüber, wie sie die Kinder dort behandelt hatten und wie die Lebensbedingungen waren. Sie redeten nie darüber. Auch die Leute aus den umliegenden Dörfern, die zumindest von der Existenz des Waisenhauses gewusst hatten, schwiegen darüber. Es war, als hätte es den Ort niemals gegeben. In den 1960er-Jahren wurde das Haus vom österreichischen Staat übernommen und zur Polizeiakademie umgewandelt. Heute gibt es Menschen, die seit dreißig Jahren oder länger in dem kleinen Dorf leben und nie von seiner früheren Geschichte gehört haben. Eine Frau sagte: »Niemand hat uns je erzählt, es wäre ein NSV-Kinderheim gewesen. Wir wussten nicht, dass es da war.«

Zweifellos wussten aber viele von seiner Existenz. In manchen der hübschen chalet-artigen Häuser auf dem Plateau unter dem Großen Bettelwurf und in Absam sind Spuren ihres Wissens zu finden. Als das Waisenhaus bei Kriegsende geschlossen wurde, wurde es von den Einheimischen geplündert. Manche ihrer Nachkommen besitzen noch die Handtücher, mit denen die Kinder nach dem Baden abgetrocknet wurden. Sie sind blassblau und rosa und tragen die Initialen NSV.

Vom Inneren bleibt nur noch ein flüchtiger Eindruck. Eine Frau, die das Haus nach dem Krieg betrat, erinnert sich an die Betten, in denen die Kinder geschlafen hatten. Sie waren mit Bildern von Wäldern und Blumen bemalt und wie in einem Schlafsaal im ehemaligen Speisesaal des Hotels aufgestellt. In diesem großen, hohen Raum mit fünf Fenstererkern hatten die berüchtigtsten Gäste des Wiesenhofs, Heß und Ohlendorf, diniert, bevor die Gestapo das Sanatorium schloss.

Die Namen der Kinder, die Nacht für Nacht in diesen Betten schliefen, sind verloren. Ihre Wärter zerstörten die Akten mit den Einzelheiten – ihrem Alter, ihren (Ersatz-)Namen und ihren besonderen Kennzeichen –, weil sie wollten, dass ihre Geschichten vergessen würden.

Die einzige Ausnahme waren die Brüder »Vorhof«. Trotz des bewussten kollektiven Vergessens, das diesen Teil Tirols nach Kriegsende erfasste, überlebt ein Fragment der Erinnerung. Es stammt von Frau Buri, die Oberschwester im Waisenhaus war, als die Jungen von der Gestapo dorthin gebracht wurden.

In den Wochen nach ihrer Ankunft behielt Frau Buri die Brüder »Vorhof« im Auge.

Konrad, der Vierjährige, war schüchtern und nervös und weinte stets, wenn er ins Bett gebracht wurde. Dagegen gewöhnte sich der zweijährige Robert anscheinend viel leichter an das Heim und begann nach einer Weile, fröhlich mit den anderen Kindern zu spielen. Sie und die anderen Angestellten waren beeindruckt, wie Konrad seinen kleinen Bruder beschützte und beaufsichtigte. Morgens half er dabei, Robert anzuziehen, und band ihm sogar die Schnürsenkel.

Ihr engelhaftes Aussehen und ihre tadellosen Manieren unterschieden sie von den anderen Kindern. Sie sagten stets »Bitte« und »Danke«. Im Lauf der Wochen wurde Frau Buri immer neugieriger. Sie fragte sich, wer die Jungen sein könnten. Ins Register war in der Nacht ihrer Ankunft nur eingetragen worden: »Brüder Vorhof, Konrad und Robert, Mutter in Haft«. Sie wusste, dass »Vorhof« ein Deckname war. Die Gestapo veränderte stets die Namen der kleineren Kinder und gab nie Informationen, wer sie waren oder warum sie festgehalten wurden. Frau Buri und die anderen Angestellten konnten aber kaum glauben, dass die Mutter eine gewöhnliche Kriminelle sei, denn die Jungen hatten erzählt, sie wohnten in einem »großen Haus« und hätten Pferde.

Eines Tages hörte sie mit, wie die Brüder miteinander schwatzten. Zu ihrem Erstaunen schienen sie ohne Anstrengung zwischen drei Sprachen zu wechseln – Deutsch, Englisch und Italienisch. Sie hatte gedacht, ihre Muttersprache sei Deutsch, denn die Jungen sprachen es fließend ohne jeden Akzent. Natürlich konnte ein Elternteil englisch oder italienisch sein, aber dass sie in drei verschiedenen Sprachen redeten, war rätselhaft. Und da war noch etwas: Die Mäntel der Jungen, die offensichtlich aus einem Erwachsenenmantel genäht waren, kamen ihr sehr ungewöhnlich vor. Das Tuch in einem ausgeprägten Preußisch Blau hatte dieselbe Farbe und Struktur wie die Mäntel deutscher Marineoffiziere.

Sie versuchte die Jungen zu befragen. Wie sie denn hießen? »Robert« sagte, er heiße Robertino, aber »Konrad« sagte, er habe seinen Namen vergessen. Sie glaubte ihm nicht. Jeder Vierjährige würde seinen Namen kennen. Sie kam zu dem Schluss, dass »Konrad« die wahre Identität der Brüder verbarg. Er hatte sie nicht vergessen. Er wollte sie bloß nicht sagen.

* Nationalsozialistische Volkswohlfahrt, s. Kap. 2

Bis wir uns wiedersehen

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