Читать книгу Seniorenknast - wir kommen! - Christa Mühl - Страница 14

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Gisbert ist inzwischen auf dem Weg in die Provinz. Er ärgert sich morsch, dass der Tank leer war – wer weiß, was ihm für eine Story entgangen ist. Da können die mit ihrer Krimiserie nur abstinken. Die Wirklichkeit ist eben viel spannender als das Fernsehen. Er hört seinen Bruder geradezu: „Mein Engel würde sagen: sag ich doch!“

Also, gut – oder nicht gut: Verpasst ist verpasst. Wahrscheinlich würde er morgen in der Zeitung eine Notiz über diesen Vorfall an der Tankstelle lesen.

Er muß sich auf den Verkehr konzentrieren. Das ist eine nützliche Ablenkung …

Gisbert nimmt sich vor, seinen Bruder in Zukunft wirklich häufiger zu sehen.

In den letzten Jahren hatte er sich etwas zurückgezogen, weil der Mann in einer ewig bedrückten Stimmung war. Anscheinend ist dieses Tief jetzt endlich einigermaßen überwunden.

Sein Bruder, der Engelbert heißt, hat von Kindheit an unter diesem Namen gelitten. Was mochte in ihren Eltern vorgegangen sein, als sie den Söhnen die Namen Engelbert und Gisbert gaben? Lebenslänglich! Während Gisbert mit seinem Namen nie Probleme hatte, empfand der große Bruder seinen als eine Art Strafe. Wieso ein Neugeborener, der angeblich ein Wunschkind war, bestraft wurde, verstand er viele Jahre nicht. Um Gebrülle und Zoff zu entgehen, wurde er „Berti“ genannt. Aber das funktionierte nur, solange er klein war und sich nicht wehren konnte. Irgendwann jedoch sah er die Sesamstraße. Fortan wollte er nur Bert heißen, so wurde er auch eingeschult. Schwierigkeiten gab es nur, als ein Personalausweis fällig wurde. Aber den brauchte er ja niemandem zu zeigen.

Nur ein einziges Mal nützte ihm sein richtiger Name. Nach der Berufsschule hatte er schon seinen Platz in der Küche des Fischrestaurants der Eltern gefunden, da kam der Einberufungsbescheid. „Zur Fahne“, wie das damals hieß, wollte er auf keinen Fall. Er rannte also zum Wehrkreiskommando und zog eine Show ab.

„Wo ist hier das Wehr – und wo ist der Kreis?“

Aber die Genossen winkten milde ab. Keine Chance, diese Mätzchen kannten sie wahrscheinlich zur Genüge.

„Gut“, sagte Bert, „dann will ich zur Flugabwehr – ich muss meine Brüder und Schwestern schützen!“

Still legte er seinen Personalausweis auf den Tisch.

„Ich heiße nämlich gar nicht Bert, sondern Engelbert!“ Das war natürlich bekannt – schließlich hatten die ihre Unterlagen aus behördlichen und demzufolge verlässlichen Kreisen. „Ich heiße nicht nur so – ich bin ein Engel!“

Nie hat jemand erfahren, was er dann dort veranstaltet hat. Auf jeden Fall aber wurde er ausgemustert. Er war eben ein schlauer Fuchs und blieb Bert. Doch seither war der Engel aus seinem Namen sein zweites Ich. Das grenzte in manchen Situationen schon fast an eine Persönlichkeitsspaltung. Denn er hatte seine Meinung – und sein Engel oft eine andere. Und damit lebte er nicht schlecht. Gisbert schmunzelte. Berts Engel würde jetzt sagen: „Ich brauche heute eine Thüringer Rostbratwurst!“ Und die wird er sich auch genehmigen, bevor er wieder an seinen Dienst im Sender geht.

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