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b) In welchen Fällen kostenlose Software teuer werden kann

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FOSS gewinnt nicht nur Territorium in Wegwerf-Hardware, sondern auch in hochspezialisierten und hochpreisigen Steuergeräten für Maschinen oder Fahrzeuge. Ein Entscheidungsträger, der für die nächste Gerätegeneration einen Wechsel von vorwiegend proprietär lizenzierten Systemen zu FOSS beschließt, kennt die technischen Vorzüge und die ersparten Lizenzkosten sehr genau. Die rechtlichen Kosten treffen einige Hersteller aber trotzdem unvorbereitet und verdienen eine frühere Betrachtung.

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Viele FOSS Entwickler verkennen zum Zeitpunkt der Systementscheidungen den Entwicklungsaufwand, der für eine lizenzkonforme Umsetzung erforderlich ist. Gerade bei der tiefen Einbindung von Copyleft Komponenten ist die Freigabe von eigenem Source Code manchmal nicht zu verhindern. Wer diese Software nicht freigeben will oder kann, weil sie ihm gar nicht selbst gehört, findet sich in einer Sackgasse und nimmt entweder Rechtsverletzungen in Kauf oder revidiert seine Software-Auswahl.

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Wenn die gleiche Software unter Dual License gegen Lizenzgebühr oder unter Copyleft Lizenz angeboten wird, entfällt einerseits das Argument der Alternativlosigkeit, andererseits erhöht sich das Risiko der Rechtsverfolgung, da der Rechtsinhaber eher geneigt ist, Verletzungen der FOSS Variante zu verfolgen und Schadensersatz auf Grundlage der Lizenzanalogie einzufordern.

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Auf der Seite der Schadenspotenziale sollte kalkuliert werden, welche Auswirkungen ein erfolgreich geltend gemachter Unterlassungsanspruch hätte. Ein solcher Anspruch sorgt bis zum Austausch der Software mindestens zu einem Auslieferungsstopp, u.U. auch zu einem Produktrückruf. Eine solche Rückrufpflicht ergibt sich für bereits veräußerte Gegenstände nicht automatisch aus dem Unterlassungsanspruch, mittelbar jedoch aus den Gewährleistungsansprüchen, wenn das nunmehr illegale Werk vom Käufer nicht mehr weitergegeben werden kann. Der Importeur einer Webcam mag dieses Risiko niedriger einschätzen als ein Automobilhersteller, dem die Stilllegung seiner Flotte droht. Im Business-to-Business-Bereich wiederum können Nachbesserungsaufwände im Rahmen von Wartungsverträgen zu verschmerzen sein.

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Bei Umsetzung der künftig vorgeschriebenen Over-the-Air-Updates ergeben sich leichtere Korrekturmöglichkeiten für heilbare Lizenzverletzungen wie beispielsweise fehlende Pflichtangaben. Soweit jedoch die Lizenzkonformität nur durch Freigabe von eigenem Source Code erreicht werden kann, kann dies schon alleine daran scheitern, dass der Lizenzverletzer gar nicht über die notwendigen Rechte verfügt, um den entsprechenden Code unter einer FOSS Lizenz freizugeben.

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Basic: Pflichtangaben und Source Code Freigabe (siehe Rn. 765ff.)

Die FOSS Lizenzen unterscheiden sich teils deutlich im Regelungsgehalt und Umfang der Regelungen, insbesondere bzgl. des Copyleft. So gut wie alle FOSS Lizenzen fordern jedoch für Verwertungshandlungen eine Auflistung von bestimmten Angaben, wir nennen sie Pflichtangaben. Es handelt sich meist um Copyright Hinweise, Lizenztexte und teils weitere Angaben wie z.B. Informationen zur Veränderung.

Copyleft Lizenzen fordern in der Regel die Mitlieferung oder dasAngebot der Mitlieferung des Source Code der FOSS Komponente unter der entsprechenden Lizenz, auch wenn das Copyleft für verbundene oder veränderte Software nicht greift. Greift Copyleft, muss entsprechend auch der veränderte oder verbundene Code bereitgestellt werden.

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Wer selbst innerhalb einer Zulieferkette FOSS einsetzt, muss in seiner Kalkulation berücksichtigen, dass er für die Schäden seines Kunden haftet, soweit es ihm nicht gelingt, diese Haftungen vertraglich zuverlässig auszuschließen, worauf wir in diesem Buch noch eingehen werden. Natürlich sind die Zeiten vorbei, in denen Rechtsabteilungen apodiktisch jeglichen Einsatz von FOSS verboten haben. Andererseits verbietet sich der kritiklose ungeprüfte Einsatz.

Praxishandbuch Open Source

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