Читать книгу Seniorenknast - wir kommen! - Christa Mühl - Страница 15

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Die Döner duften – selbst durch die Alufolie. Katharina hat endlich einen Parkplatz vor ihrem Haus gefunden. Hinter einem klapprigen Fiat Panda, der so blöd quer steht, dass sie Mühe hat, sich einzureihen. Sie steigt aus. Paul macht keine Anstalten, ihr zu folgen. Sie setzt sich wieder neben ihn.

„Du solltest vielleicht wirklich mal eine Therapie machen! Vor fünf Minuten hast du mich noch gefragt …“

Er unterbricht sie. „Ja. Es roch so gut.“

„Es riecht immer noch gut. Und nun lass uns hochgehen, bevor das Fleisch völlig kalt ist!“

Paul nickt, bleibt aber steif sitzen. Katharina erinnert sich nicht, ihn jemals so erlebt zu haben.

„Paul – was soll das denn alles? Es geht dir beschissen – das ist nicht zu übersehen. Du brauchst jemanden zum Reden. Und früher haben wir uns doch bei der Arbeit …“

„Das ist es ja. Ich habe nichts mehr zu tun! Andere machen aus ihrer ehemaligen Arbeit ein Hobby. Aber was macht ein Pathologe?“ Katharina mag darüber nicht nachdenken …

„Ich weiß, dass es nicht einfach ist ohne Arbeit. Aus eigener Erfahrung. Aber wir sind nun mal alt! Na ja – ziemlich alt. Du kriegst doch sicher eine ordentlich hohe Rente und kommst ganz gut zurecht. Du hast keine Familie.“

Paul nickt. „Eben!“

„Wolltest du deshalb eingebuchtet werden?“

„Der Winter naht. Ich brauche ein geregeltes Leben.“ Katharina sieht ihn entgeistert an. „Im Knast?“

Paul geht nicht darauf ein. Nun will er aussteigen. Aber Katharina hat die Türen wieder verriegelt.

Er holt tief Luft. „Also, entweder ich kann jetzt raus, oder du lieferst mich bei der Polizei ab. Vielleicht lässt sich Ruppe erweichen und zählt diese Flucht noch zum Überfall der Tanke dazu …“ Katharina zeigt ihm einen Vogel. Dann schwenkt sie den Beutel mit den Dönern vor seiner Nase hin und her.

Paul schüttelt entschieden den Kopf.

„Was ist das denn für ein Leben? Keine Frau, keine Kinder, keine Freunde …“

Katharina schluckt. Das kennt sie alles. Und es gibt nur eine Antwort: „Dafür bist du doch ganz allein zuständig …“

Paul nickt. Langsam aber sicher tut er sich selbst leid. „Meine Rede! Wer wollte es schon mit einem Pathologen zu tun haben? Du hast Recht: Nun bin ich alt – das hab ich jetzt davon …“

Katharina sieht ihn betroffen an. Sie öffnet die Türen, steigt aus und stößt fast mit einer Fußgängerin zusammen, die mit ihrer Tasche nach ihr schlägt.

„Wohl besoffen, was?“

Erschrocken steigt Katharina wieder ein.

Paul sitzt noch immer da wie ein Häufchen Elend.

Bevor die Fußgängerin die Straße überquert, dreht sie sich um und spuckt auf Katharinas Auto. Normalerweise wäre die in einer solchen Situation völlig ausgerastet. Doch Pauls Zustand macht ihr Angst. „Paul – Mann, Knast ist doch keine Lösung! Ich bin auch alleine. Vielleicht können wir uns ab und zu treffen, Schach spielen. Oder mal ins Kino gehen.“

Er schüttelt entnervt den Kopf.

„Ich will in den Bau! Da habe ich Gesellschaft, ordentliches Essen und ich kann helfen, wenn wer stirbt.“

Katharina ist fassungslos. „Willste den zerlegen – oder was? Wenn du so redest, hält dich doch jeder für völlig verblödet!“ Paul sieht sie an und scheint wieder zu sich zu kommen. „Na endlich hast du’s kapiert! Genau das will ich sein: Ein seniler Tattergreis. Denn dann komme ich nicht in irgendeinen Knast, sondern ins PARADIES.“

Katharina ist nun zum Äußersten bereit. Sie packt ihn an den Armen und schüttelt ihn.

„In eine geschlossene Anstalt kommst du bestenfalls! Wenn du das PARADIES nennst …“

Paul wehrt sich nicht und nickt immer wieder.

„Im schönen Vogtland – oder im Erzgebirge? Also, da gibt es einen Seniorenknast. Dort will ich hin!“

Es kommt etwas Finsteres in seine Augen.

Katharina grinst plötzlich. Sie glaubt ihm kein Wort. Dann zupft sie ihn am Ohr, wie damals.

„Ach Paul, ich bin froh, dass du es immer noch drauf hast, mich zu verscheißern!“

Paul überhört die Bemerkung und gerät geradezu ins Schwärmen.

„Ich habe mal zwei Damen kennen gelernt – Nonnen! – die waren des Lobes voll. Sie saßen dort längere Zeit ein. Dann wurden sie aber leider wegen guter Führung vorzeitig entlassen.“

Katharina beschleicht wieder eine gewisse Angst um Paul. „Nonnen? Im Knast …“

Er strahlt. „Im Seniorenknast!“

Sie öffnet nun entschlossen die Fahrertür.

„Okay. Ich schlage vor, wir gehen zu mir hoch, verputzen die Döner und dann mache ich dir einen schönen Beruhigungstee.“ Paul sieht sie verwundert an.

„Kannst auch einen Rotwein haben – allerdings keinen besonders guten.“

Paul nickt nun endlich und steigt aus. Denn er sieht plötzlich eine Lösung.

„Guter Plan! Bei dir suchen mich die Bullen sicher zuerst!“ Katharina sieht ihn fragend an. „Interessant!“

Paul versteht nicht, dass sie nicht versteht.

„Na, Ruppe ist doch nicht blöd! Der hat dich unter Garantie erkannt als meine Ärztin! Außerdem ist heute der 1. Dienstag im Monat …“ Katharina ist baff.

Seniorenknast - wir kommen!

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